Neuer Player im Bereich Elektromobilität
Einen heftigen Kurssturz von rund zehn Prozent mussten im Juli dieses Jahres die Aktionäre von Deutz über sich ergehen lassen.
Damals hatte der schwedische Nutzfahrzeughersteller Volvo sein Engagement beim deutschen Motorenbauer beendet. Die Schweden haben ihre gut 30,2 Mio. Deutz-Aktien verkauft und damit kräftig auf den Kurs gedrückt. Mit der Transaktion machte Volvo rund 350 Mio. schwedische Kronen (rund 36 Mio. Euro) Gewinn, der im dritten Quartal verbucht wird. Immerhin: Volvo hat versichert, dass Deutz weiterhin ein wichtiger Lieferant bleibe.
Die Schweden waren mit gut 25 Prozent an den Deutschen beteiligt und damit der größte Aktionär. Der Hersteller von Lastwagen und Baumaschinen hatte im Sommer 2012 seine Beteiligung von 6,7 Prozent auf knapp über ein Viertel ausgebaut und dies mit der Bedeutung von Deutz als Motorenlieferant begründet. Seitdem machten an der Börse immer wieder Spekulationen über eine Komplettübernahme die Runde. Doch daraus wurde nichts. Vielleicht auch aus Enttäuschung darüber kam die Deutz-Aktie seitdem nicht mehr nennenswert über die Marke von 6,50 Euro hinaus - der Preis, zu dem der Volvo-Konzern sein Aktienpaket platziert hatte.
Auch die Halbjahreszahlen brachten keine frischen Impulse. Dabei ist der Umsatz des Motorenbauers im zweiten Quartal deutlich gestiegen, und zwar um elf Prozent auf 382 Mio. Euro. Zugleich erhöhte sich der Absatz um 12,9 Prozent auf 42.446 Motoren. Das operative Ergebnis (EBIT vor Sondereffekten) ist im gesamten ersten Halbjahr 2017 um 2,1 Mio. auf 22,8 Mio. Euro vorangekommen. Damit hat Deutz die Konsensprognose erfüllt. Positiv ist zudem der um 18,6 Prozent auf 803 Mio. Euro gestiegene Auftragseingang. Auf dieser Basis hat Deutz die Prognose für das Gesamtjahr 2017 bestätigt. Erwartet werden ein deutlicher Umsatzanstieg sowie eine moderate Steigerung der EBIT-Marge im Vergleich zum Vorjahr.
Doch in den vergangenen Tagen ist die Deutz-Aktie zu neuem Leben erwacht. Auslöser war die Meldung eines Zukaufs: Die Kölner haben mit Torqeedo den Weltmarktführer für E-Bootsmotoren geschluckt. Damit könne Deutz sein Produktangebot schnell elektrifizieren, wo es technisch und wirtschaftlich sinnvoll sei, erklärte Vorstandschef Frank Hiller. Dabei gehe es zum Beispiel um Nebenantriebe wie Saatmaschinen oder kleine Baumaschinen in Städten, um Lärm und Abgase zu verringern. Die Marktchancen für Hybrid- und Elektromotoren seien gut, wenn sie mehr Leistung brächten. Der erste E-Motor von Deutz soll 2019 auf den Markt kommen. Zudem will Torqueedo mit E-Motoren für Fähren, Wassertaxis und gewerbliche Boote stark wachsen. Wie der jüngste Kursanstieg zeigt, scheinen Anleger das Unternehmen als neuen Player im Bereich der Elektromobilität zu entdecken. Ein Durchmarsch auf das alte Jahreshoch bei knapp acht Euro ist möglich. Klappt dieses Unterfangen, birgt ein Faktor 4x Long von Morgan Stanley (ISIN DE000MF1GC65) hohe Kursgewinne.
Christian Scheid ist seit rund 18 Jahren als Wirtschafts- und Finanzjournalist tätig, davon seit circa zehn Jahren als freier Autor. Aktuell schreibt er für mehrere deutschsprachige Fachmagazine und -zeitungen in den Bereichen Aktien und Derivate, darunter Börse Online, Capital, Euro am Sonntag und Zertifikate // Austria. Per 1. Juli 2014 kehrte er zum ZertifikateJournal zurück, wo er bis Ende 2009 schon einmal tätig war und die damalige Österreich-Ausgabe des ZJ verantwortete. Hier können Sie sich zum Gratis-Newsletter anmelden: ZertifikateJournal
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