Geldanlage-Report Armin Brack

Ölpreis im Sinkflug: Jetzt bereits Öl kaufen?

01.12.14 15:53 Uhr

Ölpreis im Sinkflug: Jetzt bereits Öl kaufen? | finanzen.net

Ich erinnere mich gut daran, wie mir mein Schwiegervater vor rund zwei Monaten stolz berichtet hat, er habe den niedrigen Ölpreis genutzt, um die Tanks der hauseigenen Ölheizung vorzeitig aufzufüllen...

Damals war der Preis für europäisches Rohöl der Sorte Brent Crude (für Ölheizungen wird ein extra leichtes hochwertigeres Öl verwendet; der Preis hängt aber am Preis für Rohöl) gerade unter die Marke von 100 Euro je Barrel gefallen. Aktuell kostet ein Barrel nur noch 73,07 Euro.

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Das zeigt: Auch im Alltag ist man nicht vor Fehlspekulationen geschützt. Und ich gebe zu: Würden wir in unserem Haus mit Öl heizen, hätte ich es vielleicht gleich gemacht wie mein Schwiegervater.

Niemand konnte ahnen, dass der Preis so massiv einbrechen würde. Im Gegenteil: Viele Marktbeobachter hatten wegen der Spannungen mit Russland und im Nahen Osten mit steigenden Notierungen gerechnet.

Dass der Preis in dieser Phase trotzdem immer weiter gefallen ist, ist bemerkenswert. Vorgestern (Donnerstag) kam es nun zum Showdown: Die einst allmächtige OPEC, die früher den Ölpreis durch Anhebungen oder Senkungen der Produktionsziele fast nach Belieben steuern konnte, beschloss überraschend, man werde den Output nicht senken - trotz der vorhandenen Überkapazitäten am Markt.

Diese waren u.a. deshalb zustande gekommen, weil Saudi Arabien und Co. mehr produzierten als vereinbart und gleichzeitig die USA durch technologische Fortschritte beim umstrittenen Fracking-Verfahren immer mehr Öl aus Ölschiefer-Platten wirtschaftlich rentabel fördern können. Die Macht der OPEC schwindet. Die jüngste Entscheidung ist ein untrügliches Indiz dafür, dass man den Kampf um die Preishoheit aufgegeben hat.

Straft sich das Kartell aber nicht letztlich selbst, wenn man durch diese Sturheit einen Preiskampf provoziert? Zu einem gewissen Grad ist das sicher so, aber wenn der Ölpreis wirklich noch deutlich weiter fallen sollte, dann sind vor allem die Ölschiefer-Produzenten in Kanada und den USA die Leidtragenden.

Zwar können die Shale Oil-Produzenten in den Boomregionen Eagle Ford (Texas) und Bakken (North Dakota; Montana) bis hinunter zu einem Preis von 40 bis 50 US-Dollar je Barrel profitabel produzieren, aber die Gewinnmargen werden natürlich geringer - und neue Projekte weniger attraktiv bzw. sofort auf Eis gelegt. Und: Viele herkömmliche Ölproduzenten können noch weit billiger produzieren.

Der Ökonom und Energieberater Philip Verleger wird in der Financial Times mit der dramatischen Aussage zitiert: "Viele Ölbohrungen werden aktuell mit geliehenem Geld durchgeführt und dieser Geldhahn wird am Montagmorgen zugedreht werden."

Heftige Verluste bei Öl-Aktien

Am gestrigen Freitag kam es im US-Handel dann auch zu dramatischen Verlusten bei fast allen Shale Oil-Aktien. Zu den größten Verlierern zählen zur Stunde Goodrich Petroleum (-33 Prozent), Laredo Petroleum (-30 Prozent), Oasis Petroleum (-27 Prozent) und Emerald Oil (-24 Prozent).

Aber auch Blue Chips wie die norwegische Statoil, die massiv in kanadische Ölsandprojekte investiert haben, werden mit minus 13 Prozent extrem abgestraft. Der mit einer Marktkapitalisierung von 400 Milliarden US-Dollar weltgrößte börsennotierte Ölkonzern ExxonMobil verliert immerhin 3,5 Prozent.

