Arm, aber korrupt

Bulgarien: Börse für Krimi-Fans

08.07.14 15:00 Uhr

Die offenbar von der Unterwelt initiierte Finanzkrise in Sofia scheint zwar beendet, Anleger sollten ihr Investment dennoch überdenken.

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von Emmeran Eder, Euro am Sonntag

Die Bankenkrise in Bulgarien hat das Zeug zum echten Wirtschaftskrimi. Darin spielen Oligarchen, geschmierte Politiker und die Mafia die Hauptrollen. Nachdem vergangene Woche SMS und Mails aus obskuren Quellen auftauchten, die das Gerücht streuten, die First Investment Bank habe Zahlungsschwierigkeiten, kam es zum Bankensturm. 400 Millionen Euro zogen panische Kunden am 27. Juni von der drittgrößten Bank des Landes ab.

Inzwischen hat sich die Lage normalisiert. Staatspräsident Rossen Plew­neliew beruhigte die Bevölkerung mit der Garantie der Spareinlagen, und die EU bewilligte einen Sofortkredit über 1,7  Milliarden Euro, um das Finanz­system des Landes zu stabilisieren.

Offenbar streuten kriminelle Kreise bewusst Informationen, um eine Ver­trau­enskrise auszulösen. Schon Mitte Juni wurde die KTB, die viertgrößte Bank Bulgariens, wegen Liquiditätsproblemen unter Zentralbankaufsicht gestellt.

Beide Banken gehören zum Teil Oli­garchen, die offenbar geschäftliche Streitigkeiten auf dem Rücken der Kunden austragen. Es gebe gewisse große Kreditnehmer, die auf einen Bankencrash spekulierten, um hohe Schulden loszuwerden, vermuten Nansen Behar, Wirtschaftsprofessor an der Uni Sofia, und der Bulgarien-Experte Krassen Stantschev, denn die Landesdevise Lew ist an den Euro gebunden. Würde die Kopplung aufgelöst, dürfte der Lew stark abwerten und in Lew bestehende Schulden würden an Wert verlieren.

Undenkbar ist so eine Verschwörung nicht. Im ärmsten EU-Land grassiert die Korruption. Politik und Wirtschaft gelten als "mafios verseucht". Vor allem der KTB-Bank werden krumme Geschäfte vorgeworfen. Da bis auf die beiden nun in Verruf geratenen Institute fast alle wichtigen Banken Ausländern gehören und diese Institute gut und transparent geführt werden, ist Bulgariens Bankensystem wohl ungefährdet. "Das Verhältnis Einlagen zu Krediten gibt keinen Anlass zur Sorge", sagt Gunter Deuber, Osteuropa-Profi bei RBI.

Die Bankenkrise führte auch zu politischen Turbulenzen. Die sozialistische Regierung, die sich schon seit ihrem Amtsantritt vor einem Jahr immer wieder Massenprotesten wegen Korrup- tion gegenübersieht, wurde vom Präsidenten entlassen, das Parlament aufgelöst. Am 5. Oktober sind Neuwahlen.

Meinungsforscher erwarten einen Sieg der bürgerlichen Parteien. Die waren zuvor an der Macht und dankten ebenfalls infolge monatelanger Proteste gegen hohe Strompreise und Korruption ab. Experten rechnen daher auch bei einem Regierungswechsel nur mit marginalen Veränderungen.

Wären da nicht politische Instabilität und mafiose Strukturen, das Land stünde gut da. Die ökonomischen Kennziffern gefallen: Die Staatsverschuldung beträgt nur 18 Prozent des BIP, Haushalts- und Leistungsbilanzdefizit sind gering. Das BIP soll 2014 mit 2,0 und 2015 mit 3,5 Prozent zulegen. Das honorierte seit Anfang 2013 auch die Börse Sofia. Der Leitindex Sofix stieg um 60 Prozent (in Euro) und zählt zu den Top­aktienindizes weltweit. Seit Ende Mai fiel er aber um neun Prozent wegen der Krise in der Politik und bei den Banken.

Die Unternehmensgewinne sinken
Auch die Bewertung ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 10,2 günstig. Trotzdem sind Gewinnmitnahmen ratsam - etwa beim RBS-Zertifikat auf den Sofix, das infolge Kündigung durch den Emittenten schon im Mai 2015 fällig wird. Es gibt Warnzeichen: Die pro­gnostizierten Durchschnittserträge der im Sofix enthaltenen 15 Firmen gehen 2014 zurück. Zudem dürften unsichere politische Verhältnisse und krimineller Einfluss in Wirtschaft und Politik die Börse weiter belasten. Auch die sozialen Proteste werden anhalten.

Risikofreudige Anleger, die investiert bleiben, müssen sich auf höhere Vola­tilität einstellen. Aus dem illiquiden Markt kommen Anleger in Krisenzeiten zudem nur mit hohen Abschlägen he­raus. Die Chaostage in Sofia werden sicher kein Einzelfall bleiben. Und anders als in Fernsehkrimis siegt in der Realität am Ende nicht immer das Gute.

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