Roland Klaus-Kolumne Roland Klaus

VW Schadensersatz: Wie gut sind die Chancen bei einer Klage für Anleger und Aktionäre?

19.01.17 09:14 Uhr

VW Schadensersatz: Wie gut sind die Chancen bei einer Klage für Anleger und Aktionäre? | finanzen.net

Wenn Mitglieder des Volkswagen-Vorstands tatsächlich bereits 2012 von den Abgasmanipulationen gewusst haben, dann erhöht dies die Chancen für deutsche Aktionäre auf Schadensersatz für Kursverluste mit ihrer Aktie.

Erstmal können Anleger mit Hilfe der Interessengemeinschaft Widerruf auch ohne Kostenrisiko klagen - allerdings sollten Sie sich beeilen.

Volkswagen-Aktionäre, die im Zuge der Abgasmanipulationen Kursverluste mit ihren Papieren hinnehmen mussten, sollten die aktuellen Medienberichte genau verfolgen. Stellt sich nämlich heraus, dass Mitglieder des VW Vorstands bereits 2012 oder zumindest 2014 von den Abgasmanipulationen wussten, dann steigen auch für deutsche Anleger die Chancen, vor Gericht Schadensersatz zu erhalten, deutlich. Für das demnächst in Braunschweig beginnende Musterverfahren dürfte es nämlich entscheidend sein, ob man nachweisen kann, dass die Volkswagen-Unternehmensführung schon lange vor Bekanntgabe im September 2015 von den Tricks mit der Abgas-Software wusste. Im Idealfall gelingt der Nachweis, dass die VW-Spitze nicht nur von den hauseigenen Manipulationen, sondern auch von den Ermittlungen der US-Behörden frühzeitig wusste. Spätestens in diesem Fall hätte der Vorstand diesen Sachverhalt dem Kapitalmarkt ad hoc melden müssen, da er als relevant für eine größere Aktienkursbewegung einzuschätzen ist.

Gelingt der Nachweis?

Indem sie diese Mitteilung unterlassen haben, machen sich die Vorstände mit hoher Wahrscheinlichkeit nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) schadensersatzpflichtig gegenüber ihren Aktionären. Bisher gehen Experten davon aus, dass es gelingen wird, den Nachweis zu führen, dass beispielsweise VW-Vorstandschef Winterkorn ab Mitte 2014 von den Abgasmanipulationen wusste. Somit hätten Aktionäre, die nach diesem Zeitpunkt ihre Papiere gekauft haben und sie bis zur offiziellen Veröffentlichung (und dem dadurch ausgelösten Kurseinbruch der VW-Aktie) gehalten haben, sehr gute Chancen auf Schadensersatz.

Gelingt nun aber mithilfe der US-Ermittler der Nachweis, dass die Vorgänge bereits 2012 bekannt waren und gemeldet hätten müssen, dann erweitert sich der Schadensersatzanspruch möglicherweise auf Anleger, die die Papiere bereits zu diesem Zeitpunkt erworben haben.

Für Privatanleger, die in Volkswagen-Aktien investiert haben, gibt es nun mehrere Möglichkeiten, sich an dem kommenden Musterverfahren zu beteiligen. Dabei muss man abwägen, ob man den günstigsten oder den aussichtsreichsten Weg gehen will.

Die besten Chancen

Die besten Aussichten haben aus derzeitiger Sicht Anleger, die VW-Aktien nach dem 1. Juni 2014 gekauft haben und diese am 18. September 2015 im Depot hatten. Wer seine Chancen weiter steigern will, verzichtet darauf, seinen individuellen Kursschaden geltend zu machen und setzt auf den sogenannten Kursdifferenzschaden. Das ist der Kursverlust, den die VW-Aktien im unmittelbaren Umfeld der Veröffentlichung der Untersuchungen der US-Behörden hinnehmen mussten. Dieser Kursdifferenzschaden beträgt rund 60 Euro je Aktie. Vorteil dieser Vorgehensweise: Der Anleger muss nicht nachweisen, dass er die Aktien nicht gekauft hätte, wenn er von den Manipulationen gewusst hätte. An dieser Beweispflicht sind in der Vergangenheit viele Anlegerklagen auf Schadensersatz gefunden.

Mögliche Vorgehensweisen

Im Mai 2017 greift die Verjährungsfrist, weil dann drei Jahre seit dem Zeitpunkt vergangen sind, zu dem der VW-Vorstand vermutlich über die Manipulationen Bescheid wusste. Anleger sollten spätestens bis dahin aktiv werden. Dafür gibt es drei Möglichkeiten: eine individuelle Klage (die dann in der Musterklage aufgeht), eine Anmeldung zum Musterverfahren oder eine Klage im Rahmen einer Prozessfinanzierung mit Hilfe der Interessengemeinschaft Widerruf. Die ersten beiden Möglichkeiten verursachen ein Kostenrisiko: Geht der Prozess verloren, dann macht der Anleger hier einen Verlust. Die eigene Klage ist günstiger als der Anmeldung. Dafür bekommt man bei der Klage das Geld vom Beklagten, also von VW, zurück, wenn der Fall gewonnen wird.

Kein Kostenrisiko

Wer das Kostenrisiko vermeiden will, der wählt die dritte Variante, nämlich die Prozessfinanzierung. Diese bietet die Interessengemeinschaft Widerruf unter www.widerruf.info/vw erstmals bei einer Anlegerklage in Deutschland an. Hier werden die Kosten für Anwalt und Klage von einem Prozessfinanzierer übernommen. Im Gegenzug zahlt der Anleger ein Erfolgshonorar von 33 Prozent des Schadensersatzes, den er bei erfolgreicher Klage erhält. Geht die Klage verloren, hat der Anleger zwar nichts gewonnen - aber er hat auch keinerlei Kosten. Voraussetzung für die Prozessfinanzierung ist, dass der Anleger mindestens 100 VW-Aktien nach 1. Juni 2014 gekauft hat und diese am 18. September 2015 im Depot gehalten hat.

Die schlechteste Alternative

Nichtstun ist für Anleger die schlechteste Alternative. Wer beispielsweise aus moralischen Gründen davor zurückschreckt, "sein" Unternehmen zu verklagen, der schneidet sich ins eigene Fleisch. Denn klar ist, dass die großen Anleger (Investmentfonds, Pensionskassen) allesamt klagen - dazu sind die Chancen zu gut. Wer also hier zögert und gleichzeitig die VW-Aktie behält, der finanziert den Großanlegern (wahrscheinlich) den Schadensersatz und verzichtet gleichzeitig auf sein gutes Recht.

Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“. Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info

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