Euro am Sonntag-Titel

Früher in Rente: So wird Ihr Traum schneller wahr!

23.06.18 10:50 Uhr

Früher in Rente: So wird Ihr Traum schneller wahr! | finanzen.net

Wer vorzeitig raus aus dem Job will, braucht Geld - manchmal viel Geld. €uro am Sonntag hat durchgerechnet, was nötig ist. Und zeigt, woher das Kapital kommen kann.

von Stephan Haberer, Euro am Sonntag

Möchten Sie das nicht auch: Reisepläne verwirklichen, mehr Zeit mit der Familie verbringen, Hobbys ausbauen oder einfach nur die Seele baumeln lassen und auf der Lieblingsparkbank sitzen? Aber vor allem: früher aufhören zu arbeiten. Und zwar dann, wenn Sie es wollen, und nicht erst zu dem Zeitpunkt, den Ihnen der Staat ­vorschreibt.



Dieser Wunsch vieler Arbeitnehmer ist keineswegs utopisch, sondern durchaus zu realisieren - wenn man rechtzeitig dafür spart und genug Geld auf der hohen Kante hat. Das Problem dabei: Es müssen ja nicht nur die Jahre bis zum regulären Renteneintritt finanziell überbrückt werden. Zwangsläufige Folge der eigenen Frührente sind au­ßerdem Einbußen bei der staatlichen Rente, denn fehlende Beitragszeiten und Rentenabschläge hinterlassen lebenslange Defizite.

Und nicht zu vergessen ist die ohnehin bestehende normale Versorgungslücke, da auch die ursprünglich zu erwartende Rente sicher nicht gereicht hätte, um den gewünschten Lebensstandard im Alter zu halten. Schließlich will man persönliche Pläne sowohl im vorzeitigen als auch später im gesetz­lichen Ruhestand auf dem gewohnten Niveau verwirklichen.


Doch wie viel Kapital ist eigentlich tatsächlich notwendig, um sich vor der eigentlichen Rente eine längere Auszeit zu finanzieren? Wie viel Geld muss man ­dafür jeden Monat zurücklegen? Und wie spart man möglichst kostengünstig, aber dennoch renditestark an?

Die Antworten darauf sind von vielen Faktoren abhängig. Etwa dem eigenen Alter, der daraus resultierenden individuellen Regelaltersgrenze, dem bereits vorhandenen Vermögen, der gewünschten Dauer der Auszeit und den gewünschten monatlichen Auszahlungen in der Auszeit. Zudem müssen Annahmen zu Inflation und den erwarteten Renditen getroffen werden.


€uro am Sonntag hat deshalb für drei Musterfälle - für 40-, 50- und 60-Jährige - mehrere Szenarien durchgespielt (siehe PDF-Tabellen unten). Für jeden Fall wurden der Kapitalbedarf und die notwendige Sparrate für Auszeiten von einem, drei und fünf Jahren errechnet, wenn im Monat brutto jeweils so viel Geld zu Verfügung stehen soll, wie es heute einer Kaufkraft von 2.000, 3.000 oder 5.000 Euro entspricht. In einer Variante wurde angenommen, dass noch gar kein Kapital angespart worden ist. In einer zweiten ist unterstellt, dass bereits 50.000 Euro für die ein- oder mehrjährige Auszeit vorhanden sind.

Reguläre Rente (pdf)

Weitere Annahme: zwei Prozent Inflation. Zwar war die Teuerungsrate im Jahresschnitt 2017 mit 1,8 Prozent kaum niedriger, doch in den drei Jahren zuvor betrug sie weniger als ein Prozent. Wie sich die Inflation künftig entwickeln wird, weiß heute natürlich keiner. Aber angesichts der Tatsache, dass sie von 1950 bis Ende 2017 im Schnitt rund 2,5 Prozent pro Jahr betrug , scheint die ­Annahme von zwei Prozent durchaus realistisch. Sollte die Teuerungsrate im Schnitt darunter bleiben, entstünde ­daraus ein kleiner Finanzpuffer.

Denn bei den Berechnungen wurde der Kapitalbedarf kaufkraftbereinigt. Das heißt, es wurde ermittelt, wie viel Geld zu Beginn der Auszeit in einigen Jahren vorhanden sein muss, damit auch der inflationsbedingte Kaufkraftverlust ausgeglichen wird. Daraus resultiert, dass ein heute 60-Jähriger, der sich beispielsweise in fünf Jahren eine einjährige Auszeit bei monatlich 5.000 Euro Kaufkraft gönnen will, 66.300 Euro benötigt, während ein 50-Jähriger dafür schon 82.400 Euro braucht. Doch um diese anzusparen, hat er zum einen 16 Jahre Zeit . Und dank der längeren Ansparphase wirkt zum anderen der Zinseszinseffekt stärker. Bei einem 40-Jährigen steigt der Kapitalbedarf für eine gleich lange Auszeit vor der Rente sogar auf 100.500 Euro. Allerdings kann er auch 26 Jahre lang Kapital ansparen.

Was nicht unterschlagen werden soll: Es gibt durchaus Möglichkeiten, den ­Kapitalbedarf für die individuelle "Frührente" zu senken. Etwa: vorzeitig mit Abschlägen in Rente zu gehen, Teil- beziehungsweise Flexi-Rente vor der eigentlichen Altersrente, angesparte Guthaben auf Zeitwertkonten zur Finanzierung der Auszeit zu nutzen oder auch die Möglichkeit von Sabbaticals. Alle diese Möglichkeiten blieben bei unseren Szenarien außen vor, da sie die Komplexität der Darstellungen noch deutlich erhöht hätten.

