Alte Probleme ganz neu
Europa hat gewählt und am Tag danach zeigt sich zunächst Erleichterung. Schließlich ist der erwartete Rechtsruck nicht ganz so stark ausgefallen wie befürchtet.
Daneben zeigt sich die europakritische Partei "Brexit Party" des bekennenden Europagegners Nigel Farage als einer der Gewinner der Europawahl. Bereits vor dem Referendum in Großbritannien war Farage eine der treibenden Kräfte für den Austritt des Königreichs aus der EU.
"Hard Brexit" wieder wahrscheinlicher
War es zuletzt nach dem deutlichen Aufschub des Brexit sehr ruhig um das Thema geworden, wurde es mit der Ankündigung des Rücktritts von Premierministerin May am vergangenen Freitag wieder top-aktuell. Damit stellt sich die Frage, wer folgt der zuletzt eher glücklosen Regierungschefin nach. Ins Gespräch gebracht hat sich dabei Boris Johnson, ehemaliger Bürgermeister von London und während der Brexit-Verhandlungen ehemaliger Außenminister. Wie auch Farage ist Johnson bekennender EU-Gegner und war ebenfalls eine der treibenden Kräfte während des britischen Referendums. Sollte Johnson daher May nachfolgen, dürfte die Wahrscheinlichkeit für einen ungeordneten Brexit deutlich zunehmen. Bei aller Freude darüber, dass das Ergebnis der Europawahl nicht so schlecht ausgefallen ist, wie es von dem einen oder anderen vielleicht erwartet wurde, dürfte das Brexit-Thema bald wieder einen höheren Einfluss auf die Aktienkurse haben.
Sicher sind nur die Probleme
Damit ist ein Problem wieder rascher auf dem Tisch, als man vielleicht gedacht hat. Da Probleme aber zu Unsicherheit und Unsicherheit zu Zurückhaltung führen, ergibt sich aktuell nicht unbedingt das beste Umfeld für steigende Notierungen. Daneben sorgt auch US-Präsident Trump weiterhin für ein ordentliches Maß an Unsicherheit, da vor allem seine Tweets nicht kalkulierbar sind. Genau diese können den Kursen kurzfristig aber durchaus einen sehr deutlichen Impuls geben. Da eine Lösung der Probleme der USA mit China oder auch mit dem Iran weiterhin brandaktuell ist und eine Lösung derzeit nicht erkennbar ist, dürfte die Unsicherheit der Marktteilnehmer vorerst auch nicht abklingen. Insofern scheint sich in diesem Jahr die alte Börsenweisheit "sell in may" doch einmal mehr zu bewahrheiten. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass dieses "Sommerloch" oftmals in einem Ausverkauf im August und September gipfelt. Sollte es auch in diesem Jahr zu diesem Verlauf kommen, dürfte die große Abwärtswelle noch bevorstehen. Andererseits ergeben sich dann durch eine solch bereinigende Bewegung auch wieder attraktive Kaufkurse.
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Stephan Feuerstein ist Chefredakteur des Börsenbriefes Hebelzertifikate-Trader. Bereits seit Anfang der 90er Jahre beschäftigt er sich mit dem Thema Börse, speziell der Technischen Analyse. Infos: www.hebelzertifikate-trader.de Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.