Exotische Optionsscheine: Immer im Korridor bleiben
Nur für nervenstarke Anleger sind Inline-Optionsscheine geeignet. Wer ihre Funktionsweise verstanden hat und sie richtig einsetzt, kann jedoch hohe Gewinne in Seitwärtsperioden erzielen.
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von Emmeran Eder, Euro am Sonntag
Der DAX hat ein ambitioniertes Niveau erreicht. Es ist sicher noch Luft nach oben, aber wohl nur in Maßen. Andererseits droht auch kein Crash, da die ökonomischen Daten positiv sind. Statt auf Call-Optionsscheine oder Knock-out- Long-Zertifikate zu setzen, die bei Kursrückgängen zu großen Kursverlusten führen können, bieten sich als Alternative dazu Inline-Optionsscheine an.
Die Funktionsweise der Inliner ist einfach: Für den Kurs eines Basiswerts wird ein Korridor festgelegt mit einer oberen und einer unteren Barriere. Verletzt der Basiswert während der Laufzeit eine dieser Schwellen, wird der Optionsschein wertlos, es entsteht Totalverlust. Bleiben die Grenzen aber bis zum Verfallstag unberührt, werden immer zehn Euro pro Schein ausgezahlt, was in der Regel einem hohen Gewinn entspricht. Die exotischen Optionsscheine sind also riskante Papiere mit Hebelwirkung.
Die Funktionsweise ist bei allen vier Emittenten von Inlinern in Deutschland gleich: Das sind Société Générale, HypoVereinsbank, Deutsche Bank und Commerzbank. Die Franzosen beherrschen den Sektor mit einem Marktanteil von 75 Prozent. Dahinter folgt die HypoVereinsbank, während Commerzbank und Deutsche Bank kaum eine Rolle spielen. Die bedeutendsten Basiswerte sind der DAX, Euro/Dollar und Rohstoffe wie Öl und http://www.finanzen.net" target="_blank">Gold sowie einige Einzelaktien.
Bei der Auswahl der Inliner sind einige Kriterien zu beachten - etwa die Laufzeit. Je länger ein Schein läuft, desto höher ist das Risiko. Denn damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eine der beiden Barrieren touchiert wird, und damit der Inliner ausknockt, was Totalverlust bedeutet. Bei sonst gleichen Konditionen haben Inliner mit längerer Laufzeit deswegen eine höhere Renditechance. Trotzdem sollten Investoren lieber kürzere Laufzeiten bevorzugen, um die Risiken zu begrenzen. "Die meisten unserer Kunden bevorzugen Laufzeiten zwischen drei und vier Monaten", sagt Peter Bösenberg, Zertifikatechef bei Société Générale.
Wichtig ist auch der Abstand zu den Barrieren. Je weiter der Kurs des Basiswerts von diesen entfernt ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese berührt werden und Anleger bei Fälligkeit nicht die gewünschte Rendite erzielen. Das beste Chance-Risiko-Verhältnis hat ein Inliner, wenn der Basiswert in der Mitte des Korridors liegt und die Restlaufzeit kurz ist. Diese Scheine sind aber rar.
Beim DAX-Inliner der Société Générale, der bis 20. Oktober 2017 läuft, sind diese Kriterien nicht ganz, aber annähernd erfüllt. Das untere K.-o.-Level ist bei 11.600 und das obere bei 13.600 Punkten. Der Schein kostet aktuell 4,78 Euro. Bleibt er bis Mitte Oktober innerhalb der Spanne, gibt es zehn Euro zurück, was 109 Prozent Rendite entspricht. Berührt er eine der beiden Grenzen, ist der Einsatz verloren.
Am Preis des Scheins können Anleger ungefähr ihre Gewinnchance abschätzen. So bedeutet ein Preis von fünf Euro, dass sie über den Daumen gepeilt mit etwa 50 Prozent Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein werden. Ein Preis von 8,37 Euro wie beim DAX-Inliner der Commerzbank bedeutet, dass Käufer etwa eine gut 80-prozentige Chance haben, die Rendite von 19,5 Prozent einzuheimsen. Der Schein läuft bis zum 16. August 2017 und hat Barrieren bei 11.800 und 14.050 Zählern. Für weniger spekulative Anleger macht es Sinn, solche defensiveren Inliner zu erwerben. Sie müssen zwar Renditeverzicht üben, dafür ist die Wahrscheinlichkeit des Kapitalausfalls geringer.
Nervenkitzel nah an der Barriere
Sehr risikofreudige Anleger können dagegen zu Inlinern greifen, deren Basiswert nahe an einer Barriere notiert. Die bringen zwar enorme Renditen, die Gefahr eines Totalverlusts ist aber auch sehr hoch. So ist beim DAX-Inliner (ISIN: DE 000 HU9 T31 4) der HypoVereinsbank die obere Schwelle bei 13.000 Punkten - nur gut 300 Punkte vom aktuellen DAX-Stand entfernt. Daher kostet das Papier nur 3,50 Euro. Es läuft bis zum 17. August 2017.
