Teurer Dreikampf

Bundestagswahl 2021: Was die Parteien bei Steuern, Rente, Wohnen und Aktien vorhaben

25.09.21 22:43 Uhr

Bundestagswahl 2021: Was die Parteien bei Steuern, Rente, Wohnen und Aktien vorhaben | finanzen.net

Was nach dem 26. September mit Ihrem Geld passiert, lesen Sie im großen €uro-am-Sonntag-Check. Die Wahlprogramme der Parteien zu Steuern, Renten, Wohnen und Aktien.

Werte in diesem Artikel
Rohstoffe

2.630,89 USD -7,52 USD -0,29%

von B. Bomke, A. Höß, F. Petruschke und M. Reim, Euro am Sonntag

Sind Sie für die Abschaffung der Schaumweinsteuer? Falls ja und falls alle anderen Themen für Sie völlig unwichtig sind, wählen Sie bei der Bundestagswahl am 26. September AfD, FDP oder Linkspartei. Die drei fordern in ihren Wahlprogrammen unisono, die Schaumweinsteuer, die dem Fiskus 2020 immerhin 405 Millionen Euro bescherte, ersatzlos zu streichen.

So klar ist nicht alles formuliert, was in den Programmen steht. Das dämmert auch manchen Parteien, die nun noch schnell neue Forderungen aufstellen wie die Grünen, die den Kauf von Lastenfahrrädern mit 1.000 Euro fördern wollen. CDU/CSU kamen Anfang der Woche mit einem Sofortprogramm um die Ecke. In dem ist plötzlich davon die Rede, den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.000 auf 1.250 Euro zu erhöhen. Das hatte in das 140 Seiten dicke Wahlprogramm offenbar nicht reingepasst.

In neun Tagen ist es also so weit. Manche der 60,4 Millionen Wahlberechtigten merken erst jetzt, dass die seit 2005 amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht mehr auf dem Wahlzettel steht. Mit Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) treten gleich drei Kandidaten an, die ihr nachfolgen wollen. 40 Parteien streben in den 20. Bundestag - von der Bürgerbewegung des früheren Porsche-Betriebsratschefs Uwe Hück bis zur Europäischen Partei Liebe.

€uro am Sonntag hilft Ihnen, nicht den Überblick zu verlieren. Wir haben die Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien studiert und besonders darauf geachtet, was die Pläne für Ihr Geld bedeuten. Dabei konzentrierten wir uns auf die Themen Geldanlage, Rente, Wohnen und Steuern. Versprochen: Sie finden in unserer Titelgeschichte viel Überraschendes. Oder hätten Sie gedacht, dass die FDP auch von Großinvestoren Grunderwerbsteuer kassieren will - und nicht mehr nur von Privatpersonen?

Überraschend fiel auch eine repräsentative Civey-Online-Umfrage aus, bei der es um die Frage ging, von welcher Partei nach der Wahl am ehesten Steuererhöhungen zu erwarten seien. Das Ergebnis: 48,1 Prozent rechnen damit bei den Grünen. Auf Platz 2 landeten nicht etwa die Linken oder die SPD, sondern CDU/CSU.

Geldanlage/Börsen

SPD

Die Sozialdemokraten gehen in ihrem "Zukunftsprogramm" beim Thema Geldanlage selten über Stichworte hinaus. So heißt es etwa, dass Finanzdienstleistungen "kostengünstig" angeboten werden sollen und die SPD auf mehr zertifizierte nachhaltige Finanzprodukte "hinwirken" wolle. Der SPD schwebt ergänzend zur gesetzlichen Rente ein privates Altersvorsorgeangebot nach schwedischem Vorbild vor. Dort können Arbeitnehmer günstig in einen Pensionsfonds investieren, der sein Kapital in Aktien anlegt. Die Partei von Kanzlerkandidat Olaf Scholz möchte eine Finanztransaktionsteuer, "möglichst im Einklang mit unseren europäischen Partnern". Bisher sahen die Pläne so aus, dass vor allem Aktienkäufe besteuert werden sollen, was Kleinanleger voll treffen würde.

