Roland Klaus-Kolumne Roland Klaus

Autokredit falsch: Kfz nutzen ohne Kosten

22.05.17 10:57 Uhr

Autokredit falsch: Kfz nutzen ohne Kosten | finanzen.net

Der sogenannte Widerrufsjoker greift auch bei zahlreichen Kfz-Darlehen. Ist der Kreditvertrag fehlerhaft, kann das Darlehen widerrufen werden. Dann muss der Händler das Fahrzeug zurücknehmen - ohne Nutzungsentschädigung.

Fast umsonst das eigene Auto fahren - und das mehrere Jahre lang. Ein Fehler in Kreditverträgen macht es möglich. Die Stiftung Warentest spricht von einer "lukrativen Chance".

Der sogenannte Widerrufsjoker, mit dem Kreditnehmer aus Immobilienkrediten aussteigen können, entwickelt sich nun auch zur großen Gelegenheit für alle privaten Verbraucher, die den Kauf eines Automobils mit Hilfe eines Kredits oder eines Leasingvertrags finanziert haben.

Wie jüngste Erkenntnisse der Interessengemeinschaft Widerruf zeigen, sind zahlreiche Verbraucherkredite und Leasingverträge der sogenannten Autobanken (VW Bank, BMW Bank, Ford Bank, Fiat Bank, Opel Bank, etc.) und anderer Kreditinstitute fehlerhaft und können widerrufen werden. Der Widerruf führt dazu, dass sowohl das Darlehen als auch der verbundene Kauf des Kraftfahrzeugs rückabwickelt werden. Der Verbraucher gibt also sein Auto zurück und erhält sein Geld wieder. Damit tilgt er sein Darlehen.

Der Clou dabei: Wer sein Fahrzeug nach dem 13. Juni 2014 gekauft hat, schuldet bei einer Rückabwicklung keine Entschädigung für die Nutzung des Kfz. Er hat das Auto also fast kostenlos gefahren. Bei einem Widerruf des Darlehens muss die Bank dem Kunden die Anzahlung sowie die komplette Kreditsumme erstatten. Lediglich die - meist sehr geringen - Zinsen darf sie behalten. Unterstellt man einen Zinssatz von einem Prozent, eine Laufzeit von drei Jahren und einen Kaufpreis von 20.000 Euro sind das weniger als 600 Euro. Wurde das Fahrzeug in diesem Zeitraum 20.000 Kilometer pro Jahr gefahren, so entspricht das noch nicht einmal 0,01 Euro pro Kilometer - deutlich weniger als der normale Wertverlust eines Fahrzeugs.

Besonders brisant ist das Thema vor dem Hintergrund der VW-Abgasaffäre. Denn während Volkswagen in den USA zahlreiche Diesel-Fahrzeuge anstandslos zurückgenommen hat und den Kaufpreis erstattet hat, verweigern die Wolfsburger dies gegenüber deutschen Kunden. Nun können aber Verbraucher, die ihr Auto mit Hilfe eines fehlerhaften Darlehensvertrags finanziert oder geleast haben, genau dies erzwingen und sich revanchieren - auch wenn sie gar kein Diesel-Fahrzeug gekauft haben, sondern einen Benziner. Die Stiftung Warentest spricht von einer "lukrativen Rückgabe-Chance für Autokäufer".

Doch das Problem fehlerhafter Darlehensverträge ist nicht auf Volkswagen oder Fahrzeuge des VW-Konzerns (Skoda, Seat, Audi) beschränkt. Auch Finanzierungen anderer Hersteller sind fehlerhaft. Wichtig ist, dass das Auto und die Finanzierung aus einer Hand verkauft wurden - beispielsweise beim Autohändler. Eine pauschale Aussage, welche Kredite und Leasingverträge angreifbar sind, lässt sich derzeit nicht treffen. Eine individuelle Prüfung der Verträge ist nötig.

Wie sollten betroffene Verbraucher nun vorgehen? Erster Schritt ist die Prüfung des Darlehensvertrags durch einen spezialisierten Anwalt, beispielsweise kostenlos und unverbindlich bei der Interessengemeinschaft Widerruf. Zudem sollten Sie sich bewusst sein, dass der Widerruf eines Autokredits kein Selbstläufer ist. Die Autobanken wehren sich, eine Klage dürfte nötig werden. Allerdings übernehmen die meisten Rechtsschutzversicherungen die Kosten dafür. Wer keine Rechtsschutzversicherung hat, kann unter Umständen vor dem Widerruf sogar noch eine abschließen.

Lohnt es sich vielleicht sogar, nun ein teures Auto auf Pump zu kaufen - in der Hoffnung, den Kreditvertrag später widerrufen zu können und das Fahrzeug zurückgeben zu können? Vergessen Sie es! Zwar sind derzeit noch viele Kredite fehlerhaft. Wir rechnen jedoch damit, dass die Autobanken diese Fehler nun schnell korrigieren werden. Neu abgeschlossene Kredite dürften demnach kaum noch angreifbar sein. Das Thema ist also vor allem für jene interessant, die ab 2014 eine Kfz-Finanzierung abgeschlossen haben.

Über den Autor: Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf. Sie dient als Anlaufstelle für den Widerruf von Kfz- und Immobilienkrediten und bietet unter widerruf.info eine kostenlose Prüfung von Darlehensverträgen. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den US-amerikanischen Finanzsender CNBC.

Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von teuren Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“. Sie erreichen Ihn unter kontakt@widerruf.info

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