Roland Klaus-Kolumne Roland Klaus

Widerrufsjoker: Deshalb ist der Kredit-Widerruf so wertvoll wie nie

18.04.16 12:43 Uhr

Widerrufsjoker: Deshalb ist der Kredit-Widerruf so wertvoll wie nie | finanzen.net

Jetzt ist es passiert. Die Umlaufrendite deutscher Bundesanleihen ist erstmals auf Null gefallen.

Und mit den Staatspapieren sinken auch die Zinsen für Baufinanzierungen. Das macht den Widerrufsjoker besonders lukrativ. Warum? - Lesen Sie hier.

Wer eine falsche Widerrufsbelehrung in seinem Kreditvertrag hat, der kann seinen Kreditvertrag auch Jahre nach Abschluss noch widerrufen und damit aus einem teuren Kredit aussteigen: Das ist der Kern des sogenannten Widerrufjokers, der seit gut zwei Jahren durch die Medien geht und auch zur Gründung der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) geführt hat.

Seinerzeit haben wir davon gesprochen haben, dass man die Zinskosten für seinen Immobilienkredit halbieren kann. Das klang damals schon sehr gut, für den einen oder anderen sogar unglaubwürdig. Zahlreiche Vergleiche, die die Nutzer der IG Widerruf inzwischen erzielt haben, belegen jedoch die Richtigkeit. Mittlerweile ist diese Aussage aber sogar untertrieben. Inzwischen gehen die Vorteile nämlich eher in Richtung einer Reduzierung der Zinsen um zwei Drittel, teilweise auch darüber hinaus. Der Widerrufsjoker wird also jeden Tag lukrativer!

Grund dafür sind die weiter gesunkenen Zinsen. Vor zwei Jahren lag die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen bei ca. 1,6 Prozent. Heute liegt sie bei 0,1 Prozent. Diesen Rückgang haben - fast - auch die Zinsen für Baufinanzierungen nachvollzogen. Wer heute also aus einem Immobilienkredit aussteigt, für den er 5 Prozent Zinsen bezahlt, der zahlt für seine Anschlussfinanzierung nicht mehr 2,5 Prozent wie Anfang 2014, sondern nur noch etwa 1,2 bis 1,5 Prozent. Der wirtschaftliche Vorteil eines erfolgreichen Ausstiegs aus einem Kredit ist also so groß wie noch nie.

Dieser Effekt führt im Gegenzug auch dazu, dass die Vorfälligkeitsentschädigungen, die man für die vorzeitige Beendigung eines Kredits (also ohne Widerrufsjoker) bezahlen muss, so hoch sind wie nie zuvor. Denn die Vorfälligkeitsentschädigung ist das Spiegelbild der stark gesunkenen Zinsen seit Abschluss des Kredits. Je stärker die Zinsen zurückgegangen sind, desto höher ist die Entschädigung, die an die Bank zu zahlen ist. Wer heute beispielsweise einen Kreditvertrag aus 2011, für den er einen Zins von 4,0 Prozent bezahlt, vorzeitig beenden will, der zahlt fast 20 Prozent der noch offenen Kreditsumme. Bei einer Restschuld von 200.000 Euro sind das also satte 40.000 Euro. Dieses Geld kann sparen, wer über den Widerrufsjoker aus seinem Kredit aussteigt.

Allerdings gibt es drei Gründe, sich zu beeilen: Erstens ist es unwahrscheinlich, dass die Zinsen weiter sinken. Der maximale Vorteil des Widerrufsjokers dürfte also inzwischen erreicht sein. Zweitens ist jeder Tag, den Sie in Ihrem teuren Kredit verharren, ein verlorener Tag. Denn der wirtschaftliche Vorteil nimmt natürlich ab, je später Sie den Widerruf erklären. Beträgt die verbleibende Zinsbindung Ihres Darlehens noch fünf Jahre, so ist der Betrag, den Sie sparen können, wenn Sie die Bank aus einem Kredit entlässt, doppelt so hoch wie bei einer verbleibenden Zinsbindung von 2,5 Jahren.

Und drittens hat der Gesetzgeber die Nutzung des Widerrufsjokers zeitlich befristet. Kredite, die bis Juni 2010 abgeschlossen wurden, können nur noch bis zum 21. Juni 2016 widerrufen werden. Danach verfällt diese Möglichkeit unwiderruflich.

Ein erster Schritt ist die Prüfung Ihres Kreditvertrags durch erfahrene Fachanwälte. Die IG Widerruf (www.widerruf.info) leitet Ihre Unterlagen gerne zur kostenlosen Prüfung durch unabhängige Anwälte weiter, die ihnen anschließend auch als juristischer Beistand bei der Umsetzung des Widerrufs zur Seite stehen, wenn sich zeigt, dass ihr Vertrag Fehler aufweist. Denn nach wie vor gilt: In der Regel bewegen sich die Kreditinstitute erst dann, wenn der Kunde durch einen Anwalt signalisiert, dass er wirklich entschlossen ist, auf seinem Recht zu beharren.

Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“. Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info

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