Geld im Überfluss
Schlechte Wirtschafts- oder Konjunkturnachrichten waren in der Vergangenheit auch immer an die Erwartung geknüpft, dass es die Notenbanken mit dem Öffnen des Geldhahns richten werden.
Insofern führte die Freude über weiter billiges Geld zu erneuter Kauflaune und schob die Notierungen weiter nach oben. Am vergangenen Donnerstag war der freundliche Impuls dann aber nur von kurzer Dauer und wurde bereits im Verlauf des Tages wieder einkassiert. Ein Anzeichen zum Nachdenken?
Deutlicher Schritt
Bislang agierte die Europäische Zentralbank eher in kleinen Schritten mit entsprechenden Ankündigungen. In der Sitzung am vergangenen Donnerstag verkündete EZB-Chef Mario Draghi überraschenderweise, dass man im gerade angebrochenen Börsenjahr 2019 keine Zinsanhebung plane. Hintergrund war die deutliche Reduzierung der Wachstumserwartungen. So geht man mittlerweile von einem Bruttoinlandsprodukt für 2019 von nur noch 1,1 Prozent (zuvor 1,6 Prozent) aus. Auch für die Folgejahre bleibt man hinsichtlich der globalen Gefahren (Protektionismus) vorsichtig. Zudem hat sich auch der Wortlaut verändert. Sprach man bislang noch von einem ausgewogenen Verhältnis von Risiken und Chancen, fehlte dieser Zusatz aufgrund der vorherrschenden Unsicherheit. Zudem wurden auch die Inflationserwartungen nach unten korrigiert.
Was wäre wenn...
Kritiker wie der Chef der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, werfen EZB-Chef Draghi schon länger vor, eine zu expansive Geldpolitik zu fahren. Damit stumpfen die Waffen der Notenbank im Falle eines Rückfalls in eine Rezession ab. Sollte die europäische Konjunkturentwicklung daher weiter abrutschen, dürfte Draghi das Anleihekaufprogramm wieder starten und die Märkte mit weiterem Geld fluten. Allerdings bleibt fraglich, wie lange diese Vorgehensweise wirklich noch hilft. Schließlich bilden sich bereits jetzt am hiesigen Immobilienmarkt Fehlentwicklungen, die vor allem dem billigen Geld geschuldet sind. Sollte sich diese Blasenbildung weiter fortsetzen, wird der Knall am Ende umso heftiger werden. Ein Anzeichen, dass der Markt die Geldflut mittlerweile kritisch sieht, ist auch die Tagesentwicklung am vergangenen Donnerstag. Das einfache Rezept, das bereits in den USA unter dem damaligen Notenbankchef Alan Greenspan letztendlich zu einer heftigen Korrektur an den Märkten führte, dürfte auch dieses Mal am Ende ein enttäuschendes Ergebnis hervorbringen. Andererseits würde bereits jetzt ein Gegensteuern ebenfalls in einem Kursrutsch enden, nur eben etwas weniger heftig als bei einem "weiter so"!
Stephan Feuerstein ist Chefredakteur des Börsenbriefes Hebelzertifikate-Trader. Bereits seit Anfang der 90er Jahre beschäftigt er sich mit dem Thema Börse, speziell der Technischen Analyse. Infos: www.hebelzertifikate-trader.de Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.