Ohne Moos nix los?

Einfach loslegen: Warum man für ein Startup erstmal gar nicht so viel Kapital benötigt

16.12.15 17:00 Uhr

Einfach loslegen: Warum man für ein Startup erstmal gar nicht so viel Kapital benötigt | finanzen.net

Ohne Moos nix los: Viele Menschen, die sich mit der Idee tragen, ein Startup zu gründen, glauben, dass ihnen die finanzielle Grundlage dafür fehlt. Warum Kapital im ersten Jahr eine weitaus geringere Rolle spielt, als oft gedacht.

"Ich würde ja gern ein Startup gründen, aber mir fehlt das Geld." Viele Vielleicht-Gründer setzen ihre Idee nicht in die Tat um, weil sie ihren Kapitalbedarf überschätzen. Dabei braucht man für den Start oftmals viel weniger flüssige Mittel, als man glaubt.

Vorabanalyse: Zunächst ein Testlauf

Wer glaubt, eine gute Idee für ein Startup zu haben, sollte zunächst den möglichen Markt genau unter die Lupe nehmen. Recherche ist dafür unausweichlich: Gibt es bereits entsprechende Produkte oder Dienstleistungen? Wenn ja, wie erfolgreich sind diese am Markt? Wenn nein - was könnte dagegen sprechen, dass ein anderer die Idee nicht bereits umgesetzt hat? Zu diesem Zweck macht es Sinn, die möglichen zukünftigen Kunden direkt zu befragen, um den Bedarf zu ermitteln. Eine Befragung im Freundes- und Bekanntenkreis kann dabei ebenso erfolgreich sein, wie eine Online-Umfrage in der jeweiligen Zielgruppe. In diesem Zusammenhang sollte man auch bereits früh in Erfahrung bringen, was die möglicherweise zukünftigen Kunden im Detail wünschen und was sie bereit wären, dafür auszugeben.
Die Befragung ist Teil einer so genannten Machbarkeitsstudie, deren Ziel es ist, die Durchführbarkeit der Startup-Idee zu belegen. In einem nächsten Schritt sollte man nach Möglichkeit einen Prototyp entwickeln. Dieser muss noch nicht perfekt sein, sollte aber in Grundzügen die Startup-Idee vermitteln. Machbarkeitsstudien, auch "Proof of Concept" genannt, sind in der Regel eine günstige Möglichkeit, die Erfolgschancen einer Idee auszuloten, bevor viel Kapital in die Umsetzung investiert wird.
Diese Marktforschung und Marktanalyse-Tätigkeiten kann man auch einem Profi überlassen, je nach Aufwand ist dann mit Kosten zwischen wenigen hundert bis mehreren tausend Euro zu rechnen.

Investitionen in Wachstum zunächst so gering wie möglich halten

Hat man die Vorab-Studien durchgeführt und kommt zu dem Ergebnis, dass sich die eigene Idee tatsächlich gut vermarkten lässt und ein gewisser Bedarf vorhanden ist, stehen nach der formalen Geschäftsgründung unweigerlich erste Investitionen an. Dabei ist es wichtig, nicht übers Ziel hinaus zu schießen, sondern nur so viel Geld zu organisieren, wie man wirklich unbedingt braucht. Daher sollte man idealerweise zunächst ohne viel Fremdkapital starten, um nicht bereits in der Frühphase zu viele Anteile abgeben zu müssen oder das Kapital möglicherweise für unwesentliche oder unwichtige Dinge auszugeben.
Die Kunst besteht nun darin, das Startup mit so viel Kapital auszustatten, dass es liquide ist, gleichzeitig aber bei Konzentration auf den wesentlichen Investitionsbedarf die maximale Kontrolle über das eigene Unternehmen zu behalten. Ganz ohne Eigenkapital ist diese Balance kaum zu erreichen, zumindest sollte man mit Hilfe des eigenen oder eingesammelten Kapitals die ersten anderthalb Geschäftsjahre überbrücken können.
Läuft das Geschäft, kann man sich Gedanken über Investition und Expansion machen, in der Frühphase bietet sich aber an, die Kosten so gering wie möglich zu halten - auch um im möglichen Falle eines Scheiterns nicht auf einem zu großen Schuldenberg zu sitzen.

