Großer Euro am Sonntag-Test

Direktbanken: Ihr Leitfaden an die Börse

23.08.15 03:00 Uhr

Direktbanken: Ihr Leitfaden an die Börse | finanzen.net

Onlinebroker sind günstig. Doch kleine Spezialanbieter schaffen es, noch preiswerter zu sein. Welche Anleger wo sparen können, zeigt Teil 2 des großen Kostenchecks.

von Stephan Haberer, Euro am Sonntag

Günstig und gut. Was oft ein unhaltbares Werbeversprechen ist, wird bei Onlinebrokern wahr. Anleger müssen sich keine Sorgen machen, minderwertige Wertpapiere angedreht zu bekommen. Eine Daimler-Aktie ist eine Daimler-Aktie, eine Bundesanleihe eine Bundesanleihe - egal, bei welchem Broker und zu welchem Preis man die Papiere erwirbt. Besonders deutlich wird das bei den kleinen Brokern, die €uro am Sonntag im zweiten Teil des Kostenchecks unter die Lupe nimmt.

So kann man beim Broker Benk in Deutschland schon ab 2,3 Euro-Cent traden. Dafür muss man jedoch das Orderpaket Inland für 24,99 Euro im Monat komplett ausnutzen und im Monat 100 Trades über Tradegate abwickeln sowie je 250 Deals bei vier außerbörslichen Handelspartnern. Wer nur einmal im Monat handelt, hat ebenfalls monatliche Kosten von 24,99 Euro - dann für einen einzigen Trade.

Das Beispiel zeigt, dass man genau hinschauen sollte, bevor man sich für einen Broker entscheidet. Denn die günstigen Offerten der kleinen Anbieter sind nur möglich, wenn an anderer Stelle die Auswahl geringer ist. Während die großen Broker kaum einen Anlegerwunsch offen lassen, haben sich die kleinen spezialisiert.

Mithilfe von insgesamt fünf Musterkunden wurde errechnet, wie viel diese im Quartal oder Jahr insgesamt jeweils zahlen müssten. Anschließend wurden zu jedem Musterkunden Ranglisten gebildet: Der günstigste Anbieter kam auf Platz 1 und so fort. Anbieter, die mindestens die Wünsche von vier der fünf Musterkunden komplett erfüllten, kamen zudem in die Gesamtwertung. Hier schaffte es ganz nach oben aufs Treppchen, wer bei den Musterkunden im Schnitt die besten vier Platzierungen erringen konnte.

Doch zunächst die Ergebnisse im Einzelnen. Für unseren "aktiven Trader" (siehe unten), ist Degiro am günstigsten (zum ausführlichen Degiro-Test). Hier werden im Quartal 79,71 Euro fällig - übrigens wie bei all unseren Berechnungen inklusive Fremdkosten. Beim zweiten Musterkunden, dem "Trader", hat die Onvista Bank - mit dem "5-€-Festpreisdepot" - die Nase vorn. 39,80 Euro werden hier im Quartal fällig. Degiro, Lynx, Merkur Bank, NIBC Direct und Sino eignen sich nicht für den "Trader", weil sie keine Fondssparpläne anbieten.

Sparpläne sind Mangelware

Beim "Sparplaner" reiht sich auch noch Flatex unter den Sparplanverweigerern ein. Bei Flatex sind zwar Fondssparpläne, nicht aber Sparpläne auf Zertifikate, ETFs oder ETCs möglich. Am günstigsten ist wiederum die Onvista Bank - diesmal jedoch mit ihrem Free-Buys-Modell. Der "Sparplaner" kommt hier auf Kosten von gerade mal 12,44 Euro im Quartal. Wer ausschließlich außerbörslich handelt, kommt bei Benk mit 60,96 Euro je Quartal am günstigsten weg. Beim "Investor", der selten, dann aber mit großen Ordervolumina handelt, ist Onvista mit dem "5-€-Festpreis-Depot" am günstigsten. Die Gebühren betragen 52,80 Euro im Jahr. Alle Kosten finden Sie auf den Seiten 78 und 79.

