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Steuer-Experte Eigenthaler: "Mehr Kontenabrufe gehen völlig in Ordnung"

29.09.18 07:00 Uhr

Steuer-Experte Eigenthaler: "Mehr Kontenabrufe gehen völlig in Ordnung" | finanzen.net
Thomas Eigenthaler

Der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, zum Start des internationalen Informationsaustausches von Bankkundendaten.

von Stefan Rullkötter, €uro am Sonntag

€uro am Sonntag: Am 30. September tauschen 102 Staaten umfangreiche Steuer- Daten zu Auslandskonten und -depots ihrer Bürger aus, darunter auch Deutschland. Fliegen dann alle Schwarzgeldkonten auf?
Thomas Eigenthaler: Bereits seit Oktober 2017 werden im Bundeszentralamt für Steuern Daten zu Auslandskonten gesichtet und ausgewertet. Bisher sind sie aber nicht an die 600 deutschen Finanzämter weitergeleitet. Ich erwarte eine solche Datenlieferung nicht vor dem Frühjahr 2019. Der Clearing-Prozess bei der anstehenden zweiten Meldetranche dürfte schneller ablaufen, weil man schon Erfahrungen hat.

Sie vertreten Interessen der Finanzbeamten. Ist beim internationalen Informationsaustausch das Steuergeheimnis gewahrt?
Wichtig ist am Ende, dass die richtigen Daten dem richtigen Steuerkonto zugebucht werden. Hier dürfen den Finanzbehörden keine vermeidbaren Fehler unterlaufen.

Die Zahl der behördlichen Kontenabrufe ist zuletzt stark angestiegen. Steht das noch im Einklang mit dem Grundrecht der Bürger auf informationelle Selbstbestimmung?
Dieser Anstieg ist nicht durch die Finanzämter verursacht worden, sondern durch die Datenabrufe von Sozialbehörden und von Gerichtsvollziehern. In allen drei Konstellationen geht es darum, festzustellen, ob jemand Bankkonten verheimlicht - und sich damit gegenüber Behörden und seinen Gläubigern ärmer macht, als er ist.

Weniger Datenschutz für Bankkunden durch mehr Kontenabrufe ist also okay?
Aus meiner Sicht sind Personen, die fällige Forderungen nicht begleichen oder sich als bedürftig ausgeben und andere die Zeche zahlen lassen, diesbezüglich nicht schutzwürdig. Dies ist auch eine Frage der fairen Güterabwägung. Für mich gehen die gestiegenen Zahlen beim Kontenabruf über die Jahre hinweg völlig in Ordnung.

Zum Stichtag 30. September 2018 wird auch Österreich erstmals Daten von in Deutschland steuerpflichtigen Bankkunden melden . Ist das eine bedeutende Zäsur?
Österreich gehört - wie die Schweiz - beim internationalen Informationsaustausch zu den sogenannten Late Adopters. Das ist natürlich ein Einschnitt, weil beide Länder mit der Datenlieferung endgültig ihr früheres scharfes Bankgeheimnis zur Disposition stellen. Ein Zurück gibt es dann nicht mehr. Allerdings haben sich gerade die Schweizer Banken zu einer "Weißgeld-Strategie" bekannt, so dass nicht nur das Bankgeheimnis geschleift wird, sondern auch eine neue Geschäftsphilosophie Platz greifen wird. Ich begrüße diese Entwicklung - und sehe den Fall des Bankgeheimnisses gegenüber Steuerausländern auch als steuerpolitischen Mauerfall.




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Bildquellen: Marco Urban/Deutsche Steuer-Gewerkschaft DSTG