CSU/CSU

Die Union äußert sich in ihrem selbstbewusst "Regierungsprogramm" genannten Vorhabenkatalog meist schwammig zu ihren Plänen im Bereich Geldanlage und Börsen. So will sie Deutschland zum Beispiel zu einem führenden Finanzplatz machen, die Rahmenbedingungen für Börsengänge verbessern und eine Börse für Technologiefirmen nach Vorbild der amerikanischen Nasdaq schaffen. Allerdings erklären die Unionsparteien, die hinter Kanzlerkandidat Armin Laschet stehen, nirgends, wie sie das umsetzen wollen.

Ähnlich nebulös bleibt ein von CDU/CSU geplantes neues Standardvorsorgeprodukt für die Altersvorsorge, hinter dem sich auch ein aktienbasiertes Produkt verbergen könnte. Zudem will die Union Mitarbeiterkapitalbeteiligungen künftig verbessern und Finanzprodukte verbraucherfreundlicher und transparenter machen. Vergleichsweise konkret wird die Union bei vermögenswirksamen Leistungen: Hier will sie höhere Sparsummen ermöglichen und Gewinne nach einer Haltedauer von sieben Jahren von der Steuer befreien. Zudem hält sie an den Plänen zu einer Finanztransaktionsteuer fest, die aber keine Kleinanleger treffen soll.

Die Grünen

Die Grünen wollen die Finanzmärkte nachhaltiger machen und gehen dabei oft ins Detail. So soll sich die öffentliche Hand komplett aus Investitionen in klimaschädliche Firmen zurückziehen. Zudem fordert die Partei eine europaweit einheitliche Zertifizierung nachhaltiger Finanzprodukte, die neben Klimazielen auch Umweltschutz, Menschenrechte oder Arbeitsnormen umfasst - und Atomkraft ausklammert. Für die Altersvorsorge planen die Grünen, deren Wahlprogramm jede Menge Gendersternchen enthält, einen aktienbasierten "Bürger*innenfonds" nach schwedischem Vorbild, der auch Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt.

Um die Finanzmärkte stabiler zu machen, wollen sie Investmentbanking und Kreditgeschäft strikt trennen, den Hochfrequenzhandel verbieten und eine Finanztransaktionssteuer einführen. Statt mit der Abgeltungsteuer sollen Kapitalerträge mit dem persönlichen Steuersatz belastet werden, was für Gutverdiener ein Nachteil, für Geringverdiener ein Vorteil wäre. Die Grünen mit ihrer Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock wollen Dividenden für Anleger von Steuern befreien. Dafür sollen Gewinne mit Gold und Kryptowährungen immer besteuert werden.

Bei der Finanzberatung wollen sie weg vom Provisionsvertrieb hin zur Honorarberatung. Der Finanzaufsicht Bafin kommt bei alldem eine tragende Rolle zu: Sie soll nicht nur Standards in der Geldanlage prüfen, Finanzberater überwachen und den Vertrieb von "schädlichen irreführenden Finanzprodukten" untersagen, sondern auch zu einer Bilanzpolizei werden, die Skandale wie bei Wirecard verhindert.

FDP

Die Freien Demokraten haben in ihrem Wahlprogramm vergleichsweise konkrete Pläne dafür, die Altersvorsorge mit Aktien zu stärken. Kernstück ist eine verpflichtende Aktienrente, für die es sogar 1.000 Euro Startkapital geben soll. Zwei Prozentpunkte des derzeitigen Beitragsatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung von 18,6 Prozent will die FDP in einen unabhängig verwalteten Aktienfonds umleiten. Aktiengewinne sollen zudem nach drei Jahren Spekulationsfrist von der Steuer befreit und Sparerfreibeträge angehoben werden.

Auch Versorgungswerken, Lebensversicherungen und Pensionskassen wollen die Liberalen mit ihrem Spitzenkandidaten Christian Lindner erlauben, mehr in Aktien statt in Staatsanleihen zu investieren. In Schuldenkrisen sollen private Anleihebesitzer dafür etwa durch Laufzeitverlängerungen stärker beteiligt werden, bevor öffentliche Gelder an Krisenstaaten fließen.

