Roland Klaus-Kolumne Roland Klaus

Widerrufsjoker: Letzte Chance für den Kredit-Widerruf nutzen!

11.05.16 09:47 Uhr

Widerrufsjoker: Letzte Chance für den Kredit-Widerruf nutzen! | finanzen.net

Nur noch wenige Wochen bleiben Immobilienbesitzern, um mit Hilfe des Widerrufsjokers aus ihrer Baufinanzierung auszusteigen und die niedrigen Zinsen für eine Umschuldung zu nutzen.

Für viele Verbraucher kommt der Kredit-Widerruf aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung in Frage - doch nur vergleichsweise wenige haben bislang davon Gebrauch gemacht.

Der sogenannte Widerrufsjoker, mit dessen Hilfe private Kreditnehmer aus ihren Baufinanzierungen aussteigen können, betrifft insbesondere Kredite, die zwischen Ende 2002 und 2011 abgeschlossen wurden. Spätere Verträge können zwar auch fehlerhaft sein, allerdings ist hier die Fehlerquote bei den Widerrufsinformationen deutlich geringer.

Angeblich sind im fraglichen Zeitraum zwischen 2002 und 2011 in Deutschland rund 10 Millionen private Baufinanzierungen abgeschlossen worden. Davon dürften mindestens 70 Prozent fehlerhafte Widerrufsbelehrungen beinhalten und damit angreifbar sein.

Doch obwohl der Gesetzgeber die Frist für die Nutzung des Widerrufsjokers bis zum 21. Juni beschränkt hat, schätzen Experten, dass bei höchstens zwanzig Prozent der in Frage kommenden Kredite bislang der Widerruf erklärt wurde. Oder anders gesagt: Rund 80 Prozent der Darlehensnehmer, die durch den Widerrufsjoker etliche tausend Euro sparen könnten, haben bislang von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht.

Woran liegt das? Nun, natürlich können wir über die detaillierten Beweggründe nur spekulieren. Allerdings zeigen unsere Erfahrungen bei der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) dass ein großer Teil der Immobilienkäufer noch gar nichts von dieser Möglichkeit weiß. Der Widerrufsjoker ist immer noch schlicht und einfach wenig bekannt. Andere wiederum schrecken vor den juristischen Kosten zurück, wobei wir hier bei der IG Widerruf mit einer auf Erfolgshonorar basierenden Mandatierung des Anwalts bzw. einer Prozessfinanzierung bereits Abhilfe schaffen konnten.

Bleibt die Gruppe derer, die zwar die Möglichkeit kennen, ihren Vertrag zu widerrufen, aber sich schlicht und einfach nicht aufraffen können - und ihre Aktivitäten hinausschieben. Dieser Gruppe kann ich nur zurufen: Wartet nicht zu lange! Und zwar aus drei Gründen: Zum einen zeigen unsere Erfahrungen bei der IG Widerruf, dass der Großteil der Vergleiche, die unsere Anwälte mit Banken schließen, keine rückwirkende Kompensation beinhalten. Das bedeutet: Die Ersparnisse, die ausgehandelt werden (beispielsweise eine deutliche Reduktion der Zinsen) gelten ab dem Zeitpunkt des Kompromisses für die noch offene Kreditlaufzeit.

Je länger sie also mit dem Widerruf eines Kredites warten, desto geringer wird ihr wirtschaftlicher Vorteil! Bei Darlehen, die nur noch wenige Monate Zinsbindung haben, lohnt sich der Widerruf eigentlich kaum noch. Zwar kann man hier noch auf die sogenannte Rückabwicklung spekulieren, die einen Schadensersatz für in der Vergangenheit zu viel bezahlte Zinsen bringen würde. Doch in der Praxis ist dies außergerichtlich selten zu erreichen. Und selbst vor Gericht arbeiten immer mehr Richter auf einen Vergleich hin, der rückwirkende Ansprüche unter den Tisch fallen lässt und Verbesserungen nur für die noch offene Vertragslaufzeit vorsieht.

Der zweite Grund besteht darin, dass der Gesetzgeber eine Neuregelung des Gesetzes für Immobilienkredite beschlossen hat. Damit gilt der Widerrufsjoker nur noch für wenige Wochen nutzbar. Wer sein Darlehen nicht bis zu 21. Juni widerrufen hat, verliert diese Möglichkeit definitiv! Dies gilt für Darlehen, die bis Juni 2010 abgeschlossen wurden. Bereits jetzt deutet sich ein Sturmlauf auf die wenigen kompetenten Fachanwälte an. Hier sollte man also nicht auf den letzten Drücker handeln.

Der dritte Grund, warum Sie möglichst schnell aktiv werden sollten, ist die Zinssituation. Denn der wirtschaftliche Vorteil des Widerrufsjokers ist umso größer, je niedriger die Zinsen sind. Eigentlich kann man sagen, dass Ihre potentielle Ersparnis aus der Differenz besteht, die sich aus ihrem Vertragszins (beispielsweise 5 Prozent) und dem aktuellen Hypothekenzins (etwa 1,1 bis 1,5 Prozent) ergibt. Aktuell würden Sie also mindestens 3,5 Prozent Ihrer Kreditsumme im Jahr einsparen. Je mehr allerdings der aktuelle Bauzins steigt, desto geringer wird diese Ersparnis.

Nun weiß ich natürlich nicht, wie sie die aktuelle Zinssituation einschätzen. Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass wir noch einen weiteren deutlichen Zinsrückgang sehen werden. Hingegen halte ich die Gefahr einer Zinssteigerung, wie wir sie ansatzweise in den vergangenen Monaten schon gesehen haben, für durchaus gegeben. Warten Sie also noch länger und steigen in dieser Zeit die Zinsen an, so haben sie sich gleich doppelt ins eigene Fleisch geschnitten: Einerseits sinkt die Dauer der verbleibenden Zinsbindung mit jeden Tag. Andererseits mindert der steigende Zins ihre Zinsersparnis.

Es spricht also alles dafür, den Start in den Widerrufsjoker nicht auf die lange Bank zu schieben. Zumal am Anfang auch noch keine Kosten entstehen. Denn die Prüfung des Kreditvertrages auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung ist bei den Anwälten der IG Widerruf unter www.widerruf.info kostenlos und unverbindlich. Erst wenn sie sich nach dieser kostenlosen Ersteinschätzung entscheiden, mit anwaltlicher Unterstützung gegen Ihre Bank vorzugehen, fallen moderate Gebühren oder ein Erfolgshonorar an.

Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“. Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.