Immobilien: An den Werterhalt denken!
Der Run auf Immobilien hält an. Doch bei der Auswahl des Investments - egal ob Wohnung oder geschäftliche Nutzung - sollte sein Lebenszyklus beachtet werden.
von Günter Manuel Giehr, Gastautor von Euro am Sonntag
Aktuell droht jede Form der Immobilienanlage sehr herausfordernd zu werden. Die niedrigen Zinsen treiben die Preise in die Höhe, die Risiken werden aber nicht geringer. Ein böses Erwachen könnte die Folge sein. Was tun?
Viele private und auch institutionelle Investoren stürzen sich dennoch auf Immobilien. Sie sollen aufgrund ihrer Substanz vermeintlich einen höheren Gegenwert besitzen als nominale Vermögenswerte. Aber Steine allein erzielen noch keinen Wert. Erst die Zahlungen aus den Mietverträgen machen dieses Investment rentabel. Und das auch nur, wenn die Kosten nicht zu hoch sind. Doch nicht jeder Standort ist und bleibt attraktiv. Laufzeiten von Mietverträgen sind viel kürzer als der Lebenszyklus einer Immobilie. Investoren müssen sicher sein, dass sie auch zukünftig Mieter finden, die bereit sind, die gewünschte Miete für ihr Objekt zu zahlen. Das gilt für alle Immobilienklassen.
Da Immobilien aktuell sehr begehrt sind, wird wieder mehr gebaut. Neubauten sollten über den aktuellen Stand der Technik verfügen. Flexible Raumkonzepte und die Berücksichtigung von Mieterwünschen schon beim Bau machen es leicht, bonitätsstarke Mieter zu finden. Doch meist sind es Bestandsmieter, die umziehen. Somit stehen dann anderswo Flächen leer. Das bedeutet für die Bestandshalter dieser Immobilien, dass der Mietertrag zunächst wegfällt. Um diesen wieder neu zu generieren, müssen zumindest bei gewerblich genutzten Objekten mit zum Teil erheblichen Zugeständnissen neue Mieter gewonnen werden, die Miete muss reduziert werden und/oder Investitionen sind zu tätigen.
Konservative Anleger der Versicherungswirtschaft entscheiden sich zunehmend für die Investitionen in ihren Beständen im Rahmen eines umfassenden Lebenszyklus-Managements. Der Fokus liegt auf Revitalisierungen und Sanierungen. "Manage to core", also "Wiederherstellung der hohen Qualität", heißt das Prinzip in der Fachsprache und bedeutet, dass Immobilien mit Mängeln, die angesichts ihrer guten Lage aber zum echten Core-Objekt taugen, dorthin entwickelt werden.
Vom Tag der ersten Nutzung an altert eine Immobilie. Sie wird abgenutzt und entspricht über die Jahre immer weniger dem aktuellen technischen Stand und den Mieteranforderungen. Hohe Kosten für Generalsanierungen lohnen sich nur, wenn Mieter auch bereit sind, hohe Mieten für die erneuerten Objekte zu zahlen. Das ist aber nur in guten Lagen der Fall, wo Grundstücke teuer sind und auch immer teurer werden.
Entscheidend ist auch, dass die Maßnahmen so gewählt werden, dass attraktive Mieter wieder für einen längeren Zeitraum gebunden werden können. Typisch im gewerblichen Bereich sind Einrichtungen für eine moderne IT-Infrastruktur (zum Beispiel Doppelboden), eine zeitgemäße Klimatisierung bzw. Heizung sowie bauliche Anpassungen im Grundriss für eine flexible Büronutzung (zum Beispiel Open-Office-Konzepte).
Gute Marktphasen auch
mal zum Verkauf nutzen
Jede Immobilie ist ein Unikat und somit ist auch jeder Eingriff in den Bestand mit Risiken verbunden. Nur wer Expertise und Erfahrung mit solchen Projektentwicklungen hat, wird damit auch erfolgreich sein. Zum einen sind die Bedürfnisse potenzieller Mieter zu eruieren, zum anderen ist die Entwicklungsfähigkeit der einzelnen Immobilie zu beurteilen. Nicht jedes Objekt lässt sich auf Vordermann bringen. Eine geringe Deckenhöhe kann die Möglichkeiten zur Unterbringung der IT-Infrastruktur beschränken, aber auch beispielsweise den Einbau von Kühldecken erschweren. Bei schwierigen Gebäuden kann es daher besser sein, heute die gute Phase zu nutzen und die Immobilien zu veräußern. Das gilt sowohl für den Privatanleger als auch für den großen Investor.
Für die Beurteilung zur zukunftsfähigen Weiterentwicklung benötigen Investoren Experten. Den richtigen zu finden ist nicht einfach. Es gibt in der Immobilienwirtschaft viele davon - aber nicht jeder kann alles gleich gut. Bei der Auswahl sollte der Investor sehr sorgfältig vorgehen. Günstige Darlehenszinsen locken, sind aber kein Ersatz für mangelndes Know-how. Denn sonst droht eine Bauruine.
Kurzvita
Günter Manuel Giehr,
Geschäftsführer
der MEAG
Giehr studierte Wirtschaftswissenschaften in Hamburg und Freiburg. Seit 1999 ist er Geschäftsführer der MEAG, seit 2009 zuständig für die weltweiten Immobilienaktivitäten. Die MEAG steht für das Vermögensmanagement von Munich Re und Ergo und bietet ihr Know-how auch Privatkunden an.
Derzeit verwaltet die MEAG Kapitalanlagen im Wert von rund 270 Milliarden Euro.
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