AfD

Die AfD widmet Kapitalmarktthemen in ihrem Programm "Deutschland. Aber normal" nur einen kurzen Abschnitt. Dort steht, dass Deutschland aus der europäischen "Transferunion" austreten und den Euro abschaffen solle. Kurios: Trotzdem wird die AfD bei der Europäischen Zentralbank (EZB), also der Hüterin des Euro, sehr konkret: Die EZB solle die Nullzinspolitik beenden, keine Anleihen mehr kaufen und im Ausland gelagertes Staatsgold zurück nach Deutschland holen. Außerdem will die AfD, die mit den Spitzenkandidaten Alice Weidel und Tino Chrupalla antritt, dass die Stimmrechte der EZB-Mitglieder künftig ihrem Kapitalanteil an der Zentralbank entsprechen. Das würde Deutschland in der EZB mehr Gewicht verleihen. Langfristig strebt die Alternative für Deutschland ein goldgedecktes Währungssystem an.

Die Linke

Die Linke hat bei Börsenthemen viele Parolen in ihrem Programm mit der Überschrift "Zeit zu handeln!". "Der Kapitalismus von heute ist räumlich und zeitlich entgrenzt, er hat sich die ganze Welt untertan gemacht", heißt es darin. Deshalb will sie Hedgefonds, Private- Equity-Gesellschaften und Leerverkäufe ebenso verbieten wie Spekulationen mit Agrarflächen, Lebensmitteln und Wasser. Zudem plant die Linke, die mit dem Spitzenduo Janine Wissler und Dietmar Bartsch antritt, eine Börsenumsatzsteuer. Sie ist der Ansicht, dass die Wechselkurse von Leitwährungen wie Euro und US-Dollar "durch Zielzonen stabilisiert" werden müssten. Banken will die Linke verstaatlichen und ihr Investmentbanking abwickeln. Sie sollen künftig nur noch Konten anbieten, Kredite vergeben, Zahlungen abwickeln und für die "sichere Anlage privater Ersparnisse" sorgen - was immer die Linke darunter genau versteht.

Renten

SPD

Die Sozialdemokraten wollen ein weiteres Absinken des derzeitigen Rentenniveaus von 48 Prozent eines rechnerischen Durchschnittsverdiensts verhindern und setzen dafür auf das bereits gesetzlich festgelegte Instrumentarium mit zwei Haltelinien (neben den genannten 48 Prozent ist damit ein Beitragssatz gemeint, der bis 2025 nicht über 20 Prozent des Bruttoeinkommens steigen soll). Zudem wollen sie dafür sorgen, dass deutlich mehr Beschäftigte auch über eine betriebliche Altersversorgung Geld erhalten. Die SPD will dabei die Rolle von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden stärken, denn sie wünscht sich, dass "tarifvertraglich vereinbarte kollektive Altersversorgungsformen bevorzugt werden" (siehe auch Glossar).

CSU/CSU

Die Union zeigt sich mit ihren Versprechen zurückhaltender als SPD, Grüne und Linkspartei. Eine Festschreibung verbindlicher Haltelinien für das Rentenniveau findet sich im Programm nicht. Vielmehr soll ein "Alterssicherungsbeirat" alle drei Säulen der Altersvorsorge in den Blick nehmen und "eine Empfehlung für die Festlegung der verbindlichen und perspektivischen Haltelinien bei Rentenniveau und Beitragssatz abgeben". CDU/CSU wollen mehr Menschen dazu bringen, für das Alter privat vorzusorgen. Nichts weniger als einen "Neustart" der Riester-Rente verspricht sie über ein transparentes, einfaches Standardprodukt "ohne Abschlusskosten und mit niedrigen Verwaltungskosten" mit und ohne Kapitalgarantie. Alle Arbeitnehmer sollen automatisch dabei sein, es sei denn, sie widersprechen. Und wenn das Produkt nicht dazu führt, dass private Vorsorge breiter genutzt wird, droht die Union mit einem staatlich organisierten verpflichtenden Produkt.

Die Grünen

Die Grünen wollen verhindern, dass das Rentenniveau weiter absinkt. Um gleichzeitig die Beiträge von Beschäftigten und Arbeitgebern zu begrenzen, "sollen bei Bedarf die Steuerzuschüsse erhöht werden", heißt es im Wahlprogramm. Zudem wollen die Grünen zur Stabilisierung des Rentensystems die Frauenerwerbstätigkeit mittels Recht auf Rückkehr in Vollzeit erhöhen. Vor allem aber wollen sie den Ausbau der Rentenversicherung zu einer Bürgerversicherung, in die zum Beispiel auch Selbstständige einzahlen. Ferner planen die Grünen, die Riester- und Rürup-Renten durch einen öffentlich verwalteten Bürgerfonds zu ersetzen.