Für die recht große Gefahr, dass das Produkt ausknockt, erhalten Anleger 186 Prozent Rendite per Fälligkeit. Käufer spekulieren hier aber weniger auf das Fälligkeitsdatum als darauf, dass der DAX kurzfristig fällt. Dann hätte der Schein eine hohe Hebelwirkung und würde kräftig zulegen, was Anleger zum Verkauf mit hohem Gewinn nutzen sollten. Denn in der Nähe der Barriere zeigen Inline-Optionsscheine ein überproportionales Kursverhalten verglichen zum Basiswert.
Der DAX ist der mit Abstand beliebteste Basiswert bei Anlegern. Inline-Optionsscheine auf den DAX sind aufgrund der aktuell niedrigen impliziten Volatilität aber weniger attraktiv als bei hoher Volatilität. "Denn die geringeren erwarteten Schwankungen sorgen dafür, dass die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass es bei den Papieren zu einer Barriereberührung kommt. Dadurch steigen sie im Preis, und die maximal mögliche erzielbare Rendite sinkt", erklärt Sebastian Bleser, Experte für Hebelprodukte bei der HypoVereinsbank.
Attraktiver für Käufer von Inline-Optionsscheinen als der DAX sind gegenwärtig Indizes wie der italienische Leitindex FTSE MIB, da dessen Volatilität deutlich höher ist als die des DAX. Mehr Schwankungen heißt bei Inlinern günstigere Preise, da die Chance eines Barriereereignisses sich erhöht, was das Risiko steigen lässt.
Interessant ist etwa der Inliner auf den FTSE MIB der HypoVereinsbank mit den K.-o.-Levels 19.000 und 23.000 Indexpunkte, der 5,69 Euro kostet. Der italienische Leitindex steht aktuell bei 21 066 Zählern. Wird bis zum 14. September 2107 keine der beiden Barrieren berührt, gibt es zehn Euro pro Schein zurück, was fast 76 Prozent Rendite entspricht. Falls doch touchiert wird, ist der Einsatz passé. Wegen der Bankenkrise in Italien und der politischen Unsicherheit ist das möglich. Daher sollten nur spekulative Anleger einsteigen.
Ölpreis steht unter Spannung
Das ist auch bei Brent Crude Oil der Fall. Der Ölpreis bewegt sich schon seit einiger Zeit heftig wegen weltpolitischer Spannungen und ist zuletzt wegen der Katar-Krise unter Druck geraten. Zudem gibt es ein globales Überangebot an Öl, was für ein heftiges Auf und Ab sorgt.
Mit dem Inliner der Société Générale können Anleger daran verdienen. Die Schwellen sind bei 55 und 40 US-Dollar beim Ölpreis von 47,1 Dollar. Das Papier ist devisengesichert und notiert derzeit bei 5,73 Euro. Das entspricht bis zum 8. September 2017 einer Höchstrendite von 74,3 Prozent - bei Totalverlustrisiko. Dies sollten Anleger immer im Blick haben. Inliner bewegen sich binnen eines Tages oft heftig, Investoren sollten ihren Schein daher ständig beobachten und gegebenenfalls vor Fälligkeit mit Gewinn oder zur Verlustbegrenzung veräußern, obwohl, anders als bei sonstigen Optionsscheinen, die Zeit für den Anleger arbeitet. Mit abnehmender Restlaufzeit sinkt die Wahrscheinlichkeit eines Barrierebruchs.
Zudem ist es ratsam, eine klare Marktmeinung zu haben und sich bei der Auswahl nicht von hohen Renditen verleiten zu lassen, von seiner Einschätzung abzurücken und Zugeständnisse bei den Barrieren zu machen. Oft macht es Sinn, auf defensivere Papiere zu setzen. Bei denen ist zwar der Ertrag meist weit geringer, dafür ist die Chance, ihn zu erhalten, größer. Ist die Alternative doch oft ein enormer Verlust. Auch bei Inlinern gilt die Devise: Lieber langsam reich werden als rasch viel verlieren.
Investor-Info
Société Générale DAX Inliner
Gute Chance-Risiko-Relation
Fast in der Mitte zwischen der oberen Barriere von 13.600 und der unteren Schwelle bei 11.600 Punkten steht der DAX aktuell. Das macht diesen Inline-Optionsschein der Société Générale vom Chance-Risiko-Verhältnis ausgesprochen attraktiv.
Commerzbank DAX Inliner
Eher defensive Ausrichtung
Eine vergleichsweise niedrige Rendite von gut 19 Prozent offeriert der DAX-Inliner der Commerzbank. Dafür ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Anleger mit dem Schein die maximal mögliche Rendite erzielen - auch wegen der nur zweimonatigen Restlaufzeit.
HVB FTSE MIB Inliner
Attraktiver Italiener
Wegen der aktuell hohen Volatilität an Mailands Börse bieten Inliner auf Italiens Leitindex FTSE MIB attraktive Konditionen. Beim Papier der HypoVereinsbank befindet sich der Index fast genau in der Mitte zwischen den Barrieren. Die Renditechance ist 76 Prozent.
Soc. Gén. Brent Cr. Öl Inliner
Hohe Chance, hohes Risiko
Der Ölpreis schwankt schon seit einiger Zeit kräftig hin und her. Mit dem Inliner auf Brent Crude der Franzosen können Anleger bei einer Beruhigung auf dem Ölmarkt in den nächsten Wochen gut verdienen. Das Risiko eines Totalverlusts ist aber nicht zu unterschätzen.
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