Doppelte Besteuerung: Wie sich das vermeiden lässt
Bei Auslandsanlagen greifen gleich zwei Finanzminister den deutschen Sparern in die Tasche. Wie sich eine Doppelbelastung der Erträge vermeiden lässt.
von Michael Schreiber
Banken treiben hierzulande Steuern für den Fiskus ein. Liegt kein Freistellungsauftrag vor oder ist dieser ausgeschöpft, führen sie seit 2009 von Zinserträgen 25 Prozent Abgeltungsteuer inklusive Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer an der Quelle ab. Was hierzulande einfach ist, wird für Sparer, die ihr Geld entweder jenseits der Grenze auf Konten bunkern oder im Fall von ausländischen Dividendentiteln, die im heimischen Depot lagern, zur komplizierten Rechnung. Auf ihre Erträge greifen gleich zwei Steuerbehörden zu.
In Deutschland ist die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht an den Wohnsitz des Anlegers geknüpft und nicht an das Herkunftsland der Erträge. Damit ist bei Anlegern mit Wohnsitz im Inland grundsätzlich das rund um den Globus erzielte Einkommen in Deutschland zu versteuern. Weil aber ausländische Banken und Fondsgesellschaften nicht den Erfüllungsgehilfen für die deutsche Steuerverwaltung spielen, fällt auf die Erträge eines im Ausland verwalteten Depots übers Jahr zunächst keine Abgeltungsteuer an. Allenfalls ist auf Zinsen und Dividenden die ausländische Quellensteuer oder ein Abzug nach der EU-Zinsrichtlinie fällig. Letztere gilt auch für Drittstaaten wie etwa die Schweiz. Seit Juli 2011 beträgt dieser Satz 35 Prozent. Kursgewinne bleiben unbehelligt.
Will der deutsche Fiskus seinen Obolus kassieren, ist er somit auf die Angaben der Auslandserträge in der Steuererklärung angewiesen. Im Steuerbescheid wird die Abgeltungsteuer dann nachberechnet. Das hat die Bundesrepublik mit rund 80 Staaten in besonderen Doppelbesteuerungsabkommen beschlossen. Durch die Anrechnung ausländischer Steuern kann die deutsche Abgeltungsteuer auf maximal null Euro reduziert werden. Die ausländische Depotbank erteilt über den Steuerabzug eine Bescheinigung. Der Beleg ist bares Geld wert. Wichtig: Laut einem rechtskräftigen Urteil des Finanzgerichts Hamburg muss das Original vorgelegt werden (Az. 3 K 160/11).
Das Beispiel
Ein lediger deutscher Aktionär des Schweizer Nahrungsmittelriesen Nestlé erhielt 2012 eine Bruttodividende von umgerechnet 1000 Euro. Die Aktien werden in einem inländischen Wertpapierdepot verwaltet. Der Sparerpauschbetrag in Höhe von 801 Euro ist ausgeschöpft.
Vorab 35 Prozent für die Schweiz
Die Eidgenössische Steuerverwaltung erhält vorab 35 Prozent, also 350 Euro dieser Dividende als Quellen- oder Verrechnungsteuer. Die Steuer führt Nestlé direkt bei Auszahlung ab. Die inländische Depotbank bescheinigt den Steuerabzug auf der Dividendenabrechnung.
... aber 15 Prozent Teilanrechnung
Im Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz ist vereinbart, dass Aktionäre mit Wohnsitz in Deutschland ihre Dividenden aus der Schweiz ausschließlich in Deutschland zu versteuern haben. In der Eidgenossenschaft bereits vorausgezahlte Verrechnungsteuern werden mit 15 Prozent der Dividende, also 150 Euro, auf die deutsche Abgeltungsteuer angerechnet.
Und 20 Prozent per Antrag zurück
Die verbleibenden 20 Prozent oder 200 Euro aus dem bereits vorgenommenen Steuereinbehalt kann sich der deutsche Anleger in einem besonderen Antragsverfahren bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung in Bern zurückerstatten lassen. Das dafür notwendige Formular erhält man bei der Depotbank oder unter www.bzst.de. Vor Absendung muss das zuständige deutsche Finanzamt auf dem Vordruck einen inländischen Wohnsitz bestätigen.
Abgeltungsteuer auf den Rest ...
In Deutschland unterliegt die Nestlé-Dividende 2012 der Abgeltungsteuer. Die Schweizer Quellensteuer wird von der depotführenden inländischen Bank mit den vorausbezahlten 15 Prozent auf die deutsche Steuerlast angerechnet. Mit den bereits gezahlten 150 Euro Schweizer Quellensteuer ist die deutsche Steuerschuld für 600 Euro Nestlé-Dividende bereits abgegolten (25 Prozent von 600 Euro anteiliger Nestlé-Dividende ergeben 150 Euro). Abzüglich Schweizer Quellensteuer in Höhe von 150 Euro beträgt die Steuerschuld null Euro. Die inländische Depotbank muss deshalb auf die restlichen 400 Euro Nestlé-Dividende die Abgeltungsteuer erheben. (25 Prozent von 400 Euro ergeben 100 Euro. Hinzu kommen 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag). Unterm Strich beträgt die Steuerbelastung auf die gezahlten 1000 Euro 255,50 Euro (105,50 plus 150 Euro).
... oder Geld zurück vom Fiskus
Die inländische Steuerpflicht ist so eigentlich erledigt. Jedoch kann sich die freiwillige Abgabe einer Steuererklärung lohnen. Vor allem wenn der persönliche Grenzsteuersatz unter 25 Prozent liegt. Dann bekommt man zu viel bezahlte Abgeltungsteuer erstattet. Hätte der Anleger die Nestlé-Aktien in einem Auslandsdepot, müsste er die Dividende in seiner Steuererklärung angeben.