Ist die Jahresendrally schon gelaufen?
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Viele Börsianer setzen beim Aktienkauf auf statistische Auswertungen. Dies soll helfen Unsicherheit zu minimieren und Fehler zu reduzieren. Wenn es nur so einfach wäre.
Kennen Sie den statistischen Witz mit den Hähnchen? Zwei Menschen gehen in ein Restaurant und einer bestellt ein ganzes Hähnchen während der andere leer ausgeht. Statistisch haben dann beide ein halbes Hähnchen gegessen aber nur einer ist satt. Auch am Aktienmarkt gibt es für alle möglichen Szenarien immer wieder statistische Auswertungen. Besonders die technische Analyse ist voll davon, aber auch saisonal kann man sich alle Fragen scheinbar beantworten lassen. Ende Mai sollte man seine Aktienquote reduzieren, um Ende September an den Markt zurückzukehren. Dies ist das klassische Sell-in-May. Bezogen auf das Jahr 2024 ließe sich eine Statistik zum letzten Jahresdrittel ausgraben. Denn die Bilanz im DAX kann sich nach acht Monaten mit knapp 13 Prozent seit Jahresbeginn mehr als sehen lassen und liegt weit über dem Durchschnitt. Hat der Markt damit sein Potenzial ausgeschöpft?
Statistisch sieht es bestens aus
Zumindest statistisch gesehen nicht. Seit 1988 lag der DAX Ende August 15 Mal um mindestens 12 Prozent im Plus. "Nur 1991 verliefen die restlichen vier Monate unter dem Strich negativ. In den Jahren 1998 und 2021 war ebenfalls kaum etwas zu holen, wobei 1998 vor allem das zwischenzeitlich deutliche Minus von 20 Prozent auffällt", wertete der Aktienbroker RoboMarkets aus. Abgesehen von diesen Ausnahmen ist die Bilanz jedoch positiv. In Zahlen: Bei einer Gewinnquote von knapp 90 Prozent legte der DAX im Durchschnitt um 8,7 Prozent zu. Meist beendete der Markt das Jahr zugleich am Hoch, wie der maximale Gewinn zeigt. Und auch die Risiken sind überschaubar. Zweistellige prozentuale Verluste seit dem Einstieg gab es nur dreimal. Natürlich ist auch diese Auswertung keine Garantie für weiter steigende Kurse, zumal mit den US-Wahlen ein weiterer Unsicherheitsfaktor bevorsteht. "Grundsätzlich zeigt sich, dass Stärke am Aktienmarkt eher weitere Stärke nach sich zieht", erklärt Franz-Georg Wenner von Index-Radar.
Fundamental genau hinschauen
Soweit die statistische Theorie. Die Experten des BlackRock Investment Institute ordnen die Lage derweil fundamental ein. Zunächst einmal hält Blackrock sowohl die kursierenden Rezessionsängste als auch das Ausmaß der erwarteten Zinslockerungen für übertrieben. Dazu sollten Anleger laut Blackrock für das letzte Jahresviertel das Gesamtbild im Auge behalten: "Dies ist kein typischer Zinssenkungszyklus - weder in den USA noch in der Eurozone. Die Zinsen dürften strukturell höher ausfallen als vor der Pandemie", so das Umfeld nach Ansicht des Assetmanagers.
Zinsen machen die Musik
Carlos de Sousa von Vontobel glaubt jedoch, dass "unabhängig vom Ausmaß der ersten Senkung die Fed wahrscheinlich einen Lockerungszyklus einleiten wird, der ihren Leitzins bis Mitte 2025 in Richtung 3 Prozent bringen wird. Auch andere Zentralbanken in den Industrieländern senken die Zinssätze, was eine sehr deutliche Lockerung der globalen Finanzierungsbedingungen im nächsten Jahr bedeutet". Dieser Pfad könnte am Aktienmarkt durchaus im letzten Jahresviertel eingepreist werden und damit dann mit der Statistik Hand in Hand gehen. Ob DAX und Nasdaq dann aus statistischen Gründen oder wegen der fundamentalen Daten steigen würden ist dann die Frage von Henne oder Ei - wer war zuerst da. Wobei wir über Umwege auch wieder beim Hähnchen wären.
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