FDP

Die Freien Demokraten wollen dafür sorgen, dass die Renten langfristig nicht schneller steigen können als die Löhne. Das würde etwa bedeuten, dass die Rentengarantie wegfällt, mit der Union und SPD festgelegt haben, dass der Zahlbetrag der Renten nicht sinken darf. 2021 hätten beispielsweise die Renten eigentlich schrumpfen müssen, denn sie orientieren sich an der durchschnittlichen Entwicklung der Löhne im Vorjahr. Die Löhne waren im Jahr 2020 wegen der Corona-Krise gesunken. Die Rentengarantie verhinderte, dass auch die Altersbezüge schrumpften. Solche Regeln verstoßen nach Ansicht der FDP gegen einen "gerechten Ausgleich zwischen den Generationen". Die FDP plädiert - ähnlich wie SPD und Grüne - für einen Aktienfonds à la Schwedenrente (siehe Glossar).

AfD

Die AfD will Bezieher niedriger Renten besserstellen, indem ein Viertel der gesetzlichen Rente bei der Berechnung möglicher Ansprüche auf Grundsicherung im Alter nicht miteingerechnet wird. Damit wird nach Ansicht der Nationalkonservativen "Altersarmut verhindert oder zumindest deutlich verringert". Zu den Themen private Altersvorsorge und betriebliche Altersversorgung, zu denen die anderen Parteien zum Teil ausführliche Pläne haben, findet sich im Renten-Kapitel des Wahlprogramms der AfD nichts.

Die Linke

Die Linke beziffert ihre Forderungen zur Rente mit so detaillierten Zahlen wie keine andere Partei. So will sie kurzfristig die Renten deutlich anheben. Das Rentenniveau, das derzeit bei 48 Prozent vom rechnerischen Durchschnittseinkommen Berufstätiger liegt, soll "als Sofortmaßnahme" auf 53 Prozent angehoben werden. Die Linke rechnet vor, dass damit die Durchschnittsrente von 1.048 Euro um 104 Euro stiege. Sie will Altersarmut bekämpfen, indem alle Menschen im Rentenalter mindestens 1.200 Euro im Monat erhalten.

Wohnen

SPD

Die SPD will "ein zeitlich befristetes Mietenmoratorium" einführen. Das bedeutet: Auf angespannten Wohnungsmärkten sollen Mieten "für eine bestimmte Zeit nur im Rahmen der Inflationsrate erhöht werden" können. De facto wäre das ein Absenken der Kappungsgrenze, jedenfalls solange die Inflationsrate unter fünf Prozent im Jahr liegt. Die Mietpreisbremse (siehe Glossar) will die SPD auch über 2025 hinaus erhalten und weiter nachjustieren, damit sie zuverlässiger greift. In die Mietspiegel sollen künftig mindestens die Daten aus Mietverträgen der vorangegangenen acht Jahre einfließen. Bislang beträgt diese Frist sechs Jahre. Das Ausdehnen des Erhebungszeitraums soll die Mieten dämpfen. Zudem will die SPD mit erleichterten Mietkaufmodellen insbesondere mehr Familien ermöglichen, sich ein Eigenheim zu leisten. Und schließlich will die Partei dafür sorgen, dass jedes Jahr 400.000 Wohnungen gebaut werden.

CSU/CSU

Die Union äußert sich zur Wohnungspolitik vergleichsweise vage. Sie will keinen Mietendeckel, sondern generell dafür sorgen, dass bis 2025 mehr als 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen. Das möge verhindern, dass die Mieten weiter steigen. Ein Bauantrag für Wohnimmobilien soll nach Vorlage aller Unterlagen binnen zwei Monaten bearbeitet sein. "Andernfalls gilt er grundsätzlich als genehmigt", heißt es im Programm. Die bislang bis Ende 2021 befristete Möglichkeit, beim Neubau von Wohnungen in den ersten vier Jahren Sonderabschreibungen von jeweils fünf Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten geltend zu machen, will die Union entfristen. Das Instrument wird bislang allerdings kaum genutzt, weil die Kosten pro Quadratmeter höchstens 3.000 Euro betragen dürfen, um den Steuervorteil zu genießen. Dieser Kostendeckel gilt in der Praxis als zu niedrig.

