Diesel-Skandal/Abgasmanipulation: Mit diesem Trick schlagen Sie VW ein Schnippchen
Viele Volkswagen-Kunden empfinden dies als Skandal: Während US-Kunden ihre manipulierten Diesel-Fahrzeuge zurückgeben können, schauen deutsche Kunden in die Röhre. Doch es gibt einen Weg, die Rückabwicklung trotzdem zu erzwingen - unter einer Bedingung.
Viele tausend Autobesitzer, die ihr Fahrzeug auf Kredit gekauft oder geleast haben, haben die Möglichkeit, das Auto an den Hersteller zurückzugeben - und zwar, ohne dass sie für die Zeit, in der sie das Auto gefahren haben, eine Nutzungsentschädigung zahlen müssen. Grund sind Fehler in den Kreditverträgen, die einen nachträglichen Widerruf des Darlehens ermöglichen. Damit wird auch der Kauf des Kfz rückgängig gemacht, da beide Verträge (Kreditvertrag und Kaufvertrag des Autos) zusammenhängen.
Wie die Interessengemeinschaft Widerruf herausgefunden hat, weisen beispielsweise Kreditverträge des Volkswagen-Konzerns (VW Bank, Audi Bank, Skoda Bank, SEAT Bank) zahlreiche Fehler auf. Das ist besonders deswegen interessant, weil VW-Fahrzeuge von den Diesel-Abgasmanipulationen betroffen sind und dadurch rasant an Wert verloren haben.
Allerdings weigert sich Volkswagen, deutschen Verbrauchern ein faires Rückgaberecht für das Fahrzeug einzuräumen. Anders in den USA: Dort konnten amerikanische Käufer nicht nur ihr Fahrzeug kostenlos zurückgeben, sondern erhielten sogar noch einen Schadensersatz für die Abgasmanipulationen. In Deutschland bleibt den Volkswagen-Kunden nichts anderes übrig, als über Umwege ihr Recht zu bekommen. In diesem Fall ist dies der Weg über den Darlehensvertrag.
Besonders interessant ist, dass diese Möglichkeit allen Verbrauchern offensteht, die seit 2014 ein Kfz gekauft und finanziert bzw. geleast haben. Die Möglichkeit des Kreditwiderrufs ist also nicht auf Kunden des VW-Konzerns beschränkt und schon gar nicht auf Käufer von Diesel-Fahrzeugen. Auch andere Kreditverträge beispielsweise von Opel, Daimler, Renault, Peugeot, BMW oder anderen Marken weisen ebenfalls Fehler auf uns können daher von Verbrauchern angegriffen werden.
Doch zurück zu Volkswagen. Die Anwälte der Interessengemeinschaft Widerruf haben sich an einem beispielhaften Darlehensvertrag einmal angeschaut, welche Fehler die Wolfsburger gemacht haben. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass der Gesetzgeber für Verbraucherkredite (dazu gehören die Autodarlehen) sogenannte Pflichtangaben definiert hat. Diese Pflichtangaben muss das Kreditinstitut (in diesem Fall also die Autobank) dem Verbraucher beim Abschluss eines Darlehens liefern.
Macht die Bank hier einen Fehler, so führt dies dazu, dass die normalerweise 14-tägige Widerrufsfrist für den Kredit nicht zu laufen beginnt. Die Folge: Der Verbraucher kann ein solch fehlerhaftes Darlehen auch Jahre nach Abschluss noch widerrufen. Der Widerruf führt dazu, dass nicht nur der Kredit, sondern auch der Kauf des Automobils rückabgewickelt werden. Das bedeutet im Einzelnen: - Der Verbraucher gibt sein Auto an den Händler zurück. - Die Bank zahlt sämtliche bereits geleisteten Tilgungszahlungen zurück. - Die Restschuld des Darlehens erlischt, der Käufer schuldet der Bank also nichts mehr.
Lediglich die Zinszahlungen darf die Bank behalten. Aber diese fallen bei Kfz-Darlehen in der Regel nicht weiter ins Gewicht, da es sich zumeist um subventionierte Kredite mit Minizinsen handelt.
Konkret sind uns bei Volkswagen beispielsweise in einem Kredit aus 2015 folgende Fehler in Zusammenhang mit Pflichtangaben aufgefallen: - Art des Darlehens: VW-Bank nennt die Art des Darlehens nicht. - Verzugszinssatz: VW-Bank macht keine Angaben dazu, welchen Zins der Kunde zahlen muss, wenn er in Verzug geraten sollte. - Aufsichtsbehörde: Hier nennt die VW-Bank nur die Bafin, obwohl sie zusätzlich von der Europäischen Zentralbank (EZB) kontrolliert wird. - Verfahren bei Kündigung des Vertrags: Hier finden sich lediglich die Informationen darüber, wie bei einer Kündigung durch die Bank vorgegangen wird. Nicht genannt wird jedoch das Verfahren bei Kündigung durch den Verbraucher. - Methode zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung: Hier verweist VW nur auf die "vom BGH vorgeschriebenen ... Rahmenbedingungen". Gefordert ist jedoch eine konkrete Methode, da die Vorfälligkeitsentschädigung auf unterschiedlichen Wegen errechnet werden kann.
Diese Fehler reichen unseres Erachtens aus, um den Kredit widerrufbar zu machen. Daneben haben die Darlehensverträge der VW Bank weitere Mängel. Die Kredite anderer Autobanken sind ebenso mangelhaft, teilweise haben wir es dort aber mit anderen Fehlern zu tun.
Unter dem Strich haben Verbraucher, die für den Kauf ihres Automobils ab Juni 2014 einen Kredit- oder Leasingvertrag abgeschlossen haben, gute Chancen, dieses Darlehen und damit auch den Kauf des Autos zu widerrufen. Als Konsequenz würden Sie damit den kompletten Kaufpreis zurückbekommen bzw. die noch ausstehende Kreditschuld würde erlassen. Unter dem Strich hätten sie das Auto somit mehrere Jahre ohne nennenswerte Kosten genutzt.
Wichtig ist jedoch, dass Sie nicht überhastet handeln. Nach unserer Erfahrung wird auf jeden Fall anwaltliche Unterstützung nötig sein, um den Widerruf umzusetzen - diese Hilfe bieten beispielsweise die Kooperationsanwälte der IG Widerruf. Solange Sie das Darlehen nicht widerrufen haben, können Sie noch eine Rechtsschutzversicherung abschließen, die die Kosten für den Anwalt übernimmt. Daher sollten Sie auf keinen Fall vorschnell widerrufen, sondern den Kreditvertrag zunächst anwaltlich prüfen lassen.
Verbraucher können ihren Kreditvertrag kostenlos und unverbindlich bei der Interessengemeinschaft Widerruf unter www.widerruf.info prüfen lassen. Im Rahmen dieser Prüfung erfahren Sie, ob Ihr Darlehen fehlerhaft ist. Zudem sagen wir Ihnen, wie die konkreten Schritte zur Umsetzung des Widerrufs aussehen würden.
Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“. Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info
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