Geschlossene Fonds

Aufpassen! Missbrauch von Anlegerdaten

26.10.13 15:00 Uhr

Wer sich an einem Geschlossenen Fonds beteiligt, möchte wohl kaum, dass sein finanzielles Engagement einem größeren Kreis ­bekannt wird. Doch immer wieder geraten Daten in die falschen Hände.

von Stefan Raster, Gastautor von Euro am Sonntag

Kennen Sie das? Beim Öffnen der Post entdecken Sie immer wieder personalisierte Briefe von Absendern, bei denen Sie sich fragen, wie diese an Ihre Adresse gelangt sind. Die Weitergabe von Adressen ist nicht nur ein lästiges, sondern besonders aus ­datenschutzrechtlichem Blickwinkel auch ein heikles Thema. Betroffen sind immer häufiger Zeichner von Geschlossenen Fonds — Absender sind oft Anlegerschutzkanzleien. Die Betroffenen haben allerdings auch Möglichkeiten, dagegen vorzugehen; sie müssen jedoch Geduld mitbringen.

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Doch der Reihe nach: Im Februar 2013 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass ­Publikumsfondsgesellschaften die Daten von Anlegern, die in einem Fonds investiert sind, an andere Zeichner dieses Fonds heraus­geben müssen. Die aktuelle Rechtsprechung betrifft nicht nur jene Anleger, die als Direktkommanditisten beteiligt sind, sich also — öffentlich einsehbar — ins Handelsregister haben eintragen lassen. Auch die Daten von Anlegern, die sich als Treugeber am Fonds beteiligt haben, also — bewusst anonym — über einen Treuhänder, müssen herausgegeben werden. Die Urteilsbegründung: Treugeber und Kommanditisten sind einen Gesellschaftsvertrag eingegangen, der beide Gruppen gleichstellt.

Das heißt, jeder Anleger hat das Recht, die anderen Investoren in dem von ihm gezeichneten Fonds zu kennen. Denn nur so können Zeichner ihre Gesellschafterrechte wahrnehmen, beispielsweise wenn sie Gesellschafterversammlungen einberufen, dort Anträge einbringen und Beschlüsse fassen wollen.

Die Herausgabe der Daten ist vor diesem Hintergrund legitim. Doch es gibt mehrere kritische Aspekte: So stößt die Herausgabe bei Anlegern kaum auf Gegenliebe. Eine von uns durchgeführte Umfrage unter mehr als 2.000 Treugebern eines Geschlossenen Fonds ergab, dass nur etwas mehr als 300 Anleger der Weitergabe ihrer Daten zustimmten. Über 800 Anleger wollten dies ausdrücklich auf keinen Fall. Die restlichen Anleger antworteten nicht, stimmten damit aber indirekt gegen die Weitergabe ihrer Daten.

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Anwälte klagen sogar gegen
wirtschaftlich gesunde Fonds

Außerdem stellt sich die Frage, wofür die Daten verwendet werden. Dienen sie wirklich dem Zweck, Gesellschafterrechte wahrzunehmen, oder steht hinter deren Anforderung vielmehr das Ziel, Adressen für Werbemaßnahmen zu gewinnen? Allzu oft zeigt sich in der Praxis, dass Anlegerschutzkanzleien Beteiligte an einem Fonds als Strohmänner nutzen, die Daten ihrer Mitanleger anfordern und gegebenenfalls einklagen lassen. Liegen die Adressen vor, versendet die Kanzlei in der Regel Serienbriefe — oft sogar unter Verstoß gegen anwaltliches Berufsrecht. Ihr Angebot: Sie verklagt die vertreibende Bank wegen fehlerhafter Aufklärung über die Vertriebsprovision, der Anleger könne dadurch aus dem Fonds aussteigen und bekomme sein Geld zurück. Fast schon absurd ist dabei, dass diese Methode sogar bei wirtschaftlich gesunden Fonds angewendet wird.

Ein derartiger Einsatz von Anlegerdaten zur Mandantenakquise ist allerdings weder mit dem Gesellschaftsrecht noch dem Bundesdatenschutzgesetz vereinbar. Ein betroffener Anleger kann nicht nur von dem Mit­gesellschafter, der die Versendung der Serienbriefe ermöglicht hat, Unterlassung und Schadenersatz verlangen und gegenüber der Anwaltskanzlei einer weiteren Verwendung seiner Daten widersprechen; ein Missbrauch der Daten für Werbezwecke stellt zudem eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 300.000 Euro oder gar mit Freiheitsstrafe geahndet werden kann.

Dazu muss der betroffene Anleger die missbräuchliche Verwendung der Daten jedoch anzeigen. Er kann nicht nur Strafanzeige stellen, sondern sich auch an die jeweilige Landesbehörde für Datenschutzaufsicht wenden. Hier ist allerdings ein langer Atem gefragt. Viele Behörden haben sich noch nicht intensiv mit dem Thema befasst und beginnen gerade erst, diese Praxis als datenschutzrechtliches Problem wahrzunehmen.

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Um ihre Anleger zu schützen, haben einige Fondsgesellschaften bereits anderweitig reagiert: Anleger können einen Empfangsvertreter benennen — einen Dienstleister, der ein Postfach einrichtet. Neben dem Namen des Anlegers erscheint dann im Fondsverzeichnis lediglich diese Anschrift. Der Dienstleister sammelt eingehende Schreiben und leitet sie gebündelt weiter. Die Anschrift des Anlegers bleibt dadurch, was sie ist — Privatsache.

Zur Person:

Stefan Raster, Partner bei
der Optegra GmbH & Co. KG
Der Autor ist als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, Partner bei der Optegra GmbH & Co. KG. Nach dem ­Studium der Rechts­wissenschaften war er im Bereich Geschlossene Fonds für das Wirtschaftsprüfungs­unternehmen Deloitte und für eine Vorgängergesellschaft von Optegra tätig.
Optegra ist eine führende mittel­ständische Wirtschafts­prüfungs- und Steuer­beratungs­gesellschaft in Deutschland mit Standorten in Köln und München.