Planung nicht zu langfristig anlegen

Auch große Unternehmer haben mal klein angefangen. Und solange das Geschäft nicht läuft, sollte man keine Planungen anstellen, die zu weit in die Zukunft reichen. Statt über die nächsten fünf Jahre hinaus zu planen und ins Blaue hinein den Kapitalbedarf zu schätzen, sollte man sich konkret auf die nächsten zwei bis drei Jahre konzentrieren. In diesem Zeitraum muss eine konkrete Kosten- und Ausgabenerfassung gemacht werden. Wieviel fällt pro Monat für Miete, Personal, Material an? Was kostet die Herstellung eines möglichen Prototyps, einer Website oder Dienstleistungsplattform? Wie viel Geld fließt jeden Monat in Vertrieb und Expertenhonorare, wie viel Umsatz wird erzielt? Erst nach dem ersten zwei bis drei Jahren im laufenden Betrieb ist eine halbwegs verlässliche Prognose über den mittel- und langfristigen Geschäftserfolg möglich. Denn auch Geldgeber, die möglicherweise in das Unternehmen investieren wollen, brauchen konkrete Zahlen. Besonders interessiert einen möglichen Investor, ab wann seine Investition Gewinn abwirft.

Auch bei Gründungs- und Investitionskosten lässt sich sparen

Viele Ausgaben bei der Gründung eines Startups sind obligatorisch und nicht verhandelbar. Eine Gewerbeanmeldung verursacht ebenso Kosten, wie die möglicherweise notwendige Anmeldung eines Patents. Hier hat man als Gründer keinen Spielraum. Auch Anwaltskosten sind zu bezahlen, ebenso wie Expertenhonorare für das Erstellen der Machbarkeitsanalyse.
Dennoch gibt es Möglichkeiten, die Kosten für Gründung und Investitionen überschaubar und so gering wie möglich zu halten. Eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (UG) ist möglicherweise eine günstigere Alternative zur Gründung einer GmbH. Das Mindestkapital einer UG muss - anders als bei einer GmbH - nicht bei 25.000 Euro liegen. Ein Euro Stammkapital reicht für die Gründung der Gesellschaft aus, was ihr umgangssprachlich auch den Namen Mini-GmbH oder 1-Euro-GmbH verpasst hat.
Auch bei der Wahl einer geeigneten Immobilie kann ein Gründer Kosten sparen. Ein Standort außerhalb der hochpreisigen Innenstädte kann die Mietkosten deutlich senken. Sich in Bürogemeinschaften einzumieten, kann für die Anfangszeit ebenfalls eine kostengünstige Alternative sein, zumal eine Anbindung an ein bestehendes Netzwerk auch dem eigenen Geschäft auf die Sprünge helfen kann.
Die Ausstattung der Gewerbeimmobilie sollte zunächst so zweckmäßig wie möglich gewählt werden. Gebrauchte Möbel, Maschinen, Technikausstattung können die Kosten in diesem Bereich deutlich senken. Auch Leasing ist eine beliebte Methode, notwendige Geräte aber auch Fahrzeuge oder Maschinen kostengünstiger nutzen zu können.

Fazit: Gründen muss nicht teuer sein

Eine gute Geschäftsidee an den Start zu bringen muss also nicht zwangsläufig mit einem hohen Investitionsbedarf einhergehen. Tatsächlich sollten Menschen, die sich mit der Idee einer Startup-Gründung tragen, in der Frühphase so wenig wie möglich aber so viel wie nötig in das Unternehmen investieren. Läuft das Geschäft und man tritt in die Wachstumsphase ein, bleibt die Suche nach einem Investor meist ohnehin nicht aus. Diesen kann man nach erfolgreicher Startphase allerdings deutlich einfacher von der eigenen Geschäftsidee überzeugen. Darüber hinaus befindet sich dann auch der Gründer in einer stärkeren Verhandlungsposition.

Redaktion finanzen.net

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