Die Grünen

Die Grünen fordern ein Bundesgesetz, das "Mietobergrenzen im Bestand ermöglicht". Das wäre also eines der drei Kernelemente eines Mietendeckels, wie ihn Berlin vorübergehend hatte. Von einem Mietenstopp oder gar Mietsenkungen ist nicht die Rede. Eine andere Forderung der Grünen hätte jedoch verbreitete Mietsenkungen zur Folge. So wollen sie zur Berechnung von Mietspiegeln Mietverträge der vorangegangenen 20 Jahre heranziehen. Bislang reicht die Spanne sechs Jahre zurück. Nach Berechnungen des Maklerverbands IVD könnte diese Änderung Mietrückgänge von bis zu 25 Prozent bedeuten. Die Mietpreisbremse will die Partei entfristen und nachschärfen. Mieterhöhungen sollen auf 2,5 Prozent im Jahr begrenzt werden. Damit würde die bestehende Kappungsgrenze de facto halbiert. Die Möglichkeit für Vermieter, die Grundsteuer auf Mieter umzulegen, wollen die Grünen abschaffen.

FDP

Die FDP spricht sich gegen "Enteignungen, Mietpreisbremse oder Mietendeckel" aus. Sie will mehr Bauland mobilisieren, um die Wohnungsknappheit in vielen Städten zu bekämpfen. Zudem soll der lineare Abschreibungssatz für Investitionen in den Wohnungsbau von zwei auf drei Prozent im Jahr steigen. Wer ein Eigenheim erwirbt, soll bis 500.000 Euro keine Grunderwerbsteuer zahlen müssen. Bemerkenswert: "Für mehr Steuergerechtigkeit wollen wir zudem die missbräuchliche Umgehung der Grunderwerbsteuer durch Immobilieninvestoren mittels sogenannter Share-Deals (...) verhindern", heißt es im Wahlprogramm mit dem Titel "Nie gab es mehr zu tun". Es sollen also nicht mehr nur Privatpersonen, sondern auch Großinvestoren Grunderwerbsteuer zahlen müssen.

AfD

Die AfD plant unter anderem, mehr Bauland auszuweisen, Baustandards (etwa zu Brand- und Schallschutz) zu senken und die Energieeinsparverordnung komplett zu streichen, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Sie fordert, die Grunderwerbsteuer für selbst genutzte Wohnimmobilien abzuschaffen. "Käufer ohne deutsche Staatsbürgerschaft, deren Hauptwohnsitz im Ausland liegt", müssten aber dann satte 20 Prozent Grunderwerbsteuer zahlen, "damit Einheimische besser auf das vorhandene Angebot zugreifen können".

Die Linke

Die Linke fordert in ihrem Programm, "im gesamten Bundesgebiet" Mietendeckel zu ermöglichen. "Die Explosion der Mieten" solle nicht nur gebremst, sondern beendet und rückgängig gemacht werden. Besonders hohe Mieten wollen die Linken absenken. Anstelle der Mietpreisbremse, die aus Linken-Sicht nicht wirkt, unterstützt die Partei einen Mietenstopp für bestehende Mietverträge "überall dort, wo es einen angespannten Wohnungsmarkt gibt". Die Linkspartei will 15 Milliarden Euro in sozialen, kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau sowie in die Sanierung von Bestandswohnungen stecken.

Steuern

SPD

Die SPD möchte ausweislich ihres Programms "Aus Respekt vor deiner Zukunft" vor allem eine gerechtere Verteilung von Einkommen und Vermögen erreichen. Hierzu will die SPD die einkommensstärksten fünf Prozent höher besteuern, was einem höheren Spitzensteuersatz von 45 Prozent (bislang 42 Prozent) gleichkommt. Die geplanten Änderungen bei der Einkommensteuer führen laut Ifo-Institut zu neun Milliarden Euro weniger Staatseinnahmen im Jahr. Für sehr hohe Vermögen soll oberhalb nicht näher definierter Freibeträge eine Vermögensteuer von einem Prozent im Jahr gelten. Die Erbschaftsteuer soll so reformiert werden, dass auch auf große Betriebsvermögen eine Mindeststeuer anfällt. Auf EU-Ebene streben Olaf Scholz & Co eine Finanztransaktionssteuer an.

