Euro am Sonntag-Test

Internetversicherungen: Policen für Sicher-Surfer

05.09.15 03:00 Uhr

Internetversicherungen: Policen für Sicher-Surfer | finanzen.net

Ob Handel oder Banking, das Leben verlagert sich zunehmend ins Netz. Doch hier lauern allerlei Gefahren. €uro am Sonntag zeigt, wie Sie sich absichern.

von Uwe Schmidt-Kasparek, Euro am Sonntag

Wer es einmal getan hat, tut es immer wieder. Laut dem IT-Branchenverband Bitkom kaufen 77 Prozent der Internetnutzer mehrmals im Monat im Netz ein. Auch wenn Onlineshopping inzwischen für viele ganz normal ist, nicht wenige Onlinekunden fürchten, dass ihre Bank- oder Kreditkartendaten in falsche Hände geraten. Wieder andere Internetnutzer haben Angst, in sozialen Netzwerken gemobbt zu werden, manche fürchten Schreiben von gewieften Anwälten, die sie mit Urheberrechtsklagen überziehen, weil sie Musik oder Filme heruntergeladen haben. All diese Ängste rufen Versicherer auf den Plan. €uro am Sonntag zeigt, welche Policen sinnvoll sind - und welche Sie sich sparen können.

Eines sei vorweg gesagt: Auf dem Markt der Onlineversicherungen herrscht ein kunterbuntes Durcheinander. So gibt es spezielle Internetpolicen (siehe pdf-Datei unten), die mehr oder weniger aufgemotzte Rechtsschutzversicherungen sind. Dazu kommen Hausratversicherungen mit einem extra Internetschutz (siehe pdf-Datei unten). Aber auch ganz normale Policen versprechen Schutz: Private Haftpflichtverträge versichern oft standardmäßig gegen Schäden, die Dritten durch die Onlinekommunikation entstehen. Gleichzeitig zahlen viele Hausratversicherungen, wenn Cyberkriminelle Geld vom Konto per Onlineabbuchung stehlen. Und herkömmliche Rechtsschutzpolicen helfen beim Streit um Identitätsmissbrauch oder im Onlinehandel.

Notnagel Haftpflicht

Bei Schäden, die bei Fremden entstehen, wenn ein Nutzer Daten per Internet verschickt, die Viren oder andere Schadsoftware enthalten, steht die private Haftpflichtversicherung gerade. Dieser Internetschutz ist längst Standard am Markt, denn er ist in den Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) enthalten.

Unterschiede gibt es bei der Versicherungssumme und dem Geltungsbereich. Achtung: Die GDV-Musterbedingungen verpflichten den Versicherten, dass er seine Daten etwa durch Virenscanner auf dem aktuellen Stand der Technik sichert und prüft.

Die private Haftpflichtversicherung hat aber ihre Grenzen: Wer illegal Filme, Musik oder Programme lädt, muss immer für den wirtschaftlichen Schaden aufkommen. Hier leistet bisher keine Gesellschaft - auch keine Internetversicherung. Doch viele Policen bieten immerhin einen Abwehrrechtsschutz. Denn vielfach ist gar nicht klar, ob tatsächlich eine rechtswidrige Handlung vorlag. Das nutzen sogenannte Abmahnanwälte, die Internetnutzern vorwerfen, unberechtigt geschütztes Material heruntergeladen zu haben. Hier greift der Beratungs- oder Strafrechtsschutz. Ihn bietet aber auch eine klassische Rechtsschutzversicherung.

Schwache Extras

Die speziellen Internetversicherungen versprechen Leistungen, die man bei klassischen Haftpflicht- oder Hausratpolicen nicht absichern kann. Viele Extras, die in diesen Policen angeführt werden, sind aber mager. So entfallen bei allen ARAG-Web@ktiv-Tarifen (siehe pdf-Tabelle unten) fünf Mehrleistungen allein auf den aktiven Strafrechtsschutz. Der erlaubt den Kunden, bei Identitätsmissbrauch oder einer Rufschädigung per Internet bis zu 1.000 Euro Kosten für eine Strafanzeige auszugeben. Bei einfachen Web@ktiv-Tarifen können rufschädigende Internetinhalte für 100 Euro je Fall und 1.000 Euro pro Jahr gelöscht werden. Eine Garantie, dass missliebige Einträge verschwinden, gibt es aber nicht.

Beim Toptarif der ARAG, dem Web@ktiv plus für Privatkunden, ist dieser Service um eine telefonische Beratung im Fall von Cybermobbing erweitert. Zudem leistet der Tarif bis zu 3.000 Euro bei Schäden, wenn Daten durch fremde Viren beschädigt oder zerstört werden. Bezahlt wird lediglich die Datenrettung.

Bei näherem Hinsehen entpuppen sich die Mehrleistungen des Toptarifs der BNP Paribas, Cardif Digital Life Protect, in allen drei Bausteinen beinahe als Mogelpackung. Das von der Gesellschaft dargestellte Leistungsplus umfasst nur den Einkommensausfall für unbezahlten Urlaub, Dokumentenkosten oder Reisekosten, die dem Kunden nach einem Diebstahl persönlicher Daten entstehen könnten. Ob die Kontosperrung, der Besuch eines Anwalts oder die Beschaffung einer neuen Kreditkarte Anlass für einen unbezahlten Urlaub darstellen, ist zweifelhaft.

Mehr gibt es bei Policen, die Schutz vor unrechtmäßigen Abbuchungen beim Onlinebanking bieten. Pro Schaden haben klassische Hausratversicherungen oft ein Limit von 1.000 Euro. Demgegenüber sind beim "Finanzschutz" der Cosmos Direkt oder der "Internetschutzpolice" der R + V Versicherung jeweils 10.000 Euro pro Schadenfall und Jahr abgedeckt. Der "Finanzschutz" beschränkt sich zwar auf illegale Onlineabbuchungen vom Konto, ist aber mit acht Euro Jahresprämie die günstigste Police. Es gibt jedoch auch Hausrattarife, die mit den Internetpolicen summenmäßig konkurrieren können.

Lieber den Rechner sichern

Wer also nur Angst um seine Kontodaten hat oder um seinen Ruf in sozialen Netzwerken fürchtet, kann sich am Markt ganz passabel absichern. Solange es keinen umfassenden Schutz gibt, lohnt es sich eher, mehr in neueste Sicherheitssoftware und regelmäßige Updates zu investieren, statt auf eingeschränkten Versicherungsschutz zu bauen. Das kostet zwar, doch dieser Aufwand ist kalkulierbarer als das Risiko, Opfer von Cyberkriminellen zu werden. "Risiken, die nicht existenzgefährdend sind, müssen nicht abgesichert werden", sagt Roland Harstorff, Versicherungsberater aus Norderstedt bei Hamburg.

Ist das private Onlinesystem gesichert und macht der Kunde keinen gravierenden Fehler, könnten beispielsweise auf dem Konto Schäden von höchstens 150 Euro auftreten, so Harstorff. Den Rest übernimmt dank verbraucherfreundlicher Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs glücklicherweise immer die Bank.

Im Überblick: PRIVATE HAFTPFLICHTVERSICHERUNG MIT ONLINESCHUTZ (PDF)

Internetpolicen: MEIST EIN RECHTSSCHUTZ MIT EXTRAS (PDF)

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