Bye, bye RBS

Zertifikatemarkt: Acht bis zehn bleiben übrig

17.07.13 12:30 Uhr

Strenge Regeln, weniger Gewinn: Die Royal Bank of Scotland zieht bei Derivaten die Reißleine. Weitere Banken könnten folgen, sagt Simon Ullrich von der Ratingagentur Scope.

von Gian Hessami, Euro am Sonntag

Die Royal Bank of Scotland (RBS) trennt sich von ihrer Zertifikatesparte. Das britische Kreditinstitut, das zu 81 Prozent in Staatsbesitz ist, will weltweit 2.000 Stellen abbauen und sich im Rahmen der Unternehmens­finanzierung stärker auf das Anleihe- und Währungsgeschäft konzentrieren. Simon Ullrich, leitender Analyst bei der Ratingagentur Scope, erwartet, dass weitere Institute aus dem Derivategeschäft aussteigen werden.

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€uro am Sonntag: Herr Ullrich, warum steigt die RBS Ihrer Meinung nach aus?
Simon Ullrich: Offensichtlich erwartet die RBS, dass das Zertifikategeschäft zukünftig nicht mehr die eigenen Rentabilitätsziele erfüllen wird. Aber auch insgesamt sehen die Aussichten für die Branche alles andere als rosig aus.

Was macht Sie so skeptisch?
Die Herstellungskosten werden für alle Emittenten steigen, denn es stehen einige regulatorische Veränderungen bevor. Die Einführung der neuen Finanzmarktrichtlinie MiFID II sorgt dafür, dass der Aufwand für die Erfüllung der Veröffentlichungspflichten steigt. Außerdem verschärft Basel III die Eigenkapitalregeln für Banken. So müssen die Institute Bilanzpositionen, die für das Zertifikategeschäft notwendig sind, mit zusätzlichem Eigenkapital unterlegen.

Für wen könnte es sich lohnen, die Sparte der RBS zu kaufen?
Das kann ich nicht beantworten. Es ist aber äußerst unwahrscheinlich, dass andere aktive Emittenten hier einsteigen.

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Welche weiteren Emittenten werden sich vom Zertifikategeschäft verabschieden?
Ich möchte mich da jetzt nicht auf etwaige Kandidaten festlegen. Fest steht: Die steigenden Herstellungskosten haben negative Auswirkungen auf die Gewinne der Emittenten. Diese Effekte werden zu einer Konsolidierung führen. Aktuell gibt es in Deutschland 16 Emittenten, die sich den Markt im Wesentlichen aufteilen. Dazu kommen einige reine Nischenanbieter. Mindestens acht bis zehn Emittenten werden wohl übrig bleiben. Das reicht aber für einen gesunden Wettbewerb in der Branche.

Welche Vor- oder Nachteile hätte eine solche Konsolidierung für die Anleger?
Für Anleger ist das immens große Angebot von Zertifikaten sehr unübersichtlich, die Suche nach Produkten kostet viel Zeit. Die Konsolidierung auf Anbieterseite reduziert dieses Angebot. Dadurch sinkt der Aufwand für die Produktauswahl.

Tragen die Emittenten nicht auch ein Stück der Schuld an ihren Problemen? Schließlich haben sie in der Vergangenheit zum Teil mit üppigen Margen zugeschlagen.
Wir beobachten teilweise große Abweichungen zwischen dem fairen Wert von Zertifikaten und ihren Verkaufspreisen. Aus Anlegerperspektive sind das die Kosten eines Produkts. Grundsätzlich ist die Kostenbelastung bei Zertifikaten jedoch nicht höher als bei anderen Kapitalanlageprodukten.

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Warum tut sich die Branche fast fünf Jahre nach dem Lehman-Debakel so schwer, ihr schlechtes Image abzuschütteln?
Ein Grund dafür ist auch, dass es nach wie vor an Transparenz bei der Preissetzung mangelt. Die fehlende Veröffentlichung des fairen Werts führt dazu, dass Anleger die Kostenbelastungen von Zertifikaten nicht miteinander vergleichen können.

Künftig sollen Anbieter den fairen Wert ihrer Papiere veröffentlichen. Welche Auswirkungen hätte dies?
Eine Veröffentlichung des fairen Werts würde Anlageberatern und Investoren eine Vergleichsmöglichkeit schaffen, die es bislang noch nicht gibt. Durch die höhere Preistransparenz und den folglich intensivierten Wettbewerb unter den Anbietern würden die Renditen für Anleger deutlich steigen. Aufseiten der Emittenten wird es Gewinner und Verlierer geben. Diejenigen, die dauerhaft faire Preise stellen, dürften dann zu den Gewinnern gehören.