CSU/CSU

Bei der Union scheint noch einiges im Fluss. Zu Beginn des Wahlkampfs erteilte Kanzlerkandidat Armin Laschet Steuersenkungen noch eine Absage, obwohl sie mehr oder weniger konkret im Wahlprogramm stehen. Wohl vor dem Hintergrund, dass auf den fünf Seiten zum Thema Steuern im 140 Seiten umfassenden Unionsprogramm nur viele Allgemeinplätze zu finden sind, präsentierte Laschet nun ein Sofortprogramm, in dem ein paar Konkretisierungen stehen, darunter die Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrags von 1.000 auf 1.250 Euro. Vergleichsweise konkret ist das Wahlprogramm beim Solidaritätszuschlag. Dieser soll "schrittweise" für alle abgeschafft werden. Zudem fordert die Union, dass der Spitzensteuersatz erst bei einem höheren Einkommen als bisher greift. Sie spricht sich explizit gegen eine neue Vermögensteuer oder eine Verschärfung der Erbschaftsteuer aus. Laut Ifo-Institut reißen die angenommenen Änderungen bei der Einkommensteuer ein 18-Milliarden-Euro- Loch in die Staatskasse - pro Jahr.

Die Grünen

Von den Steuerplänen der Grünen würden besonders Familien mit kleinem oder mittlerem Einkommen profitieren. So soll der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer erhöht werden. Zudem ist eine "Kindergrundsicherung" vorgesehen, die für Familien mit geringem Einkommen noch aufgestockt wird. Im Gegenzug soll der Spitzensteuersatz von 42 auf 45 Prozent steigen. Er gilt nach den Plänen der Grünen ab einem Einkommen von 100.000 Euro für Alleinstehende und 200.000 Euro für Paare. Ab einem Einkommen von 250.000 beziehungsweise 500.000 Euro folgt eine weitere Stufe mit einem Spitzensteuersatz von 48 Prozent. Die jährlichen Mindereinnahmen des Staats aus der Einkommensteuer beziffert das Ifo-Institut auf zwei Milliarden Euro. Ähnlich wie bei der SPD soll eine Vermögensteuer von einem Prozent für Vermögen eingeführt werden - nach Vorstellungen der Grünen auf Vermögen oberhalb von zwei Millionen Euro pro Person. Die Erbschaftsteuer soll verschärft werden.

FDP

Die FDP hat sich Steuersenkungen auf die Fahnen geschrieben. Der Spitzensteuersatz soll etwa erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 90.000 Euro im Jahr greifen. Den Soli wollen die Freien Demokraten komplett abschaffen. Sie wollen zudem Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen durch einen "linearen Chancentarif" entlasten, mit dem der bisherige Mittelstandsbauch (besonders stark steigende Steuerlast bei kleinen und mittleren Einkommen) bis 2024 abgebaut werden soll. Laut Ifo-Institut reißen die Änderungen bei der Einkommensteuer jedes Jahr ein 60 Milliarden Euro großes Loch in die Staatskasse. Eine Vermögensteuer oder eine Verschärfung der Erbschaftsteuer lehnt die FDP ab. Die Bier-, Schaumwein- und Kaffeesteuer will die FDP abschaffen.

AfD

Die AfD hat ein denkbar einfaches Steuerprogramm. Nach dem Motto "keine Steuern sind die besten Steuern" will sich die Partei fast ausschließlich auf Einnahmen aus der Umsatz- und Einkommensteuer konzentrieren. Angaben zur Höhe der Steuersätze macht sie jedoch nicht. Viele kleinere Verbrauchssteuern (etwa auf Kaffee und Schaumwein) will die AfD abschaffen. Gleiches gilt für die Grund-, die Gewerbe- und die Erbschaftsteuer. Der Soli soll komplett abgeschafft werden. Wie unterm Strich alle Staatsausgaben finanziert werden sollen, bleibt unklar. Zusatzeinnahmen verspricht sich die AfD von einer nationalen Digitalsteuer für globale "Tech- Riesen".

