Roland Klaus-Kolumne Roland Klaus

VW-Musterverfahren: Wie sich Privatanleger mit einer Schadensersatzklage wegen der Abgasaffäre beteiligen

10.08.16 09:27 Uhr

VW-Musterverfahren: Wie sich Privatanleger mit einer Schadensersatzklage wegen der Abgasaffäre beteiligen | finanzen.net

Jetzt steht es fest: Die Schadensersatzklagen von Anlegern gegen Volkswagen wegen der Abgasaffäre (Dieselgate) werden im Rahmen eines Musterverfahrens entschieden. Das hat das Landgericht Braunschweig nun entschieden.

Allerdings wird das Musterverfahren erst im vierten Quartal beginnen. Wer solange wartet, verschlechtert seine Chancen. Die Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info/vw) bietet betroffenen Anlegern die Möglichkeit, die individuellen Chancen auf Schadensersatz zu prüfen und ihr Recht ohne Kostenrisiko durchzusetzen.

Für Privatanleger, die in Volkswagen-Aktien investiert haben, gibt es nun mehrere Möglichkeiten, sich an dem kommenden Musterverfahren zu beteiligen. Dabei muss man abwägen, ob man den günstigsten oder den aussichtsreichsten Weg gehen will.

Die besten Chancen

Die besten Aussichten haben Anleger, die VW-Aktien nach September 2013 gekauft haben und diese am 18. September 2015 im Depot hatten. Denn in diesem Zeitraum wusste das VW-Management nachweislich von den Abgasmanipulationen, ohne diesen Sachverhalt jedoch den Finanzmärkten mitzuteilen. Wer seine Chancen weiter steigern will, verzichtet darauf, seinen individuellen Kursschaden geltend zu machen und setzt auf den sogenannten Kursdifferenzschaden. Das ist der Kursverlust, den die VW-Aktien im unmittelbaren Umfeld der Veröffentlichung der Untersuchungen der US-Behörden hinnehmen mussten. Dieser Kursdifferenzschaden beträgt rund 60 Euro je Aktie. Vorteil dieser Vorgehensweise: Der Anleger muss nicht nachweisen, dass er die Aktien nicht gekauft hätte, wenn er von den Manipulationen gewusst hätte. An dieser Beweispflicht sind in der Vergangenheit viele Anlegerklagen auf Schadensersatz gefunden.

Mögliche Vorgehensweisen

Am 19. September 2016 greift bereits eine erste Verjährungsfrist, die die Chancen auf Schadensersatz einschränkt. Juristen sind sich uneinig, wie relevant dieses Datum wirklich ist. Doch klar ist: Da die Musterklage erst im vierten Quartal beginnen wird, müssen Anleger vor dem 19. September selbst aktiv werden, um die optimalen Chancen zu wahren und die Verjährung zu vermeiden. Dafür gibt es drei Möglichkeiten: eine individuelle Klage (die dann in der Musterklage aufgeht), ein gerichtlicher Mahnbescheid oder eine Klage im Rahmen einer Prozessfinanzierung. Die ersten beiden Möglichkeiten verursachen ein Kostenrisiko: Geht der Prozess verloren, dann macht der Anleger hier einen Verlust. Die eigene Klage ist etwas günstiger als der Mahnbescheid. Dafür bekommt man bei der Klage das Geld vom Beklagten, also von VW, zurück, wenn der Fall gewonnen wird.

Kein Kostenrisiko

Wer das Kostenrisiko vermeiden will, der wählt die dritte Variante, nämlich die Prozessfinanzierung. Diese bietet die Interessengemeinschaft Widerruf unter www.widerruf.info/vw erstmals bei einer Anlegerklage in Deutschland an. Hier werden die Kosten für Anwalt und Klage von einem Prozessfinanzierer übernommen. Im Gegenzug zahlt der Anleger ein Erfolgshonorar von 33 Prozent des Schadensersatzes, den er bei erfolgreicher Klage erhält. Geht die Klage verloren, hat der Anleger zwar nichts gewonnen - aber er hat auch keinerlei Kosten. Voraussetzung für die Prozessfinanzierung ist, dass der Anleger mindestens 100 VW-Aktien nach September 2013 gekauft hat und diese am 18. September 2015 im Depot gehalten hat. Und er muss schnell aktiv werden: Denn das Angebot der Prozessfinanzierung gibt es wegen der drohenden Verjährung nur bis Ende August 2016.

Die schlechteste Alternative

Nichtstun ist für Anleger die schlechteste Alternative. Zwar kann man sich auch nach Beginn des Musterverfahrens noch dieser Klage anschließen. Das wäre der kostengünstigste Weg. Allerdings mindert die Verjährung am 19. September die Chancen beträchtlich, auch wenn sie nicht alle Aussichten zerstört. Wer zudem aus moralischen Gründen davor zurückschreckt, "sein" Unternehmen zu verklagen, der schneidet sich ins eigene Fleisch. Denn klar ist, dass die großen Anleger (Investmentfonds, Pensionskassen) sich der Klage anschließen werden - dazu sind die Chancen zu gut. Wer also hier zögert und gleichzeitig die VW-Aktie behält, der finanziert den Großanlegern (wahrscheinlich) den Schadensersatz und verzichtet gleichzeitig auf sein gutes Recht.

Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“. Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.