Unterm Strich schnitt die Onvista Bank am besten ab. Silber ging an Benk. Ebenfalls noch aufs Treppchen schaffte es die Aktionärsbank. Es fällt auf, dass fünf der zehn getesteten Anbieter überhaupt nicht in die Gesamtwertung kamen, weil sie bei mindestens zwei Musterkunden patzten. Und was nützt der günstigste Preis, wenn man nicht handeln kann, wie man möchte?


Großer Broker-Vergleich
Einen regelmäßig aktualisierten Broker-Vergleich finden Sie auch hier auf finanzen.net:
» Preisvergleich Direktbanken und Online-Broker



Die Siegerliste - Kleine Onlinebroker (pdf)

Modellkunde 1
Der aktive Trader

Durchschnittliches Depotvolumen: 50 000 €; Cash: 5000 € auf Verrechnungs-/Tagesgeldkonto. Börsenhandel: über die beim jeweiligen Broker (inkl. Fremdkosten) günstigste Börse. Deals: zehnmal je Quartal DAX-Aktien im Wert von je 1.000 €, sechsmal DAX-Aktien im Wert von je 2.500 €, zweimal DAX-Aktien à 5000 €. Insgesamt bei Aktiendeals vier Teilausführungen. Viermal handelt er Optionsscheine im Wert von je 1.000 €, viermal Zertifikate im Wert von je 1.500 €, zweimal handelt er Anleihen im Wert von 4.000 € und ebenfalls zweimal US-Aktien (100 Stück) im Wert von je umgerechnet 4.464,29 € direkt in den USA. Zudem setzt er je Quartal fünf neue Limits. Außerdem wird unterstellt, dass er ständig in den USA lagernde Aktien eines US-Konzerns im Depot hat, der Quartalsdividenden ausschüttet. Hinzu kommen zwölf Inlandsüberweisungen im Jahr.

Modellkunde 2
Der Trader

Sein Depot ist im Schnitt 50.000 € wert; dazu kommen 5.000 € auf dem Verrechnungs-/Tagesgeldkonto. Er handelt meist deutsche Aktien. Dazu bespart er monatlich mit 100 € einen Fondssparplan (internationaler Aktienfonds mit 5,0 % Agio) über je 100 € (dabei wird der Mindestrabatt aufs Agio unterstellt). Börsenhandel: über die beim jeweiligen Broker (inkl. Fremdkosten) günstigste Börse. Deals: dreimal DAX-Aktien im Wert von je 1.500 €, zweimal deutsche Nebenwerte im Wert von je 2.000 €. Bei Aktiendeals (Volumen je 2.000 €) kommt es zu zwei Teilausführungen. Zudem handelt er einmal je Quartal Fondsanteile für 2500 € via Börse. Er setzt je Quartal zwei neue Limits, eines passt er an, zwei werden ausgeführt, zwei Limitorders löscht er, eine weitere läuft aus. Im Jahr tätigt er vier Inlandsüberweisungen, viermal fließt Geld aufs Depot.

Modellkunde 3
Der Sparplaner

Sein durchschnittliches Depotvolumen beträgt 30.000 € sowie weitere 3.000 € Cash, die auf dem Verrechnungs-/Tagesgeldkonto liegen. Er bedient einen Aktienfondssparplan (5,0 % Agio) über 100 € monatlich. Dabei nutzt er den Maximalrabatt des jeweiligen Brokers auf das Agio. Einen ETF/ETC bespart er monatlich mit 100 €, hier nutzt er den maximalen Rabatt. Einen weiteren Sparplan auf ETF/ETC bespart er monatlich ebenfalls mit 100 €, hier zu regulären Konditionen. Sollten ETF-/ETC-Sparpläne nicht möglich sein, weicht er auf Zertifikate-Sparpläne aus. Er handelt zweimal im Quartal mit Aktien im Wert von 1500 € an der Börse. Er macht je Quartal insgesamt elf Trades. Zudem setzt er je Quartal ein neues Limit, eines passt er an, ein weiteres läuft aus. Jährlich fließt zweimal Geld aufs Konto, zweimal überweist er Geld vom Konto runter.

