Der Widerrufsjoker ist tot - es lebe der Widerrufsjoker!
Mit Ablauf des 21. Juni 2016 haben sich die Spielregeln beim Widerruf von Baufinanzierungen - dem sogenannten Widerrufsjoker - grundlegend geändert.
Darlehen, die vor dem 11. Juni 2010 abgeschlossen wurden, können nun nicht mehr widerrufen werden. Für diese Fälle greift der Widerrufsjoker nur dann, wenn der Widerruf bis zum 21. Juni ausgesprochen wurde. Für neuere Verträge gibt es aber noch gute Chancen. Wer also glaubt, dass der Widerrufsjoker tot ist, der irrt sich.
Denn es ergeben sich für Kreditnehmer noch eine ganze Reihe von interessanten Handlungsmöglichkeiten, wenn sie ihr Darlehen nach dem 10. Juni 2010 abgeschlossen haben. Auch bei diesen Krediten ist die Chance nicht gerade gering, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist und das Darlehen damit noch widerrufen werden kann. Die Fehlerquoten sind zwar nicht mehr so hoch wie bei den Krediten aus der Zeit vor Juni 2010 (rund 70-80 Prozent). Doch gerade im Zeitraum von Mitte 2010 bis Ende 2011 finden sich nach Untersuchungen der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) noch zahlreiche fehlerhafte Widerrufsbelehrungen, die den Kunden eine Ersparnis von vielen Tausend Euro einbringen können.
So haben viele Kreditinstitute auch nach Juni 2010 beispielsweise bei den sogenannten Pflichtangaben geschlampt. Dabei geht es um Folgendes: Der Gesetzgeber verlangt, dass in den Darlehensverträgen, die ab dem Jahr 2010 verwendet werden, sogenannte Pflichtangaben für den Kreditnehmer enthalten sind, die in §492 des BGB geregelt sind. Dazu gehören beispielsweise die Gesamtkosten des Darlehens, der Effektivzins und die Bedingungen, die für eine vorzeitige Rückzahlung gelten.
Im Mustertext für die Widerrufsbelehrung des Kredits wird auf diese Pflichtangaben Bezug genommen. Sinngemäß heißt es dort, dass die Widerrufsfrist erst zu laufen beginnt, wenn der Kreditnehmer alle Pflichtangaben gemäß §492 Abs. 2 BGB erhalten hat. Als Beispiel werden dann Beispiele für die zu erbringenden Pflichtangaben genannt. Seltsamerweise hat sich bei etlichen Banken dabei ein massiver Fehler eingeschlichen, der nun für viele Kreditnehmer den Weg zum nachträglichen Widerruf des Darlehens öffnet. Dieser Fehler besteht darin, dass in der Widerrufsbelehrung ein falsches Beispiel für eine Pflichtangabe genannt wird.
So wird bei etlichen Darlehensverträgen die "Aufsichtsbehörde" genannt, obwohl diese gar nicht zu den Pflichtangaben gehört, die ihm Vertragsdokument stehen müssen. Dieser Fehler findet sich sowohl in den Vertragsvordrucken von Sparkassen, Volksbanken, Spar da Banken sowie etlichen weiteren Kreditinstituten.
Besonders krass ist der Fehler in den Widerrufsbelehrungen, die die ING Diba bis etwa Oktober/November 2010 verwendet hat. Dort heißt es nämlich:
Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach §492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei Kündigung des Vertrags, Angaben der für den Darlehensnehmer zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat.
Das ist gleich doppelter Unsinn. Denn zum einen gehört die Aufsichtsbehörde wie gesagt nicht zu den geforderten Pflichtangaben. Zum anderen sind die Aufsichtsbehörde natürlich nicht für den Darlehensnehmer (also den Verbraucher) zuständig, sondern für die Kreditinstitute. Mit dieser Formulierung hat die ING DiBa also einen kapitalen Bock geschossen, der dem Kreditnehmer die Möglichkeit zum Widerruf und damit zu einer deutlichen Reduzierung ihres Zinssatzes eröffnet.
Mit Hilfe der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) können Sie kostenlos prüfen lassen, ob auch Ihr Darlehensvertrag fehlerhaft ist und damit das Darlehen noch widerrufen werden kann. Diese kostenlose Prüfung ist möglich für Verträge, die eine dieser beiden Kriterien erfüllen:
- Abschluss des Darlehens nach dem 10. Juni 2010 oder
- Abschluss des Darlehens bis zum 10. Juni 2010 und bereits erfolgter Widerruf bis zum 21. Juni 2016.
Nutzen Sie Ihre Chance auf den Widerrufsjoker und erfahren Sie kostenlos und unverbindlich unter www.widerruf.info, ob auch Ihr Darlehen für den Widerruf in Frage kommt.
Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“. Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.