Flexi-Rente im Blick

Rentenpolitik: Mehr Flexibilität bei der Rente

14.12.14 03:00 Uhr

Rentenpolitik: Mehr Flexibilität bei der Rente | finanzen.net

Jetzt wird es konkret - ein Sprecher des Arbeitsministeriums will bis Jahresende die Flexi-Rente ausgearbeitet haben. Eine ergänzenden Altersvorsorge sollte dem entsprechen.

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von Manfred Bauer, Gastautor von Euro am Sonntag

Ziel des Gesetzgebers ist es, den Erwerbstätigen in Deutschland einen deutlich flexibleren Einstieg in ihre gesetzliche Rente zu ermöglichen, als es derzeit der Fall ist. Beim Bürger rennt die Große Koalition damit offene Türen ein - umso wichtiger, dass sie sämtliche Folgen ihres geplanten Eingriffs richtig abschätzt.

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Die Marktforscher von YouGov haben die Deutschen im Auftrag von MLP befragt, in welchem Alter sie ihren Ruhestand beginnen wollen. Das repräsentative Ergebnis: Es gibt kein einheitliches Wunschrentenalter; die Vorstellungen sind höchst unterschiedlich und reichen von 50 bis in Einzelfällen weit über 70 Jahre hinaus. Im Gegensatz dazu steht das starr festgelegte Eintrittsalter bei der gesetzlichen Rente. Hier gelten - von wenigen Ausnahmen abgesehen - 67 Jahre. Versicherte können zwar eher aufhören zu arbeiten, vor Erreichen des regulären gesetzlichen Eintrittsalters fließt für das Gros dann aber allenfalls eine Rente mit großen Abschlägen - und dies auch frühestens ab 63 Jahren.

Insgesamt wollen 42 Prozent der Deutschen früher in Rente gehen, als es die gesetzliche Regelung vorsieht - und sind sich dabei der Tatsache bewusst, dass ein solcher Schritt mit Abschlägen bei ihrer gesetzlichen Rente verbunden ist. Zugleich geben bereits 19 Prozent in unserer Befragung an, dass sie länger arbeiten wollen. Nicht zuletzt aus zahlreichen Gesprächen mit unseren Kunden wissen wir, dass der Beruf für viele einen bedeutenden Teil ihres Lebensinhalts ausmacht - also eine weit wichtigere Rolle einnimmt, als nur den Lebensunterhalt bestreiten zu können.

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Mehr Spielraum fürs Arbeiten
über das Rentenalter hinaus

Sowohl diejenigen, die gern früher in Rente gehen, als auch die anderen setzen große Hoffnung in den Gesetzgeber, genauer gesagt in die geplante Flexi-Rente. Denn sie soll nach den Ankündigungen der Großen Koalition zu mehr eigener Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit verhelfen. Konkret wünscht sich mehr als ein Drittel der Befragten durch die Flexi-Rente mehr Spielraum fürs Arbeiten über das Regelrentenalter hinaus. Weitere 33 Prozent sind an einer Teilrente ab 60 Jahren interessiert. Zugleich ist das Regierungsvorhaben aber auch 29 Prozent der Befragten noch überhaupt nicht bekannt.

Diejenigen, die länger arbeiten wollen, stellen für das System der gesetzlichen Rente kein Problem dar - im Gegenteil, sie zahlen mehr ein und beziehen ihre Rente im Durchschnitt über einen kürzeren Zeitraum. Anders sieht es hingegen bei der Gruppe aus, die mitunter deutlich vor dem gesetzlichen Eintrittsalter von 67 Jahren ihre (Teil-)Rente beziehen will. In Berlin reichen die Ideen schon so weit, dass sich jeder selbst aussuchen soll, zu welchen Teilen er seine Rente vorzeitig beziehen will - dann auch schon ab 60 Jahren. Kalkuliert man dies auf Basis der aktuellen Berechnungsgrundlagen der Deutschen Rentenversicherung, müsste der 60-jährige Rentner lebenslang Abschläge in Höhe von 25,2 Prozent hinnehmen.

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Egal wie die Regelung am Ende aussieht: Selbst ohne Abschläge kann das gesetzliche System insbesondere für die Jüngeren keine angemessene Altersabsicherung mehr leisten, denn die aus dem demografischen Wandel resultierenden Mehrbelastungen schlagen immer stärker auf das umlagefinanzierte System durch. Schon ohne die jetzt diskutierten Maßnahmen wird das durchschnittliche Renteneinkommen schrittweise auf 44 Prozent des letzten Bruttogehalts sinken.