Andere Annahmen sind dagegen Basics. Etwa, dass das benötigte Kapital zu Beginn der Auszeit komplett zur Verfügung steht. Begründung dafür: In der Auszahlphase sollte möglichst risiko­arm angelegt werden. Am besten so, dass lediglich die Inflation ausgeglichen wird. Genauso wird übrigens auch bei bereits vorhandenem Vermögen verfahren: Soweit Geld für die Auszeit tatsächlich benötigt wird, soll lediglich für einen Inflationsausgleich gesorgt werden.

Oder möchten Sie, dass ein Börsencrash kurz vor Beginn Ihrer Auszeit all Ihre Träume zerstört? Dagegen wurde vorhandenes Geld - in der Variante mit bereits angesparten 50.000 Euro -, das zur Sicherung der Auszeit nicht notwendig ist, so renditestark angelegt wie die eigentlichen Sparraten.

In Sachen Rendite wurden dabei jeweils vier Szenarien betrachtet: In der "Kopfkissen-Variante" verzinst sich das angesparte Geld gar nicht. Daneben wurden drei Szenarien mit einer jährlichen Verzinsung von 2,5, 5,0 sowie 7,5 Prozent durchgespielt.

Achtung: Dabei handelt es sich um Nachsteuerrenditen, die zur Erreichung des Sparziels notwendig sind. Angenommen, der Sparerfreibetrag ist ausgeschöpft und das Ersparte so angelegt, dass erst am Ende der Ansparphase Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von 26,375 Prozent fällig werden, muss vor Steuern eine Rendite von 3,4 Prozent erzielt werden, damit netto 2,5 Prozent übrig bleiben. Um netto auf 5,0 Prozent zu kommen, ist aber eine Vorsteuerrendite von rund 6,8 Prozent notwendig. Und bei 7,5 Prozent netto sind es sogar knapp 10,2 Prozent. Das schafft über längere Zeiträume kaum ­jemand. Tipp: maximal mit einer Nachsteuerrendite von 5,0 Prozent planen. Das ist ambitioniert genug.

Vorsicht vor zu hohen Erwartungen

Natürlich möchten die meisten, dass die monatlichen Auszahlungen hoch sind und lange fließen. Doch das dürfte oft ein unerfüllbarer Wunsch bleiben. Am ehesten können 40-Jährige, die bereits 50.000 Euro auf der hohen Kante haben, das zusätzliche Kapital für eine längere Auszeit ansparen (siehe Tabelle unten). Möchten sie in 22 Jahren mit ihrer fünfjährigen Auszeit vor der Rente beginnen, reicht ihnen bei einer Nachsteuerrendite von 5,0 Prozent und monatlichen Auszahlungen, die einer Kaufkraft von heute 2.000 Euro entsprechen, eine monatliche Sparrate von 229 Euro. Wollen Sie dagegen 3.000 Euro Kaufkraft im Monat, müssten sie, bei sonst gleichen Bedingungen, schon 424 Euro im Monat aufbringen.

Aktuelles Alter: 40 Jahre (pdf)

Dagegen ist ein Jahr Auszeit ein Kinderspiel: Sowohl bei 2.000 als auch bei 3.000 Euro im Monat darf der 40-jährige potenzielle "Frührentner" mit 50.000 Euro Vermögen jeden Monat sogar Geld abheben - und die Auszeit ist immer noch finanzierbar. Dies wird in den Tabellen durch negative Sparraten signalisiert. Sogar 5.000 Euro im Monat sind für ihn ein Klacks. Selbst wenn er das Geld unters Kopfkissen legt, beträgt die Sparrate in dieser Variante 54 Euro.

Viel heftiger erwischt es den, der sich erst mit 60 Jahren entschließt, für eine Auszeit Kapital aufzubauen: Hat er bisher noch gar nichts zurückgelegt, dann dürfte sich Otto Normalverdiener maximal eine einjährige Auszeit mit monatlichen "Rentenzahlungen" einer Kaufkraft von 2.000 Euro aufbauen können: Bei 2,5 Prozent Nachsteuerrendite muss er dafür jeden Monat 415 Euro zurücklegen. Selbst bei 5,0 Prozent nach Steuern sinkt die Rate lediglich auf 389 Euro.

Aktuelles Alter: 50 Jahre (pdf)

Wer mit 60 Jahren dagegen noch schnell eine fünfjährige Sorglos-Auszeit mit 5.000 Euro monatlicher Kaufkraft vor die Rente schalten will, müsste dafür ohne eigenes Kapital in gerade mal einem Jahr 306.000 Euro ansparen, was selbst bei 7,5 Prozent Nachsteuerrendite monatliche Raten von 24.483 Euro erfordern würde. Und selbst mit 50.000 Euro Eigenkapital müsste er immer noch Monatsraten von 20.429 Euro stemmen. Doch wer solche Raten zahlen kann, dürfte schon längst so viel Geld haben, dass er sich auch sofort eine Auszeit ­gönnen könnte.

Aktuelles Alter: 60 Jahre (pdf)

Für alle ohne entsprechendes Finanzpolster bleibt die Frage, wie man sich möglichst renditestark Vermögen für die ganz persönliche Auszeit aufbauen kann. Einen guten Weg dorthin bieten aus Sicht der Redaktion Zielfonds. Geeignete Produkte finden Sie in der Euro am Sonntag, Ausgabe 24/2018 ab Seite 22.




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