Versicherungen: Was muss ich angesichts einer Demenzerkrankung beachten?
Sie fragen, wir antworten! Die Redaktion von Euro am Sonntag beantwortet Leseranfragen zu Rechts-, Finanz- und Versicherungsthemen.
von Martin Reim, Euro am Sonntag
Mein Vater wird zunehmend dement. Was ist in puncto private Versicherungen zu beachten? Sollte man beispielsweise die Krankheit vorbeugend bei der privaten Haftpflicht melden?
€uro am Sonntag: Generell gesagt: Es gibt keine Meldepflicht. Ausnahme ist eine private Unfallversicherung. Wie die Gothaer Versicherung erläutert, sind hier nach den üblichen Bedingungen schwer- oder schwerstpflegebedürftige Personen "nicht versicherungsfähig und trotz Beitragszahlung nicht versichert". Viele Unfallversicherer orientieren sich an der gesetzlichen Pflege und legen sich auf einen Pflegegrad als objektives Kriterium fest. Ist für die an Demenz erkrankte Person beispielsweise der Pflegegrad drei festgelegt worden, so ist sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr versichert. Prämien, die über diesen Zeitpunkt hinaus gezahlt worden sind, werden erstattet.
Kfz-Police greift immer
Selbst wenn die Versicherung von einer Demenzerkrankung erfährt, kann sie deshalb nicht die Prämien erhöhen. Eine Ausnahme ist lediglich in der Kfz-Haftpflichtversicherung denkbar: Wenn ein Demenzpatient am Steuer einen Unfall verursacht, der reguliert werden muss, so erfolgt wie bei jedem anderen Kunden eine Rückstufung beim Schadenfreiheitsrabatt, sofern keine Rabatt-Retter-Regelungen vereinbart waren.
Sollte ein Demenzpatient mit seinem Auto einen Schaden anrichten, so hat das Verkehrsopfer gegen den Halter des Fahrzeugs selbst dann einen Schadenersatzanspruch, wenn der Fahrer infolge einer Demenz deliktunfähig gewesen sein sollte. So sieht es das strenge Straßenverkehrsgesetz vor. Eine Demenzerkrankung des Schadenverursachers steht also einer Entschädigung des Unfallopfers durch den Kfz-Versicherer nicht entgegen. Ob der Versicherer seine Leistung vom Verursacher zurückfordern kann, hängt vom Einzelfall ab.
Versicherer darf nicht kündigen
Ebenfalls wichtig: Wegen der Demenzerkrankung selbst hat eine Versicherung kein Sonderkündigungsrecht. Möglicherweise weigert sich die Privathaftpflicht, nach einem Schadenfall zu zahlen. Das hat dann aber nichts mit den Versicherungsbedingungen zu tun, sondern mit einer gesetzlichen Regelung, erläutert die Gothaer Versicherung: War ein Demenzpatient bereits "deliktunfähig", so nennen es Juristen, haftet er nicht. Das könnte der Fall sein, wenn jemand für einen Moment oder dauerhaft vollkommen verwirrt ist und gar nicht mehr begreift, was er tut. Es ist ähnlich wie mit Kindern unter sieben Jahren (Straßenverkehr: unter zehn Jahre), die von der Haftung befreit sind. Es besteht dann kein gesetzlicher Anspruch auf Schadenersatz, deshalb muss auch die private Haftpflicht nicht dafür aufkommen. Versichert ist grundsätzlich nur das, wofür man per Gesetz haftbar gemacht werden kann.
Eine positive Ausnahme ist möglich bei neueren Haftpflichtpolicen, bei denen der Schutz auf "Deliktunfähigkeit" erweitert wurde. Per Gesetz besteht zwar weiterhin kein Schadenersatzanspruch - der Demenzpatient oder seine Angehörigen könnten aber um des lieben Friedens willen die Versicherung beauftragen, den angerichteten Schaden trotzdem zu regulieren.
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