Bundesfinanzhof: Doppelbesteuerung von Renten?
Immer mehr Senioren müssen wegen der nachgelagerten Besteuerung ihrer Alterseinkünfte auch nach dem Ende ihres Erwerbslebens Abgaben entrichten.
von Stefan Rullkötter, €uro am Sonntag
Rund fünf Millionen Ruheständler zahlen bereits Einkommensteuer. Aktuell sind dazu beim Bundesfinanzhof (BFH) zwei Musterklagen anhängig (Az. X R 20/19; X R 33/19). Nach den mündlichen Revisionsverhandlungen in dieser Woche kündigte der BFH nun an, seine Entscheidungen am 31. Mai zu veröffentlichen.
Die Urteile könnten weitreichende Bedeutung haben und die öffentliche Hand Milliarden an Steuereinnahmen kosten: Haben Rentner während ihres Erwerbslebens Beiträge aus bereits versteuertem Einkommen in die Rentenversicherung eingezahlt und wurden diese in der Auszahlungsphase erneut besteuert, kann eine verfassungswidrige Doppelbesteuerung vorliegen.
Ruheständler profitieren nur bei Einspruch
Vor diesem Hintergrund fordert das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA), dass Steuerbescheide von Rentnern unter einen Vorläufigkeitsvermerk gestellt werden, bis endgültig geklärt ist, wie die Doppelbesteuerung in der Anwartschaftszeit und in der Rentenphase vermieden wird.
Wer als Ruheständer keinen Einspruch gegen seine Steuerbescheide eingelegt hat, profitiert nicht automatisch von den eventuell steuerzahlerfreundlichen Urteilen. Ein rechtliches "Trittbrettfahren" mit den Musterklägern ist nur möglich, wenn von diesem kostenlosen Rechtsbehelf innerhalb eines Monats nach Zustellung der Bescheide Gebrauch gemacht wird. Bislang sind bundesweit schon mehr als 142.000 Einspruchsverfahren gegen die eventuelle Doppelbesteuerung von Ruheständlern bei den Finanzämtern anhängig.
"Sollte es zu einem Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht kommen, wird die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Rentenbesteuerung aber noch einige Zeit offenbleiben", meint DIA-Sprecher Klaus Morgenstern.
Diese Hängepartie setzt sich fort, sollte das oberste Verfassungsgericht die bisherige Rentenbesteuerung verwerfen. Dann müsste der Gesetzgeber eine Anpassung vornehmen. "Daher wäre es mehr als fair, für alle Steuerbescheide von Rentnern die Vorläufigkeit zu erklären", fordert Morgenstern. Das sei bei offenen Rechtsstreitigkeiten mit weitreichenden Folgen schon öfter so praktiziert worden. Dieses Prozedere würde auch zu einer Entlastung der Finanzverwaltung führen.
Eine Tendenz, wie die obersten Finanzrichter in dieser grundlegenden Rechtsfrage Ende des
Monats entscheiden werden, zeichnete sich im Gerichtssaal in München noch nicht ab.
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