Private Krankenversicherung: Die besten Tarife
Ab 2011 will das Gesundheitsministerium gesetzlich Krankenversicherten den Wechsel zu privaten Anbietern erleichtern. €uro hat die besten Einsteigertarife gefunden.
von €uro-Redakteur Erhard Drengemann
Kein Tag vergeht in diesen Wochen, ohne dass die geplante Gesundheitsreform von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP), 37, von seinen politischen Gegnern verbal zerrissen wird. Kürzlich etwa schimpfte das geschäftsführende Vorstandsmitglied der größten deutschen Einzelgewerkschaft IG-Metall, Hans-Jürgen Urban: "Die Strukturprobleme bleiben bei der Reform unangetastet!" Probleme hat vor allem die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV, siehe €uro 09/2010), in der auch die meisten deutschen Gewerkschaftsmitglieder in der Regel versichert sind.
Kein Wunder, dass der 49-Jährige fordert, die chronisch finanzschwache GKV zu stärken. Sein Therapievorschlag: Rösler solle die Einkommenschwelle, über der die Gehälter von Versicherten beitragsfrei bleiben, anheben.
Diese sogenannte Beitragsbemessungsgrenze liegt zurzeit bei 3750 Euro Bruttoverdienst pro Monat. Außerdem plädiert Urban dafür, die Versicherungspflichtgrenze - diese bestimmt, ab welchem Bruttoeinkommen Arbeitnehmer nicht mehr in der GKV pflichtversichert sind - von derzeit 4162,50 Euro anzuheben. Das würde bedeuten, dass es nur noch relativ wenigen besser verdienenden Arbeitnehmern möglich wäre, in die Private Krankenversicherung (PKV) zu wechseln. Doch es sieht so aus, als würden derlei Forderungen nichts bringen. Denn Gesundheitsminister Rösler will genau das Gegenteil: den Wechsel erleichtern.
Bislang gilt noch, dass Arbeitnehmer in die PKV wechseln können, wenn ihr Monatseinkommen die Versicherungspflichtgrenze von 4162,50 Euro drei Jahre in Folge übersteigt. Laut Röslers Plänen soll künftig schon ein Jahr genügen - so wie es vor 2007 war. Das hieße: Arbeitnehmer, die schon 2010 mehr als 4162,50 Euro pro Monat verdient haben, könnten bereits 2011 von der GKV in die PKV übertreten. Aber Vorsicht: Zwar werden PKV-Versicherte von vielen Ärzten als Patienten 1. Klasse behandelt, weil sie an ihnen mehr Geld verdienen können. Dennoch sollten sich gut verdienende Arbeitnehmer vor einem Wechsel genau informieren, um die eine oder andere böse Überraschung zu vermeiden.
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Unkalkulierbare Einflüsse
Die drei wesentlichen Risiken dabei: Wer erst einmal zur PKV gewechselt ist, wird normalerweise nicht mehr in der GKV aufgenommen und das kann teuer werden. So werden Kinder von GKV-Versicherten kostenlos mitversichert. Die privaten Krankenversicherungen verlangen für jedes Kind einen Extra-Beitrag. Zudem können der medizinische Fortschritt und besonders kostspielige Behandlungen zu höheren Beiträgen führen - obwohl die PKV-Anbieter gern mit "auskalkulierten Tarifen" werben, die allzu hohe Versicherungsbeiträge im Alter verhindern sollen.
Die größten und am schlechtesten zu kalkulierenden Risiken sind jedoch politische Entscheidungen und Gerichtsurteile. Sollte beispielsweise der Vorschlag von IG-Metall-Vorstand Urban, die Versicherungspflichtgrenze dramatisch zu erhöhen, irgendwann doch von einer Regierung umgesetzt werden, könnten die PKV-Anbieter weniger neue Arbeitnehmer aufnehmen, weil die Einkommen der meisten von ihnen dann unter der Versicherungspflichtgrenze blieben. Dadurch kämen die Versicherer womöglich in finanzielle Nöte und müssten ihren Kunden höhere Beiträge abknöpfen, als die es sich hätten träumen lassen.