Die Linke

Die Linke hat in Sachen Umverteilung das radikalste Programm. Es sieht eine progressive Millionärssteuer vor: Ab einem Privatvermögen von einer Million Euro (Immobilien und Altersvorsorge ausgenommen) wird jährlich ein Prozent Vermögensteuer fällig. Der Steuersatz steigt stetig auf bis zu fünf Prozent für Vermögen ab 50 Millionen Euro. Zur Finanzierung der Corona-Staatsschulden fordert die Partei eine einmalige Vermögensabgabe auf alle Vermögen über zwei Millionen Euro. Die Abgabe liegt je nach Vermögenshöhe bei zehn bis 30 Prozent und kann über 20 Jahre in Raten gezahlt werden. Auch bei Gut- und Topverdienern will die Partei kräftig abkassieren: Der Spitzensteuersatz soll für Einkommen ab einer Million Euro auf 75 Prozent steigen. Ab zu versteuernden 70.000 Euro werden 53 Prozent fällig. Faustformel: Singles, die weniger als 6500 Euro brutto im Monat verdienen, zahlen künftig weniger Steuern. Wer darüber liegt, zahlt mehr. Die Folgen der Änderungen bei der Einkommensteuer laut Ifo-Institut: jährlich 22 Milliarden Euro weniger in der Staatskasse. Privilegien für Betriebsvermögen bei Erbschaften und Schenkungen sollen den Plänen zufolge entfallen.


Deutschland- Koalition

Teurere Erbschaft

Eine Deutschland-Koalition auf Bundesebene, wie gerade in Sachsen- Anhalt gebildet, nähme sich vermutlich dieses vor: höhere Einkommensteuer für Besserverdienende im Umfang der Ausfälle durch Abschaffung des Soli, leicht verschärfte Erbschaftsteuer, Mieterhöhungen auf Inflationsniveau gedeckelt, Aktienrente wie in Schweden.


Jamaika- Koalition

Mehr Geld für Kinder

Käme es diesmal tatsächlich zu einer Jamaika-Koalition, die vor vier Jahren nur sondiert worden war, stünden womöglich Punkte wie diese im Koalitionsvertrag: höhere Einkommensteuer für Besserverdienende im Umfang der Ausfälle durch Abschaffung des Soli, höherer Kinderfreibetrag, Aktienrente wie in Schweden, stärkerer Anstieg der CO2-Steuer (dafür keine Vermögensteuer), etwas schärfere Mietpreisbremse.


Ampel-Koalition

Aus für Soli Eine Ampelkoalition unter Olaf Scholz würde sich vermutlich auf diese Schritte verständigen: Der Soli wird abgeschafft, im Gegenzug höhere Steuersät- ze für höhere Einkommen, Abbau des Mittelstands- bauchs in der Steuerprogression, höhere lineare Abschreibung für mehr Wohnungsbau, Aktienrente wie in Schweden.


Kenia-Koalition

Aktienrente Eine Kenia-Koalition unter Führung Armin Laschets dürfte Vorhaben wie diese vorantreiben: anstelle einer Vermögensteuer höhere Steuersätze für höhere Einkommen, ein erst langfristiges Auslaufen des Solidaritätszuschlags, eine Art Schwedenrente (Aktienrente) und niedrigere Kappungsgrenzen bei Wohnungsmieten.


Glossar:

Rente mit 67

Union und SPD wollen die laufende stufenweise Anhebung des gesetzlichen Rentenalters (bis 67 im Jahr 2031) nicht antasten. Die Grünen halten es genauso, schränken aber ein: "Wir wollen es Beschäftigten leichter machen, selbst darüber zu entscheiden, wann sie in Rente gehen wollen." Die AfD möchte sogar, dass Berufstätige grundsätzlich selbst entscheiden, wann sie in Rente gehen. Die FDP sieht das ähnlich: Wer das 60. Lebensjahr vollendet hat und in der Summe über Alters- versorgungsansprüche verfügt, die mindestens auf dem Niveau der Grundsicherung liegen, soll selbst festlegen können, wie lange er noch arbeitet. Die Linke will die Rente mit 67 zurücknehmen und eine abschlagsfreie Rente ab 65 ermöglichen.

Gesetzliche Rentenversicherung

Die Union möchte das aktuelle System beibehalten, die SPD einen grundlegenden Umbau, indem "die Gesamtheit der Erwerbstätigen" aufgenommen wird. Ähnliche Ideen hegen Grüne und Linke. Davon hält die FDP nichts, sie will die Schwedenrente (siehe unten) so gestalten, dass sie die gesetzliche Rentenversicherung teilweise ersetzt. Die AfD will den Beamtenstatus auf hoheitliche Aufgaben beschränken. Damit würden Millionen der jetzigen Beamten in die gesetzliche Rente wechseln.

