Roland Klaus-Kolumne Roland Klaus

Widerrufsjoker: Gute Chancen für Widerruf bei der Degussa Bank

06.06.17 08:36 Uhr

Widerrufsjoker: Gute Chancen für Widerruf bei der Degussa Bank | finanzen.net

Etliche Banken haben in Baufinanzierungen fehlerhafte Darlehensverträge verwendet, die die Kredite angreifbar machen. Dadurch können Kunden mit einem Widerruf vorzeitig aus einer laufenden Hypothek aussteigen und viel Geld sparen - der sogenannte Widerrufsjoker greift. Ein besonders krasses Beispiel zeigen wir Ihnen hier: die Degussa Bank.

Wo Immobilienbesitzer besonders gute Chancen haben, haben wir im Blog der Interessengemeinschaft Widerruf unter www.widerruf.info mehrfach dargestellt. Heute soll es um eine kleinere Bank gehen, die aber dennoch im Baufinanzierungsgeschäft ein ordentliches Wörtchen mitredet: die Degussa-Bank aus Frankfurt am Main.

Nach unseren Erfahrungen hat die Degussa Bank bei der Erstellung ihrer Kreditverträge besonders geschlampt und damit dem Widerrufsjoker Tür und Tor geöffnet: Bei älteren Darlehen bis 2010 (die mittlerweile aufgrund einer Gesetzesänderung nicht mehr widerrufbar sind) gehört die Degussa Bank zu den Kreditinstituten mit der höchsten Fehlerquote. Das setzt sich nahtlos fort bei Darlehen ab Juni 2010, die von den Kunden bei entsprechenden Fehlern auch heute noch widerrufen werden können. Auch hier gehört die Degussa Bank zu den aussichtsreichsten Fällen, was die Durchsetzung des Widerrufsjokers angeht.

So ist uns jüngst ein Darlehen aus Ende 2010 zur Prüfung eingereicht worden, das gravierende Fehler aufweist. In dem Kredit wird eine Widerrufsbelehrung verwendet, die vom Gesetzgeber nur bis Juni 2010 vorgegeben war. Damit fehlen sämtliche, sehr wesentlichen Änderungen für die Gestaltung eines privaten Kredits, die in einer Gesetzesänderung ab Juni 2010 vorgeschrieben sind. Im Klartext: Hier hat die Degussa Bank also über mehrere Monate geschlafen!

Auch in späteren Krediten haben sich wesentliche Fehler eingeschlichen: So fehlt - ähnlich wie bei der ING Diba - in zahlreichen Fällen die Darlehenslaufzeit bis zur vollständigen Tilgung der Baufinanzierung. Dies ist aber eine Pflichtangabe, ohne die die übliche Widerrufsfrist von 14 Tage nicht zu laufen beginnt. Das bedeutet: Auch Jahre nach Abschluss kann der Kunde noch den Widerruf erklären und die Rückabwicklung seines Darlehens fordern.

Für das oben erwähnte Darlehen aus Ende 2010 bedeutet das beispielsweise folgendes: Eigentlich ist der Kunde noch bis Ende 2020 an seinen Zinssatz von fast vier Prozent gebunden. Durch den Widerruf kann er jedoch nun 3,5 Jahre früher aus dem Darlehen aussteigen und in eine andere Finanzierung wechseln, die ihn geschätzt nur noch 1,5 Prozent Zins kostet. Pro 100.000 Euro Kreditsumme ergibt sich damit eine Ersparnis von 2.500 Euro jährlich! Zusätzlich schuldet ihm die Bank noch eine Verzinsung sämtlicher Zins- und Tilgungsleistungen seit Darlehensbeginn. Auch das addiert sich noch einmal zu einer ordentlichen Summe.

Fazit: Baufinanzierungen bei der Degussa Bank sind mit Blick auf den sogenannten Widerrufsjoker sehr aussichtsreich. Ein eigenmächtiges Vorgehen des Kunden ist in der Regel jedoch wenig sinnvoll, da die Degussa Bank die Ansprüche in der Regel zurückweist. Verbraucher sollten daher zunächst ihren Kreditvertrag kostenlos und unverbindlich bei der Interessengemeinschaft Widerruf unter www.widerruf.info prüfen lassen. Im Zuge dieser Prüfung erfahren sie nicht nur, ob der eigene Darlehensvertrag angreifbar ist, sondern auch, wie die konkreten nächsten Schritte zur Umsetzung des Widerrufsjokers aussehen und welche Kosten damit verbunden wären.

Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“. Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info

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