Attraktive Alte überzeugen durch Rendite
Bereits emittierte Papiere, die unter ihrem Nennwert notieren, versprechen in schwachen Börsenphasen interessante Chancen.
von Gian Hessami, Euro am Sonntag
Wenn zehnjährige Bundesanleihen gerade mal ein Prozent Rendite pro Jahr abwerfen und zugleich die Kurse an den Aktienmärkten Kapriolen schlagen, ist guter Rat teuer. Mit Expresszertifikaten, die unter ihrem Ausgabepreis notieren, können Anleger dieser Zwickmühle entkommen.
Ursache dafür ist die Konstruktion der Papiere: Zum Ausgabetag wird das Startniveau des Basiswerts festgelegt. An vorab festgelegten Beobachtungstagen wird dann der jeweils aktuelle Kursstand mit dem Startwert verglichen. Notiert der Basiswert am Beobachtungstag darauf oder darüber, wird das Papier vorzeitig fällig und die Anleger kassieren den Nominalbetrag plus den Expressertrag.
Wird das Kursziel nicht erreicht, geht es in eine neue Runde bis zum nächsten Beobachtungstag - meist ein Jahr später. Verfehlt der Basiswert die Hürde immer, erzielen Anleger am Laufzeitende keinen Gewinn. Jedoch schützt meist eine Sicherheitsschwelle (Barriere), die zum Beispiel bei 70 Prozent des Startwerts liegt, vor Verlusten. Genügt der Sicherheitspuffer, erhalten Anleger den Nominalwert - oft 100 Euro je Zertifikat - zurück. Nur wenn die Barriere gerissen wird, kommt es zu Verlusten. Dann nehmen Anleger vollständig am Kursverlust des Basiswerts teil.
Für Anleger kann es sich also lohnen, über den Sekundärmarkt Expresszertifikate zu kaufen, die unter 100 Euro notieren. Denn der Clou ist eben: Auch wenn das eigentliche Kursziel für die Expresszahlung, der Startwert des Basiswerts, nicht erreicht wird, erhalten Anleger zum Schluss 100 Euro je Papier zurück. Somit machen sie immer noch Gewinn, wenn sie für unter 100 Euro gekauft haben. Manche Expresszertifikate zahlen sogar mehr als 100 Euro zurück. Über das jeweilige Auszahlungsprofil gibt das entsprechende Produktinformationsblatt Auskunft.
Auf ausreichend Puffer achten Ein Beispiel ist ein Expresszertifikat aus dem Haus der Deutschen Bank auf den Euro Stoxx 50, das im Mai 2014 aufgelegt wurde und bis Anfang Mai 2019 läuft (ISIN: DE 000 DB9 Z6Y 5). Es kostet aktuell 96,73 Euro. Der Startwert des Index liegt bei exakt 3211,78 Punkten und die Sicherheitsschwelle bei 2087,66 Zählern. Aktuell notiert der Index bei rund 3100 Punkten. Sollte während der Laufzeit an einem der jährlichen Stichtage im Mai der Euro Stoxx 50 das Zielniveau erreichen, wird das Papier vorzeitig fällig und Anleger erhalten pro Laufzeitjahr einen Ertrag von 5,10 Euro.
Wenn der Index stets die Expressschwelle verfehlt, gibt es am Laufzeitende 2019 zwei Möglichkeiten. Erstens, der Index liegt auf oder über der Sicherheitsschwelle: Dann erhalten Anleger 125,50 Euro je Zertifikat ausgezahlt. Zweitens, der Index notiert darunter: Dann nehmen Anleger an den Verlusten des Euro Stoxx 50 teil.
So kann man sich genau ausrechnen, was einen in welchem Szenario erwartet. Auf das Beispiel bezogen: Notiert der Index im Mai 2019 auf oder über der Sicherheitsschwelle von 2.087,66 Punkten, ergäbe sich eine Rendite von rund 30 Prozent oder 6,3 Prozent per annum.
Wichtig: Anleger sollten grundsätzlich nur investieren, wenn sie erwarten, dass der Sicherheitspuffer ausreicht. Die Chancen dafür stehen bei dem betrachteten Papier nicht schlecht. Der Euro Stoxx 50 müsste rund 1.000 Punkte verlieren, um die Barriere zum Laufzeitende zu verletzen. Sollte dies dennoch eintreffen, kommt es zu hohen Verlusten. Angenommen, der Index steht bei 1.670 Zählern, erhalten Anleger nur 52 Euro pro Papier zurück - das wäre ein Verlust von rund 45 Prozent.
Weniger volatile Werte bevorzugen
Grundsätzlich gilt: Je volatiler der Basiswert, desto größer ist auch das Verlustrisiko. Deshalb bieten sich schwankungsarme Werte an. Etwa ein Expresszertifikat auf Munich Re (DE 000 DB9 Z2V 0), das aktuell rund 98 Euro kostet und bis November 2018 läuft. Die Aktie des Rückversicherers steht derzeit bei rund 149 Euro.
Sollte das Papier nicht vorzeitig fällig werden und die Munich-Re-Aktie am Laufzeitende auf oder über 127,80 Euro notieren, erhalten Anleger 130 Euro je Zertifikat. Dieses Papier verfügt noch über eine zweite Sicherheitsschwelle: Liegt zum Schluss der Aktienkurs unter 127,80 Euro, aber über 95,85 Euro, erhalten Anleger den Nominalwert von 100 Euro zurück. Reicht auch dieser Puffer nicht, kommt es zu Verlusten.
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