Massive Verluste müssen auch die Zulieferer hinnehmen, beispielsweise die Quarzsand-Produzenten. Quarzsand wird beim Fracking eingesetzt. Marktführer Emerge Energy Services (EMES | A1T984) verliert aktuell 16 Prozent auf 64,66 US-Dollar. Ich hatte die Aktie im Geldanlage-Report vom 19. April im Falle eines Überwindens der Marke von 75,13 US-Dollar explizit zum Kauf empfohlen. Ich schrieb damals:

"Emerge baut den Sand selber ab und vertreibt ihn an Ölproduzenten. Der Siegeszug des Fracking in nordamerikanischen Schieferölformationen, beispielsweise der oben genannten Bakken-Formation, lässt die Nachfrage nach Fracking-Sand explodieren und verhilft Emerge zu stark steigenden Umsätzen und Gewinnen."

Die Aktie ist im Anschluss daran bis Ende August auf ein Hoch von 145,71 US-Dollar gestiegen, also um weitere 94 Prozent, nachdem sich das Papier zuvor schon verdoppelt hatte.

Nun hat die Aktie die gesamten Gewinne seit April wieder abgegeben. Nach der Unterschreitung der wichtigen charttechnischen Unterstützung aus dem Oktober drohen nun noch weitere Verluste. Ich denke das Beispiel Emerge Energy Services verdeutlicht sehr gut das Wesen von explosiven Wachstums-/Trendaktien. Es sind enorme Kursgewinne in sehr kurzer Zeit möglich solange der Trendverlauf intakt ist.

Es ist aber unerlässlich, zumindest einen Teil der aufgelaufenen Buchgewinne durch das Setzen von Stopp-Loss-Marken abzusichern.

Jetzt Öl-Aktien kaufen?

Wenn Sie den obigen Chart für Brent Crude Oil betrachten juckt es Sie vielleicht auch in den Fingern, jetzt in Öl bzw. Ölaktien zu investieren. "Viel billiger wird es nicht mehr werden", ist der Spruch den man dann oft zu hören bekommt. Aber: Gibt es da nicht die alte Börsenweisheit, nach der man nie in ein fallendes Messer greifen sollte, sprich: Nie in fallende Kurs hinein kaufen sollte? Die gibt es und ich bin speziell bei Rohstoffen (auch bei Edelmetallen) ein großer Anhänger dieser Regel. Niemand weiß, wie weit der Ölpreis noch fallen wird und ein Wert wie Emerge Energy Services ist mit einem KGV von 19 auf Basis des Gewinns in den letzten vier Quartalen immer noch alles andere als günstig bewertet.

Wer in den USA gezielt nach der Trendstrategie handelt, wie ich das auch mache, der hat ohnehin schon längst umdisponiert und inzwischen Profiteure des fallenden Ölpreises im Depot. Namentlich sind das die Fluglinien-Aktien wie Southwest Airlines (US-Kürzel: LUV) oder Jetblue Airways (JBLU). Beide marschieren quasi parallel zum fallenden Ölpreis von Hoch zu Hoch, wobei es hier natürlich noch weitere Ursachen gibt, allen voran die wieder anziehende US-Konjunktur.

MEIN FAZIT:

Der Preiskampf bei Öl ist nun offiziell eingeläutet. Niemand weiß, wie weit die Preise noch fallen werden. Versuchen Sie nicht ins fallende Messer zu greifen. Setzen Sie stattdessen weiter konsequent auf eine Trendfolgestrategie und kaufen Sie die Profiteure des niedrigen Ölpreises, z.B. die US-Fluglinien. Vor dem Einstieg sollten Sie allerdings eine kleine Konsolidierung abwarten, im Falle Southwest Airlines beispielsweise eine Schließung der am Freitag gerissenen Kurslücke bei 40 US-Dollar.

Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in den genannten Wertpapieren / Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels nicht investiert. Es liegt daher kein Interessenskonflikt vor. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.