Euro am Sonntag testet

Bausparkassen: Von wegen altmodisch

14.09.13 03:00 Uhr

Auch im Zinstief bringen die Deutschen ihr Geld zu LBS und Co. Doch lohnt sich das? €uro am Sonntag hat den Test gemacht.

von Markus Hinterberger, Euro am Sonntag

Vor fast 130 Jahren hatte Friedrich von Bodelschwingh eine Milliarden­idee. Der Pastor gründete 1885 in Bielefeld die „Bausparkasse für Jedermann“. Mit ihrer Hilfe sollten Menschen ohne eigenes Kapital gemeinsam sparen, und nach einer gewissen Zeit wäre so viel Geld beisammen, dass alle Einzahler aus dem Spartopf einen Immobilien­kredit bekommen könnten.

Es dauerte einige Jahrzehnte und zwei Weltkriege, bis das Bausparen Teil der deutschen Mentalität wurde, doch seit dem Wiederaufbau in den 1950er-Jahren ist die Zahl der Bausparverträge stetig gestiegen. Derzeit haben die Deutschen in gut 30 Millionen Bausparverträgen rund 760 Milliarden Euro angelegt. Allein der Verband der privaten Bausparkassen, in dem sich gut die Hälfte der 22 hierzulande aktiven Gesellschaften organisiert hat, regis­trierte in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 1,3 Millionen neue Verträge — über ein Viertel mehr als im ersten Halbjahr 2012.




















Das wohl wichtigste Motiv: Wer heute einen Bausparer abschließt, sichert sich einen niedrigen Darlehenszins, ganz egal, ob er in zehn oder erst in 20 Jahren bauen wird. Das ist der Vorteil der derzeit extrem niedrigen Zinsen. Der Nachteil: In der Ansparphase bringen es zurzeit nur wenige Verträge auf einen Zinssatz von einem Prozent oder mehr. Bei den meisten aktuellen Tarifen liegen die Sparzinsen im Null-Komma-Bereich.

Aber auch wenn das Grundprinzip eines Bausparvertrags stets gleich ist, so gibt es eine Vielzahl von Tarifen, und nicht alle Bausparkassen warten mit denselben Konditionen auf. Aus diesem Grund hat €uro am Sonntag gemeinsam mit dem Deutschen Kundeninstitut in Düsseldorf (DKI) die 20 größten deutschen Bausparkassen getestet.

Beim Test außen vor blieben die LBS Bremen und die BSQ-Bausparkasse. Die Gründe: Letztere hat das Neugeschäft eingestellt, und die LBS Bremen gehört zu fast drei Vierteln zur LBS West.





















Im ersten Schritt des Tests wurden von den Bausparkassen Angebote eingeholt. Dabei ging es um zwei konkrete Beispiele.

Beispielkunde A möchte in fünf Jahren sein Haus ­modernisieren. Dafür benötigt er 30.000 Euro. Die Finanzierung soll möglichst zu 100 Prozent über einen Bausparvertrag erfolgen. In der Ansparphase kann der Immobilienbesitzer monatlich maximal 300 Euro ansparen. Es soll keine Sonderzahlung zu Vertrags­beginn geben, und das Bauspardarlehen soll in zehn Jahren getilgt sein. Förderungen wie Riester oder vermögenswirksame Leistungen wurden nicht berücksichtigt.

Beispielkunde B möchte in acht Jahren ein Haus kaufen. 120.000 Euro des Kaufpreises will er mittels Bausparvertrag finanzieren. In der Ansparphase kann er monatlich 650 Euro zurücklegen. Das Bauspardarlehen soll in 15 Jahren getilgt sein. Auch sein Vertrag soll keine staat­lichen Förderungen enthalten.




















Die eingegangenen Angebote für die Beispielfälle bildeten die Unterkategorie „Konditionen“, die mit 30  Prozent in die Gesamtwertung einfloss. Im zweiten Teil des Tests führten anonyme Testkäufer mehr als 150 Beratungsgespräche bei den Bausparkassen oder deren Vertriebspartnern vor Ort. Hier ging es um Fragen wie: Wird die finanzielle Situation des Kunden analysiert? Erklärt der Berater, wie ein Bausparer funktioniert? Erläutert er die Kosten? Dieser Beratungstest machte 40  Prozent der Gesamtwertung aus.