Modellkunde 4
Der Direkthändler

Der Direkthändler handelt ausschließlich außerbörslich beziehungsweise via Tradegate Exchange/Gettex. Insgesamt tradet er 18-mal im Quartal (72-mal im Jahr). Sein durchschnittliches Depotvolumen beträgt 40.000 € zuzüglich 4.000 € Cash. Sein Trading-Schwerpunkt liegt auf deutschen Aktien. Sechsmal im Quartal handelt er DAX-Aktien im Wert von je 1.000 €, viermal handelt er DAX-Aktien im Wert von je 2.500 €. Viermal handelt er Nebenwerte aus dem MDAX mit einem Ordervolumen von jeweils 2.000 €. Zwei Käufe, zwei Verkäufe. Zweimal im Quartal handelt er Zertifikate im Wert von je 1.500 €, zweimal im Quartal handelt er Optionsscheine im Wert von je 1.000 €. In beiden Fällen handelt er zum regulären Gebührensatz. Zudem wird viermal im Jahr Geld aus dem Inland auf das Depotkonto überwiesen, viermal fließt welches ab.

Modellkunde 5
Der Investor

Sein Depot ist mit 250.000 € mit Abstand das größte - weitere 25.000 € Cash liegen auf dem Verrechnungskonto respektive dem zugehörigen Tagesgeldkonto. Der Investor handelt lediglich achtmal im Jahr, allerdings beträgt das Ordervolumen jeweils 15.000 €. Je zweimal handelt er DAX-Werte, Nebenwerte, Zertifikate und Fonds über die bei seinem Broker (inkl. Fremdkosten) günstigste Börse. Bei einem Aktienkauf handelt es sich um Namensaktien. Insgesamt kommt es bei Aktiendeals (Volumen je 15.000 €) zu zwei Teilausführungen (je eine bei Kauf und bei Verkauf). Zudem setzt er ein Limit neu, zwei ändert er, eines wird ausgeführt, eine Limitorder löscht er, eine läuft aus. Bei insgesamt acht Inlandsüberweisungen pro Jahr fließt sechsmal Geld auf das Depot, zweimal wird Kapital abgezogen und auf ein Konto bei einer anderen Bank im Inland überwiesen.

Die günstigsten Onlinbroker - Teil 2 (pdf)

So wurde gewertet - Welche Vorgaben die Onlinebroker erfüllen mussten

Anhand von fünf Modellkunden wurde untersucht, wie viel Privatkunden beim Onlinebrokerage zahlen müssen. Dabei werden sowohl die Kosten berücksichtigt, die das jeweilige Institut erhebt, als auch anfallende fremde Gebühren, die den Kunden in Rechnung gestellt werden. Teilen Anbieter Fremdgebühren nicht mit, wird jeweils die höchste von einem anderen Anbieter mitgeteilte Gebühr unterstellt.
In der Zeile "Gesamtgebühren je Quartal" (beim "Investor"-Musterkunden: "Gesamtgebühren je Jahr") werden alle Einzelposten der jeweiligen Musterkunden für den entsprechenden Zeitraum aufsummiert. Nutzbare Vergünstigungen aufgrund von Tradingverhalten, Cashbestand, Order- oder Depotvolumen sind berücksichtigt.
Ebenso die bei dem jeweils unterstellten Guthaben auf dem Verrechnungskonto oder angeschlossenen Tagesgeldkonto erzielbare Zinsgutschrift (inklusive eventueller Bonuszinsen). Neukundenrabatte, befristete Rabattaktionen sowie Sonderzinsen, etwa für Neukunden, für "frisches Geld" oder aus besonderem Anlass, bleiben dagegen unberücksichtigt.
Bei allen Modellkunden wird unterstellt, dass all ihre Aktivitäten, die je zur Hälfte Käufe und Verkäufe sind, online abgewickelt werden und auch die Kommunikation mit dem Broker online abläuft. Kommt es zu Teilausführungen, so wird unterstellt, dass die Order in zwei gleich großen Tranchen tag- und kursgleich ausgeführt wurde.

 

Zum Weiterlesen:
» Online Broker - Großer Vergleich auf finanzen.net
» Handeln zum Festpreis in der Welt von finanzen.net

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