Ein aktuelles Beispiel für Konsequenzen gerichtlicher Entscheidungen: Mit Wirkung vom 1. Juli verhängte die Allianz Private Krankenversicherung (APKV) einen Verkaufsstopp für ihre "AktiMed"-Tarife. Ein Novum hierzulande! Hintergrund: Die Allianz hatte Kunden, die von einem teureren Tarif in den günstigeren "AktiMed" gewechselt sind, einen Zuschlag zum eigentlichen Tarifpreis abverlangt. Damit wurde der angeblich günstigere "AktiMed"-Tarif für manche Kunden so teuer, dass sich der Wechsel nicht mehr lohnte. Doch das Bundesverwaltungsgericht verbot solche Zuschläge (Az. 8 C 42.09), woraufhin sich das "AktiMed"-Angebot offensichtlich für die Allianz nicht mehr lohnte. Wie sich die Versicherungsbeiträge hier entwickeln, bleibt abzuwarten.
Wenn ein Anbieter eines bestimmten PKV-Tarifs keine jüngeren Beitragszahler mehr akquirieren kann, "vergreist" der Tarif. Oft müssen die Beiträge dann steigen, wenn der Tarif für den Anbieter profitabel bleiben soll. Denn jüngere Neueinsteiger zahlen in der Regel - relativ zu den von ihnen verursachten Krankheitskosten - höhere Beiträge als zum Beispiel Versicherte im Rentenalter. Wer sich dennoch für die PKV entscheidet, kann sich sein eigenes Leistungsspektrum zusammenstellen.
Der große Tariftest, für den €uro insbesondere Einsteigertarife für jüngere wechselwillige GKV-Versicherte untersucht hat, ist in die vier wichtigsten Leistungsmodule unterteilt: Mit ambulanten Tarifen versichern Kunden die Behandlungskosten bei niedergelassenen Ärzten, Heilpraktikern und Psychotherapeuten. Mit stationären Tarifen versichern sie die Kosten von Krankenhausaufenthalten. Hier hat €uro unter anderem berücksichtigt, inwieweit Chefarztbehandlungen und die Unterbringung in Zwei-Bett-Zimmern erstattet werden. Die Zahntarife schließen Zahnersatz und Kieferorthopädie ein. Hier gibt es - wie bei den anderen Tarifbestandteilen - große Unterschiede. Vor allem hinsichtlich etwa der Inlay- und Implantatleistungen. Auch das Krankentagegeld wurde von €uro mit einbezogen. Denn normalerweise bekommen kranke Arbeitnehmer ihr Entgelt zwar zunächst vom Arbeitgeber weitergezahlt. Aber ab dem 43. Tag übernimmt in der Regel die Krankenversicherung. Privatversicherte sollten die Höhe ihres Krankentagegeldes sehr genau ermitteln, da eine zu hohe Absicherung unnötig Geld kosten kann.
Insgesamt hat €uro 50 Versicherungsleistungen untersucht, die unter den oben genannten Tarifbestandteilen angeboten werden. Fazit: Manche Versicherer bieten gute Leistungen zu günstigen Preisen. Andere verlangen viel Geld für relativ schlechte Leistungen. Oft sind die Unterschiede bei der Erstattung von Krankheitskosten zwischen günstigen und teuren Tarifen längst nicht so groß, wie die Versicherungsanbieter gern glauben machen wollen, wenn sie Interessenten teurere Tarife verkaufen möchten.
Die €uro-Versicherungsnote am Tabellenende ordnet die Tarife in ihrer Gesamtheit ein. Die besten Ergebnisse für Männer erreichen die Versicherungsgesellschaften Universa und HanseMerkur. Bei den Frauen liegen die Universa und ARAG vorn.
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