In der Kategorie „Service“ wurde gemessen, wie schnell und kompetent die Bausparkassen auf Kundenanfragen per Telefon und E-Mail antworten und welche Informationen Interessierte über die Internetseite der Anbieter abrufen können.

Keine großen Patzer
Unterm Strich setzte sich Schwäbisch Hall durch. Deutschlands größte Bausparkasse erzielte 92,5 Punkte und verwies damit die LBS Bayern und die Alte Leipziger klar auf die Plätze. Die LBS Saar komplettiert die aus vier Anbietern bestehende Spitzengruppe, die alle die Note „sehr gut“ erhielten. Auf dem letzten Platz landete die Aachener Bausparkasse. Sie musste sich mit der Note „ausreichend“ zufriedengeben, alle anderen Anbieter schafften die Note 3 und besser.

Beim Blick in die drei Unterkategorien zeigen sich größere Leistungsunterschiede: So kommt in der Königsdiziplin, der Beratung, die letztplatzierte Aachener Bausparkasse nicht einmal auf die Hälfte der Punkte, die Schwäbisch Hall auf Platz 1 eingesammelt hat.




















Bei den Konditionen konnte die ­Signal Iduna groß auftrumpfen. Der Tarif „Freiraum F50“ sorgte dafür, dass die Dortmunder bei beiden Beispielkunden weit vorn lagen. „Relativ schwache Ergebnisse bei Beratung und Service sorgten jedoch dafür, dass es unterm Strich in der Gesamttabelle nur für Platz 7 reichte“, sagt DKI-Chef Jörn Hüsgen. Ähnlich sieht es bei der „Service“-Siegerin LBS Nord aus. Die Berliner rangierten bei den Konditionen und der Beratung unter „ferner liefen“.

Lohnt sich Bausparen?
Um herauszufinden, ob sich Bausparen lohnt, hat das DKI die Konditionen der Bausparkassen mit einer Kombination aus einem Darlehen mit vorgelagertem Sparplan verglichen. Um möglichst realistische Vergleichswerte zu haben, wurde beim Banksparplan eine Rendite von 1,4 Prozent (Beispielkunde A) und 1,52 Prozent (Beispielkunde B) unterstellt. Diese Sätze entsprechen in etwa den Durchschnittszinsen der vergangenen fünf und acht Jahre in dieser ­Anlageklasse. Beim anschließenden Darlehen, das erst in fünf respektive acht Jahren abgeschlossen wird und dessen Zins folglich nur gemutmaßt werden kann, wurden 4,5 Prozent angenommen. Dieser Wert entspricht dem langfristigen Durchschnittszins für Darlehen mit zehn und 15 Jahren Zinsbindung.
Vor allem für Beispielkunde B, der den Kredit erst in acht Jahren will, lohnt sich Bausparen mehr als die Kombination aus Banksparplan und Kredit. Der Bausparer macht zwar je nach Anbieter wegen der niedrigen Zinsen in der Ansparphase erst mal zwischen 810 Euro (Aachener) und 6.200 Euro (Schwäbisch Hall) Miese, holt diese aber durch das günstigere Darlehen mit durchschnittlich 3,2 Prozent Zinsen locker wieder rein. Über alle 20 Offerten finanziert er im Schnitt über 3.100 Euro günstiger.

Bei Beispielkunde A, der bereits nach fünf Jahren sein Darlehen abrufen will, ist die Kombination aus herkömmlichem Darlehen mit vorgelagertem Banksparplan nur in der Hälfte der Fälle sinnvoller. „Auf die kurze Frist schlagen die Abschlusskosten der Bausparverträge recht stark durch“, so Hüsgen. Wie hoch die Kosten sind, hängt vom jeweiligen Tarif ab. „Als Faustregel gilt, dass ein Bausparer in der Sparphase bei weniger als einem Prozent Guthabenzins erst nach rund sieben Jahren eine positive Rendite erwirtschaftet“, sagt Max Herbst von der Frankfurter FMH Finanzberatung. Seiner Ansicht nach sind Bausparverträge vor allem dann sinnvoll, wenn sich Kunden einen besonders niedrigen Zins langfristig sichern wollen. „Damit ist man in den vergangenen 20 Jahren immer gut gefahren“, so Herbst.

Doch Vorsicht: Bleiben die Baugeldzinsen für die nächsten zehn Jahre auf dem niedrigen Niveau von heute, lohnt sich Bausparen nicht.
Gesamtwertung Bausparkassen (pdf)