Um dies auszugleichen, hat der Gesetzgeber die ergänzende Altersvorsorge staatlich gefördert. Und mit Blick auf die jetzt geplante Flexibilisierung bei der gesetzlichen Rente steht diese ergänzende Altersvorsorge bereits heute beim wählbaren Auszahlungsbeginn vergleichsweise gut da: Der frühestmögliche Leistungsbezug liegt mit 62 Jahren ein ganzes Stück vor dem regulären gesetzlichen Renteneintrittsalter von 67 Jahren.

Natürlich besteht auch bei der ergänzenden Altersvorsorge ein Zusammenhang zwischen Einzahlung und Auszahlung. Ein früherer Rentenbeginn hat auch hier seinen Preis: geringere monatliche Rentenzahlungen an den Versicherten oder zuvor höhere Sparraten. Dazu folgendes Rechenbeispiel: Wer eine lebenslange private Rente von 1.000 Euro ab Alter 67 beziehen will, muss dafür rund 338 Euro monatlich einzahlen, sofern er im Alter von 30 Jahren damit beginnt. Unter denselben Annahmen, nur mit dem Unterschied, dass die private Rente schon ab 60 Jahren fließen soll, würde sich der Beitrag auf 558 Euro monatlich belaufen - eine Steigerung um etwa zwei Drittel.

Genau hier liegt die Herausforderung für die Einführung einer Flexi-Rente. Wie lässt sich also verhindern, dass diese die Versorgungslücken in der Bevölkerung vergrößert und damit zu einer zusätzlichen Last für die Sozialsysteme beiträgt? Ein Lösungsansatz könnte darin bestehen, ergänzende eigene Altersvorsorgeleistungen als Bedingung für den selbst gewählten früheren Bezug der gesetzlichen (Teil-)Rente vorzugeben. Damit würde ein Puffer geschaffen, auf den der Versicherte im Fall einer lebenslang reduzierten gesetzlichen Rente zurückgreifen könnte. Über die festzulegende Mindesthöhe dieses Puffers lässt sich streiten. In jedem Fall sollten diese zusätzlichen Bezüge sicherstellen, dass der Versicherte damit ein gutes Stück über der ­Sozialhilfegrenze liegt.

Mehr Möglichkeiten bei der
betrieblichen Altersvorsorge

Wo könnte der Gesetzgeber konkret ansetzen? Im Bereich der privaten Altersvorsorge lässt sich der Förderrahmen deutlich ausdehnen - und damit ein größerer Anreiz schaffen. Die letzte Erhöhung der maximalen Förderung der Riester-Rente hat im Jahr 2008 stattgefunden. Trotz Inflation und weiteren Reformen bei der gesetzlichen Rente sind bislang keine weiteren Schritte vorgesehen. Bei der betrieblichen Altersvorsorge besteht auch die Möglichkeit, eine Art Opting-out einzuführen. In Ländern wie den USA wird dieser Ansatz bereits praktiziert: Erwerbstätige sind dort automatisch in der betrieblichen Altersvorsorge untergebracht - jeder kann aber von einem Austrittsrecht Gebrauch machen. Die wenigsten tun dies. Für Deutschland würde sich dies im System der existierenden betrieblichen Altersvorsorge anbieten. Wichtig dabei: Die Tarifpartner müssen die für sie passende Ausgestaltung finden.

Weitere wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Flexi-Rente: Die private Vorsorge müsste auch beim Eintrittsalter im Gleichschritt angepasst werden. Ist bei staatlich geförderten Produkten wie der Riester-Rente bislang ein Mindestalter von 62 für den Leistungsbezug notwendig, sollte es künftig auf den Zeitpunkt des frühestmöglichen Renteneintritts abgesenkt werden. Der Gesetzgeber ist gut beraten, die von ihm begonnenen Diskussionen - die über die gesetzliche Flexi-Rente und die über eine Stärkung der ergänzenden Altersvorsorge - zu verbinden. Dann wird die Flexi-Rente ein Erfolg - und ein wichtiger Schritt für das deutsche Rentensystem.

Kurzvita

Manfred Bauer, Mitglied des
Vorstands der MLP

Nach der Ausbildung zum Versicherungskaufmann studierte Bauer Volkswirtschaftslehre, anschließend nebenberuflich ­Versicherungsfachwirt. Ab 1986 arbeitete er bei MLP. 2000 wurde er Vorstandsmitglied der MLP Versicherungs AG, von 2005 bis 2010 war er Vorstandschef der Janitos Versicherung. Seit 2010 ist Bauer Produktvorstand bei der MLP AG.
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