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Dr. Spendigs Nachhaltigkeitssprechstunde – Wenn ESG Ratings Kopfschmerzen bereiten

17.02.25 09:38 Uhr

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Dr. Spendigs Nachhaltigkeitssprechstunde – Wenn ESG Ratings Kopfschmerzen bereiten | finanzen.net

Servus und moin, moin allerseits aus München.

Heute sprechen wir mal über etwas, das mir in meiner Praxis immer häufiger begegnet: Patienten mit akuter ESG-Rating-Verwirrung! Die Symptome kennen Sie vielleicht: Schwindelgefühle beim Anblick verschiedener Ratings, Kopfschmerzen bei der Interpretation und chronische Unsicherheit bei Investitionsentscheidungen.

Während sie äußerlich den klassischen Credit Ratings mit ihrer AAA bis D Skala ähneln, werfen ESG Ratings doch eine fundamentale Frage auf: Was messen sie eigentlich genau? Ratinganbieter verwenden häufig Begriffe wie „ESG Performance“, „ESG Risiko“ oder „ESG Impact“ – Konzepte, die oft erstaunlich unscharf definiert bleiben.

Diese begriffliche Unschärfe ist nicht ohne Folgen. Wenn reihenweise mit einem Credit Rating von AAA bewertete Emittenten ausfallen, scheint es ein strukturelles Problem mit dem Rating zu geben. Bei ESG Ratings fehlt ein solch eindeutiger Referenzpunkt. Was konstituiert eine „gute ESG Performance“? Diese Frage bleibt oft unbeantwortet.

Eine berühmte wissenschaftliche Arbeit, die sich mit dem Thema ESG-Ratings intensiver auseinandergesetzt hat, trägt den schönen Namen: „Aggregate Confusion: The Divergence of ESG-Ratings“. Es lohnt eine nähere Betrachtung dieses Werks, denn die Ergebnisse haben mich teilweise sehr erstaunt:

Stellen Sie sich vor, Sie gehen in drei verschiedene Arztpraxen, und der erste Arzt sagt, sie seien kerngesund, der zweite diagnostiziert eine schwere Erkältung, und der dritte rät zur sofortigen Operation. Genau so fühlt sich derzeit die Welt der ESG Ratings an! Die Korrelation zwischen verschiedenen Rating-Agenturen liegt bei mageren 0,54. Zum Vergleich: Bei Kreditratings sind es 0,99 – da sind sich die Experten einiger als ein schwäbischer Hausmann beim Putzen.

Was sagen die Autoren zu den Gründen für diese Verwirrung? Genannt werden hauptsächlich drei Gründe:

Der Scope-Effekt: Verschiedene Agenturen bewerten unterschiedliche Aspekte der Nachhaltigkeit. Stellen Sie sich vor, ESG Ratinganbieter seien Restauranttester. Die eine Agentur schaut nur aufs Essen, die andere bewertet auch die Toiletten, und die dritte zählt sogar die Anzahl der Topfpflanzen. Kein Wunder, dass da unterschiedliche Bewertungen rauskommen!

Der Measurement-Effekt: Selbst bei identischen Bewertungskriterien unterscheiden sich die Messmethoden erheblich. Die Bandbreite reicht von hochpräzisen Messungen bis zu approximativen Schätzungen. Das ist, als würde einer die CO2-Emissionen mit einem High-Tech-Sensor messen, während der andere die Abgaswolken per Daumenmaß schätzt. „Sieht nach ungefähr 7 Tonnen aus, Kollege!“

Der Weight-Effekt: Die Gewichtung einzelner Faktoren variiert stark zwischen den Agenturen. Was für die eine Agentur zentral ist, mag für eine andere nebensächlich sein. Der eine findet Klimaschutz super wichtig, der andere Social Media Likes, und der dritte schwört auf die Anzahl der Betriebsfahrräder. Es ist wie beim Kochen – jeder hat sein eigenes Rezept für die perfekte Nachhaltigkeitssuppe.

Der wichtigste Aspekt: Die Autoren zeigen, dass die Divergenz der ESG Bewertungen nicht nur eine Frage unterschiedlicher Definitionen ist, sondern eine grundsätzliche Meinungsverschiedenheit über die zugrunde liegenden Daten.

Für Investoren bedeutet dies eine besondere Herausforderung. Ein Unternehmen kann bei verschiedenen Agenturen völlig unterschiedlich bewertet werden, was die Entscheidungsfindung erheblich erschwert. Für eine Verbesserung der Situation sind drei Kernelemente essentiell:

  • Eine weitreichende Standardisierung der Bewertungskriterien
  • Erhöhte Transparenz in den Bewertungsprozessen
  • Verbesserte Datenqualität und -verfügbarkeit

Fazit für die Praxis:

Vertrauen Sie nicht blind einem einzelnen Rating – das wäre, als würden Sie nur dann eine Zweitmeinung einholen, wenn der erste Arzt Ihnen sagt, Sie hätten noch drei Tage zu leben. Nutzen Sie verschiedene Ratingquellen und verbinden Sie diese mit fundierter eigener Analyse sowie – ganz wichtig – Ihrem gesunden Menschenverstand!

Zu guter Letzt: Die aktuellen Entwicklungen in der ESG-Rating-Regulierung weisen in die richtige Richtung, auch wenn der Weg zur perfekten Nachhaltigkeitsbewertung noch weit ist.

In diesem Sinne: Bleiben Sie nachhaltig gesund!

Ihr Dr. Bernd Spendig

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