Bonität bei Zertifikaten

Emittenten-Bonität: Welcher Bank traue ich?

21.09.13 15:00 Uhr

Zertifikateanleger können an der Höhe der Kreditausfallversicherungen ablesen, wie solvent der Markt die jeweilige Bank einschätzt.

von Giam Hessami, Euro am Sonntag

Als Lehman Brothers am 15. September 2008 Insolvenz beantragen musste, brach nicht nur die weltweite Finanzkrise aus, sondern auch für viele Kleinsparer eine Welt zusammen. Rund 50.000 Bundesbürger hatten auf Anraten ihrer Bank zwischen 10.000 und 50.000 Euro in die von der US-Investmentbank emittierten Zertifikate investiert. Nach der Bankenpleite verloren sie rund 750 Millionen Euro. Bislang haben die Privatanleger als Entschädigung nur einen Abschlag von durchschnittlich zwölf Prozent erhalten.

Erst seit dem Lehman-Debakel vor fünf Jahren sind sich die meisten Anleger darüber bewusst, dass sie mit Zertifikaten — wie mit herkömmlichen An­leihen — ein Emittentenrisiko eingehen. Denn Zertifikate sind rechtlich gesehen Inhaberschuldverschreibungen. Ist der Emittent insolvent, können die Anleger ihr Kapital zum Teil oder sogar komplett verlieren. Lehman ist bislang der einzige Zertifikateemittent, bei dem es zum Zahlungsausfall kam.

Am deutschen Markt bieten mehr als 30 Finanzinstitute die verbrieften Derivate an, deren Kursentwicklung an die Kursentwicklung von Basiswerten wie Aktien, Indizes, Rohstoffe oder Zinsen gekoppelt ist. Seit der globalen Schieflage der Banken von 2008 bis 2009 hat sich die Lage der Geldinstitute wieder gebessert. Trotzdem kann niemand eine zukünftige Bankeninsolvenz ausschließen.

Anleger, die Zertifikate grundsätzlich für sinnvolle Finanzinstrumente halten — zum Beispiel weil die Papiere nicht nur in steigenden, sondern auch in seitwärts und abwärts laufenden Märkten Gewinne ermöglichen —, können sich tagesaktuell über die Bonität der Emittenten informieren: mit sogenannten Credit Default Swaps (CDS). Anhand dieser Kreditderivate sehen Interessierte, wie kreditwürdig der Markt die jeweilige Bank einschätzt.

CDS-Wert ist Maß für Kreditwürdigkeit
Der CDS-Wert gibt die Kosten einer Kreditausfallversicherung für Anleihen des Emittenten an. Ein CDS einer Bank von 100 Basispunkten bedeutet, dass die Prämie, mit der sich der Kreditgeber gegen eine Insolvenz der Bank absichert, ein Prozent pro Jahr beträgt. Will also ein Investor einen Kredit von 100 Millionen Euro ein Jahr lang absichern, den er der Bank in Form einer Anleihe gibt, zahlt er dafür eine Million Euro. Daher gilt: Je niedriger der CDS-Wert, desto kreditwürdiger ist die Bank.

Nach diesem Prinzip ist es Anlegern möglich, die Kreditwürdigkeit der Zertifikateemittenten zu überprüfen. So veröffentlicht der Deutsche Derivate Verband (DDV) die aktuellen CDS mit fünfjähriger Laufzeit auf seiner Homepage www.deutscher-derivate-verband.de unter „Transparenz“ und „Credit Spreads“. Das größte deutsche Geld­institut, die Deutsche Bank, weist beispielsweise aktuell einen CDS von 102 Basispunkten auf. Unmittelbar nach dem Lehman-Zusammenbruch waren es noch 150 Punkte gewesen.

Zu den bonitätsstärksten Häusern gehören derzeit die LBBW (80 Basispunkte), JP Morgan (88), UBS (88), Rabobank (90) und SEB (93). Zugleich sollten Anleger wissen, dass sich die Werte täglich ändern können. Sie sind nur ein Bonitätskriterium und können die künftige Solvenz einer Bank nicht garantieren. Darüber hinaus können Anleger das Risiko reduzieren, indem sie sich Zertifikate von verschiedenen Emittenten ins Depot legen.

Nach dem Diversifikationsprinzip hat auch die Schweizer Bank Vontobel ein Indexzertifikat (ISIN: DE 000 VT0 JJJ 4) auf den Performance-Index Solactive European Good Banks aufgelegt. Das Barometer enthält maximal zehn gleich gewichtete europäische Bankaktien. Maßgeblich für die Auswahl der Indexmitglieder sind die Credit Default Swaps mit fünfjähriger Laufzeit. Auf halbjährlicher Basis werden die Banken mit den niedrigsten CDS-Werten herangezogen. Die CDS müssen in jedem Fall unter 200 Basispunkten liegen.

Bonität wird regelmäßig überprüft
Sollte sich ein Titel zwischen den halbjährlichen Anpassungen deutlich verschlechtern, werden die Indexmitglieder monatlich überprüft. Hat sich der CDS-Wert um 15 Prozent oder mehr im Vergleich zum Vormonat erhöht und macht der Anstieg mindestens 20 Basispunkte aus, so wird die entsprechende Bankaktie bis zum nächsten halbjährlichen Anpassungstermin durch eine Cash-Komponente ersetzt.

Die Managementgebühr des endlos laufenden Papiers beträgt jährlich 1,2  Prozent. In diesem Jahr konnte das Indexzertifikat bereits rund 13 Prozent an Wert zulegen. Wer sich über den CDS-Wert von Vontobel als Emittenten informieren möchte, sucht vergeblich. Das hat einen einfachen Grund: Die Bank finanziert sich nicht mit Anleihen. Vontobel verweist auf ihre Kernkapitalquote, die mit rund 25 Prozent überdurchschnittlich hoch sei.