"Kaufen, wenn die Kanonen donnern"?
So lautet eine alte Börsenweisheit, deren Wortwahl in diesen Tagen nicht unbedingt passend erscheint, deren Bedeutung allerdings top-aktuell ist.
Dies hat nichts bzw. nicht viel mit dem Krieg in der Ukraine zu tun, vielmehr geht es um das gesamte Geschehen. Mein persönlicher "Sentiment-Indikator" setzt sich aus Alltagsmedien zusammen, die eigentlich nichts mit dem Thema Börse zu tun haben und darüber bestenfalls als Randnotiz berichten. Wenn nun in lokalen Tageszeitungen die Frage gestellt wird, ob die Börse vor dem großen Knall steht, ist es Zeit, hellhörig zu werden. Denn dann ist ein guter Zeitpunkt, den Aktienmarkt genauer zu betrachten!
Vorsicht vor den Crashpropheten!
Die Dividendentitel haben in diesem Jahr teilweise ordentlich an Wert abgegeben. Dabei fallen zunächst Titel auf, die im US-Index Nasdaq 100 beheimatet sind. Doch auch hierzulande zeigten viele Titel tendenziell nach unten. Damit ergibt sich nun genau das Gegenteil einer Überhitzung. Durch die Talfahrt der letzten Monate sind viele Einzelwerte kurzfristig deutlich überverkauft und damit anfällig für eine technische Gegenreaktion. Dabei fallen Chartbilder von etablierten Unternehmen, wie beispielsweise SAP, BASF, Deutsche Post, Nemetschek vom hiesigen Markt auf. Auf europäischer Ebene sticht neben L’Oreal auch eine LVMH ins Auge. Und aus Übersee fallen Titel wie Adobe, Alphabet, NVIDIA, AMD usw. auf. Es sollte daher nicht überraschen, wenn die mittlerweile wieder zunehmenden Crash-Propheten zumindest kurzfristig klar danebenliegen. Dennoch ist eine schwarz-weiß-Betrachtung ebenfalls nicht zielführend!
Zinsen & Jahreszeit bieten Hilfe
Die Notenbanken sind zuletzt von der steil nach oben gesprungenen Inflation überrascht worden, da diese auch auf die steigenden Energiepreise zurückzuführen ist, die sich aus dem Krieg in der Ukraine ergeben haben. Sollte sich beim Rohölpreis eine Stabilisierung ergeben, dürfte auch die Inflation tendenziell wieder rückläufig sein. Allein darauf zu bauen, wäre allerdings gewagt. Entsprechend reagieren die Notenbanken und heben die Zinsen an. Während die USA hierbei Vorreiter ist, zieht die Europäische Zentralbank voraussichtlich im Juli notgedrungen nach. Steigende Zinsen sind aber keine Unterstützung für Aktien, ganz im Gegenteil. Damit trübt sich der Ausblick ein. Dazu kommt die seit Mai negative Saisonalität, die bis Ende September auf einen Rückgang am Aktienmarkt hinweist. Natürlich verläuft dieser nicht geradlinig. Vielmehr zeigen sich auch hier kurzfristige Ab- und Aufwärtstrends. Diese lassen sich allerdings sehr gut für kurzfristiges Trading nutzen. Mittelfristig orientierte Anleger dürften dann im Herbst wieder auf ein attraktives Einstiegsniveau treffen!
Stephan Feuerstein
Hebelzertifikate.de
Stephan Feuerstein ist Chefredakteur des Börsenbriefes Hebelzertifikate-Trader. Bereits seit Anfang der 90er Jahre beschäftigt er sich mit dem Thema Börse, speziell der Technischen Analyse. Infos: www.hebelzertifikate-trader.de Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.