Schwedenrente

Der schwedische AP7-Aktienfonds hat kaum Gebühren, erzielt hohe Renditen und ist schon 60 Milliarden Euro schwer. Neben der gesetzlichen Rente investieren die Schweden 2,5 Prozent ihres Einkommens in diesen staatlichen Fonds, sofern sie das nicht ausdrücklich ablehnen (Opt-out) und ein anderes Produkt wählen. SPD, Grüne und FDP wollen einen ähnlichen Fonds und beziehen sich auf das schwedische Modell: Die SPD will Beiträge für kleine und mittlere Einkommen fördern, die FDP die Beiträge aus der gesetzlichen Rente abzweigen und 1.000 Euro Startbeitrag stellen, und die Grünen planen einen Fonds mit Fokus auf Nachhaltigkeit. Auch im Programm der Union finden sich Anklänge der Schwedenrente, sie spricht nur nicht explizit von einer Fondslösung.

Mietendeckel

Nach dem Vorbild des im April 2021 vom Bundesverfassungsgericht einkassierten Berliner Mietendeckels setzt sich ein solcher Deckel im Kern aus drei Komponenten zusammen: einem sofortigen Mietenstopp, von Stadt oder Land festgelegten Mietobergrenzen sowie Mietsenkungen im Wohnungsbestand, sofern die Obergrenzen um mehr als 20 Prozent überschritten werden. Ausgenommen sind Neubauten.

Mietpreisbremse

Sie wurde im Juni 2015 vom Bund eingeführt und wird in vielen Städten angewendet. Die Bremse betrifft keine Bestandsmieten, sondern einzig Neu- und Anschlussvermietungen. Die verlangte Miete darf höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete (Mietspiegel) liegen. Das soll hohe Aufschläge bei Mieterwechseln verhindern. Die Bremse wurde 2019 zum Zweck verbesserter Durchsetzbarkeit nachjustiert und bis 2025 verlängert. Neubauten und umfassend sanierte Wohnungen sind ausgenommen.

Kappungsgrenze

Dieser Klassiker zur Mietenregulierung betrifft Bestandsmieten und begrenzt Erhöhungen grundsätzlich auf maximal 20 Prozent binnen drei Jahren. Auf Wohnungsmärkten, die als angespannt gelten, liegt die Kappungsgrenze bei 15 Prozent innerhalb von drei Jahren. Die in ihren Wahlprogrammen genannten Mietregulierungspläne von SPD und Grünen zielen unter anderem de facto auf ein Absenken dieser Grenzen.

Schuldenbremse

Die Schuldenbremse wurde 2009 vor dem Hintergrund der Finanzkrise und der daraus folgenden hohen Staatsschulden beschlossen. Sie gilt seit 2011. Die grundgesetzlich verankerte Regelung sieht vor, dass die Haushalte der Länder gar keine Schulden aufnehmen dürfen und der Bund höchstens in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das entspricht etwa zehn Milliarden Euro im Jahr. Der Bundestag hat die Schuldenbremse wegen der Corona-Pandemie jedoch vorübergehend ausgesetzt. Andernfalls wären die viele Milliarden Euro großer Corona-Hilfspakete nicht zulässig gewesen.

Reichensteuer

Die Debatte über Sinn und Unsinn einer Reichensteuer krankt häufig an einer begrifflichen Unschärfe. Politiker, Bürger und Interessenverbände verstehen darunter bis zu vier verschiedene Abgaben: die Einkommensteuer, die Erbschaftsteuer, die Steuer auf Kapitalerträge und die Vermögensteuer. Letztere gab es zuletzt unter CDU-Kanzler Helmut Kohl. Wenn Steuerexperten von einer Reichensteuer sprechen, meinen sie den Höchststeuersatz von 45 Prozent (42 Prozent Spitzensteuer plus drei Prozentpunkte obendrauf). Dieser wird aktuell auf zu versteuernde Einkommen ab 274.613 Euro (Singles) oder 549 226 Euro (Verheiratete) fällig. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent wird schon ab einem zu versteuernden Einkommen von 57.919 Euro beziehungsweise 115.838 Euro fällig.










_________________________________

Bildquellen: AlexLMX / Shutterstock.com, Sean Gallup/Getty Images