Widerrufsjoker: Kredit-Widerruf auch bei KfW-Darlehen nach Juni 2010 möglich
KfW-Darlehen werden seit Juni 2010 nicht mehr als private Verbraucherdarlehen eingestuft. Daher greift dort der sogenannte Widerrufsjoker, also der Widerruf aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrung, in der Regel nicht. Doch es gibt auch Ausnahmen.
Mit der Neuregelung von privaten Immobilienkrediten Mitte 2010 hat der Gesetzgeber auch eine wichtige Änderung für Förderdarlehen, insbesondere für Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), vorgenommen. Diese gelten seitdem nicht mehr als private Verbraucherkredite. Das hat Auswirkungen für die Widerrufsmöglichkeiten dieser Darlehen. Denn anders als bei "normalen" Baufinanzierungen hat der Kunde bei KfW-Krediten, die nach Juni 2010 abgeschlossen worden sind, kein Widerrufsrecht mehr. Deshalb haben die Kreditinstitute diesen Darlehen auch häufig keine Widerrufsbelehrung mehr beigefügt, deren Fehlerhaftigkeit dazu führen könnte, dass der sogenannte Widerrufsjoker greift.
Doch es gibt eine wichtige Ausnahme. Diese greift dann, wenn das Förderdarlehen im sogenannten Fernabsatz geschlossen wurde. Das ist dann der Fall, wenn der Kunde den Kreditvertrag nicht in den Räumen der Bank unterschrieben hat. Ein Fernabsatzgeschäft liegt dann vor, wenn der Kunde das Darlehen beispielsweise bei einer Direktbank abgeschlossen hat. Dann bekommt er die Darlehensunterlagen entweder postalisch oder per E-Mail zugeschickt, unterschreibt diese und schickt sie wieder zurück. Das ist gängige Praxis bei großen Baufinanzierern wie beispielsweise der ING Diba oder der DSL.
Liegt ein solches Fernabsatzgeschäft vor, dann muss dem privaten Verbraucher auf jeden Fall ein Widerrufsrecht eingeräumt werden - auch bei einem Förderdarlehen. Denn das sogenannte Fernabsatzrecht greift auch dann, wenn es sich bei den Darlehen nicht um einen privaten Verbraucherkredit handelt. Es handelt sich um das gleiche Widerrufsrecht, das auch dann gilt, wenn Kunden beispielsweise über das Internet Elektronikartikel oder Kleidung kaufen. Der Verbraucher steht hier unter besonderem Schutz, weil er beispielsweise nicht die Möglichkeit hat, offene Fragen direkt mit einem Verkäufer zu klären. Und hier kommt der Widerrufsjoker wieder ins Spiel.
Die Erfahrungen der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) zeigen, dass einige Kreditinstitute, die KfW Darlehen im Fernabsatz vermittelt haben, die Kunden falsch über ihr Widerrufsrecht belehrt haben. In manchen Fällen wurde schlicht und einfach die Widerrufsbelehrung für Verbraucherkredite benutzt. Diese unterscheidet sich jedoch von den Regelungen im Fernabsatzrecht. Manche Kreditinstitute haben den KfW-Darlehen überhaupt keine Widerrufsbelehrung mehr beigefügt - offenbar in der Annahme, dass dies nicht mehr nötig sei. Das ist ein Fehler - denn wie gesagt ist es im Fernabsatz unerheblich, ob der Kredit ein privates Verbraucherdarlehen ist oder nicht.
Für Immobilienbesitzer, die ab Juni 2010 ein KfW-Darlehen im Fernabsatz abgeschlossen haben, bietet sich daher mit Hilfe des Widerrufsjokers die Möglichkeit, aus diesem Kredit auszusteigen und die aktuellen niedrig Zinsen für eine Umschuldung zu nutzen. Die Interessengemeinschaft Widerruf bietet Verbrauchern unter www.widerruf.info eine kostenlose Prüfung solcher Darlehen an. Erfahrene Rechtsanwälte sagen ihnen dabei, ob ihr Darlehensvertrag angreifbar ist. Ist dies der Fall, dann zeigen ihnen die Experten auch den Weg zum erfolgreichen Widerruf.
Da die Rechtsprechung in diesem Bereich noch recht dünn ist, gehen wir bei Interessengemeinschaft Widerruf davon aus, dass nur wenige Kreditinstitute außergerichtlich einer vorzeitigen Beendigung des Förderdarlehens zustimmen werden. Vermutlich wird daher zur Durchsetzung des Widerrufs eine gerichtliche Klage nötig sein. Im Zuge der kostenlosen Prüfung schauen wir uns daher auch an, ob eine Rechtsschutzversicherung die bei einem Gerichtsverfahren entstehenden Kosten trägt.
Verbraucher, die nach Juni 2010 eine Baufinanzierung unter Zuhilfenahme eines Förderdarlehens abgeschlossen haben, sollten daher auf jeden Fall prüfen, ob der Widerrufsjoker auch in ihrem Fall greift.
Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“. Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info
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