Roland Klaus-Kolumne Roland Klaus

Keine Kompromisse: Sparkassen-Kunden sollten Rückabwicklung mit dem Widerrufsjoker durchsetzen

24.10.16 09:50 Uhr

Keine Kompromisse: Sparkassen-Kunden sollten Rückabwicklung mit dem Widerrufsjoker durchsetzen | finanzen.net

Gut drei Monate ist es her, dass der Bundesgerichtshof eine weit verbreitete Widerrufsbelehrung der Sparkassen aus den Jahren 2003 bis 2008 für ungültig erklärt hat.

Zahlreiche Verbraucher haben inzwischen mit Hilfe der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) die Rückabwicklung ihres Darlehens mit dem Widerrufsjoker durchgesetzt. Etliche Sparkassen weigern sich allerdings immer noch, das Urteil umzusetzen. Das sollten Kreditnehmer nicht akzeptieren - denn die Zeit für Kompromisse ist vorbei.

In dem Urteil ging es um eine Widerrufsbelehrung, die Fußnoten beinhaltet, in denen es unter anderem heißt "Bitte Frist im Einzelfall prüfen". Der BGH hatte im Juli entschieden (Az. XI ZR 564/15), dass diese Widerrufsbelehrung ungültig sei. Dies liege daran, dass es in dem Text heißt, die Widerrufsfrist beginne "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung...". Dies sei für den Verbraucher verwirrend und unklar. Zum anderen können sich die Bank aufgrund der Fußnoten auch nicht darauf berufen, den Mustertext des Gesetzgebers verwendet zu haben. Aufgrund dieser Tatsache fängt die übliche 14tägige Widerrufsfrist nicht zu laufen an. Der Widerrufsjoker greift also. Damit sind solche Darlehen auch Jahre nach Abschluss noch widerrufbar und müssen rückabgewickelt werden.

Dennoch wenden sich immer noch viele Verbraucher an die IG Widerruf (www.widerruf.info), die uns davon berichten, dass ihre Sparkasse dieses Urteil ignoriert und sich einer Rückabwicklung widersetzt. Meistens wird dabei behauptet, dass das Urteil nicht anzuwenden sein. Besonders dreiste Banken argumentieren sogar mit älteren Urteilen aus unteren Instanzen, die die Widerrufsbelehrung als korrekt eingeschätzt haben. Diese Urteile gibt es tatsächlich, allerdings sind sie durch das Urteil des BGH nicht mehr relevant.

Andere Sparkassen lehnen zwar die Rückabwicklung ab, bieten aber Kompromissvorschläge an, die beispielsweise eine vorzeitige Auflösung des Darlehens oder eine Absenkung der Zinsen vorsehen. Um es klar zu sagen: Solche Kompromissvorschläge sind in der Regel nicht ausreichen. Kreditnehmer der Sparkassen sollten daher jetzt keine faulen Kompromisse mit den Banken eingehen. Der BGH hat hier Fakten rund um den Widerrufsjoker geschaffen, denen auch die Banken ins Gesicht sehen müssen.

Dies gilt zumindest für alle Darlehen mit der fraglichen Widerrufsbelehrung, die heute noch laufen. Sind die Darlehen dagegen schon beendet, so droht das Argument der Verwirkung. Leider hat es der BGH in seinem jüngsten Urteil offen gelassen, wann genau ein Widerrufsrecht bei einem bereits beendeten Darlehen verwirkt sein kann. Deshalb gibt es hier ein Restrisiko, das der Verbraucher genau abwägen sollte.

Die Interessengemeinschaft Widerruf prüft entsprechende Fälle kostenlos und unverbindlich. Wir sagen Ihnen dabei, ob ein vorliegendes Angebot der Bank akzeptabel ist oder nicht. Zudem bieten wir für eindeutige Fälle, bei denen die Bank sich einer Rückabwicklung widersetzt, eine sogenannte Prozessfinanzierung an. In diesen Fällen übernimmt ein Prozessfinanzierer sämtliche Kosten für einen Rechtsstreit. Im Gegenzug erhält er ein prozentuales Erfolgshonorar. Gelingt wider Erwarten kein Erfolg, so haben Sie also keinerlei Kosten. Voraussetzung für dieses Vorgehen ist jedoch, dass der Kredit vor dem 22. Juni 2016 wirksam widerrufen wurde.

Das jüngste BGH-Urteil verschafft insbesondere Sparkassen-Kunden hervorragende Chancen rund um den Widerrufsjoker. Sie sollten daher keine faulen Kompromisse eingehen. Wenn Sie ein Sparkassen-Darlehen aus dem Zeitraum 2003 bis 2009 haben und unsicher sind, wie Sie damit umgehen sollten, hilft Ihnen die Interessengemeinschaft Widerruf unter www.widerruf.info bei der Einschätzung.

Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“. Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info

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