Kakao mit weiterem Aufwärtspotenzial?
Obwohl es bis zum Beginn der Adventszeit noch ein Weilchen hin ist...,
... finden sich in den Supermärkten bereits seit einigen Wochen die ersten Weihnachtssüßwaren. Nicht wenige enthalten mehr oder weniger große Mengen an Schokolade. Wir nehmen diesen Umstand zum Anlass, den Kakaomarkt wieder einmal näher zu beleuchten, zum einen weil unserer letzte Analyse schon länger zurückliegt und wir uns durchaus vorstellen können, dass die laufende „Rallye“ beim „Schoko-Rohstoff“ bis auf weiteres anhalten könnte.
Versorgungssituation bleibt angespannt
Immerhin muss man die gegenwärtige Versorgungssituation als verhältnismäßig angespannt bezeichnen. Für das am 1. Oktober begonnene 2009/10er Wirtschaftsjahr erwartet die Internationale Kakao-Organisation ein globales Produktionsdefizit von mindestens 73.000 Tonnen. Gleichzeitig kündigte man an, dass man sich auch in der nächsten Saison ein Primärdefizit vorstellen kann, wobei zum Umfang noch keine Aussagen getroffen wurden. Sollte die Nachfrage die Produktion tatsächlich auch in 2010/11 übertreffen, wäre das das vierte Jahr in Folge mit einem Defizit – eine Situation, die zum letzten Mal 1969 registriert wurde. Insofern erstaunt es nicht, dass die weltweiten Kakao-Lagerbestände zum 30. September 2010 aller Voraussicht nach auf einen Tiefstand schrumpfen werden. Nach Erhebungen der Internationalen Kakao-Organisation dürften die Vorräte nur noch 39,7 Prozent des mutmaßlichen globalen Verbrauchs ausmachen, was dem niedrigsten Niveau seit 1986 entspricht. Somit kann man deutlich erkennen, dass die gesehenen Kurssteigerungen bei Kakao fundamental durchaus untermauert sind.
Ernteeinbußen in wichtigen Erzeugerländern
Zum überwiegenden Teil ist das primäre Angebotsdefizit auf Ernteausfälle in wichtigen Erzeugerländern zurückzuführen. Die Elfenbeinküste als mit Abstand größter Kakao-Produzent mit einem Weltmarktanteil von über 40 Prozent muss von Glück reden, wenn in der nächsten Saison noch ein Output von einer Millionen Tonnen erreicht wird. Im jüngst abgelaufenen Wirtschaftsjahr lag der Ertrag noch bei 1,18 Millionen Tonnen. Hintergrund ist eine strukturelle Anbaukrise, weil die Kakaoplantagen des Landes in den letzten Jahren vernachlässigt und keine Investitionen mehr getätigt wurden. Zusätzlich hat die Regierung das Programm für die landesweite Verteilung von Pestiziden eingestellt, mit dem Resultat, dass sich schlagartig die Schwarzhülsen-Fäulnis ausbreitete, eine Pilzkrankheit, welche dazu führt, dass die Kakaofrüchte an den Sträuchern schwarz werden und verfaulen. Außerdem ist ein Grossteil der Kakaosträucher überaltert und hätte schon lange durch neue Pflanzen ersetzt werden müssen. Zwar hat der schweizerische Nahrungsmittel-Gigant Nestle Hilfe in Aussicht gestellt, indem er ankündigte, den Farmern über einen Zeitraum von zehn Jahren bei der Anpflanzung von jährlich einer Millionen neuer Sträucher behilflich zu sein, die resistenter gegen Schädlinge sind. Bis diese Maßnahme sich jedoch in steigenden Erträgen widerspiegelt, wird noch eine ganze Zeit ins Land gehen.
Neben der Elfenbeinküste beklagen auch Indonesien, der drittgrößte Kakaoerzeuger, und Ecuador, die Nummer sieben am Weltmarkt, einen Ernterückgang, als Folge eines Schlechtwettereinbruchs durch El Nino, also von veränderten Strömungen im ozeanographisch-meteorologischen System des äquatorialen Pazifiks. Alles in allem ist somit zu erwarten, dass die Kakao-Produktion vorerst weiter zurückgeht.
Nachfrage tendenziell weiter steigend
Für die Nachfrage gilt demgegenüber das genaue Gegenteil. Hier muss tendenziell mit einem weiter steigenden Verbrauch gerechnet werden, auch wenn der Bedarf im letzten Wirtschaftsjahr auf Grund der globalen Konjunkturkrise von 3,74 auf 3,49 Millionen Tonnen zurückgegangen sein dürfte. Nachdem nunmehr allerdings die Wirtschaft in nahezu allen westlichen Industrienationen unverkennbare Erholungstendenzen aufweist, sollte auch die Kakao-Nachfrage wieder anziehen. Nicht unterschätzen darf man darüber hinaus den „Asien-Faktor“. In dem bevölkerungsreichsten Kontinent sind Kakao-Produkte noch recht unpopulär, was sich aber sukzessive ändert, weil ein westlicher Lebensstil zunehmend als Statussymbol gewertet wird. Mittel- bis längerfristig wird der Kakao-Konsum in Staaten wie China oder Indien demnach erkennbar zunehmen. Daran besteht kaum ein begründeter Zweifel.
Saisonalität impliziert Kurszuwächse
Auch unter saisonalen Gesichtspunkten erscheinen Long-Positionen in Kakao trotz des mittlerweile ambitioniert wirkenden Preisniveaus gut vertretbar. Für gewöhnlich ziehen die Kurse nicht zuletzt wegen der jahreszeitlich bedingten höheren Nachfrage zwischen Anfang November und Ende Dezember signifikant an. Zu nennenswerten Rücksetzern kommt es für gewöhnlich erst ab Mitte März des Folgejahres. Bis dahin lassen sich mit gehebelten Position jedoch möglicherweise bereits beachtliche Gewinne auf der „langen Seite“ einfahren.
Charttechnik überwiegend „bullish“
Im Wesentlichen „auf grün“ stehen darüber hinaus auch die charttechnischen „Ampeln“ hinsichtlich weiter steigender Notierungen. Der starke Aufwärtstrend seit Ende 2008 ist unverändert vollständig intakt. Zudem generieren sämtliche wichtige Indikatoren wie der MACD, der RSI und auch die Stochastik unübersehbare Kaufsignale. Gleichzeitig zeugt das komfortabel über der 18-Tage-Linie liegende Kursniveau von einer bemerkenswerten Stärke des Markts. Derzeit schickt sich der maßgebliche Dezember-Future an, den zentralen Widerstand bei etwa 3.300 US-Dollar je Tonne nach oben zu durchbrechen. Wir sehen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass dies in Kürze erfolgt. Sobald das vollbracht ist, drängen sich prozyklische Long-Positionen fast schon auf.
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter: www.rohstoff-trader.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.