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Neue Fondssteuer: Wie Sie dem Fiskus ein Schnippchen schlagen

25.11.17 03:00 Uhr

Neue Fondssteuer: Wie Sie dem Fiskus ein Schnippchen schlagen | finanzen.net

Gewinne auf ältere Fondsanteile sind ab 2018 nicht mehr unbegrenzt steuerfrei. Das Übertragen von Vermögen kann Nachteile verhindern.

von Brigitte Watermann, €uro am Sonntag

Geben ist bekanntlich seliger denn nehmen - wer diesen Bibelspruch auf sein Fondsdepot anwendet, kann nicht nur anderen eine Freude machen, sondern mit Blick aufs Finanzamt auch sich selbst. Wegen der Reform der Fondsbesteuerung in Deutschland zum Jahreswechsel kann es sich nämlich steuerlich lohnen, seinen Familienmitgliedern Fonds­anteile aus der Zeit vor 2009 zu schenken. Denn die Privilegien für Altfondsanteile, die damals noch vor dem Start der Abgeltungsteuer gekauft wurden, werden gekappt. Mit Vermögensübertragungen auf Ehepartner, Kinder und Co lässt sich geschickt gegen­steuern.



Doch der Reihe nach: Sogenannte Alt­anteile, die bis Ende 2008 den Weg ins Depot fanden, lassen sich derzeit mit Gewinn unbegrenzt steuerfrei verkaufen. Künftig wartet auf Besitzer solcher Altfondsanteile (nicht aber von Aktien, Anleihen & Co aus der Zeit vor der Abgeltungsteuer) eine Gewinnbremse. Grund dafür ist ein Systemwechsel in der Fondsbesteuerung ab 2018.

Er sieht unter anderem vor, dass künftig bestimmte Erträge schon auf Fonds­ebene besteuert werden. Zum Ausgleich bekommen Anleger je nach Fondstyp unterschiedliche Teil­freistellungen auf die Abgeltungsteuer eingeräumt. Wichtige Änderungen gibt es auch bei der Besteuerung von realisierten Kursgewinnen: Künftig bleiben nur noch Gewinne, die bis Ende 2017 aufgelaufen sind, steuerlich komplett unbehelligt.


Dagegen sind Wertzuwächse, die bei solchen alten Fondsanteilen ab 2018 entstehen, beim Verkauf nur noch bis zu einem Freibetrag von 100.000 Euro pro Person steuerfrei. Was darüber hinausgeht, unterliegt der 25-Prozent-auf-alles-Steuer. "Dadurch dürfte sich für die weit überwiegende Zahl der Steuerpflichtigen faktisch weiterhin ein Bestandsschutz hinsichtlich der vor 2009 erworbenen Investmentanteile ergeben", so das Bundesfinanzministerium.

Möglich wird das neue System durch einen technischen Kniff. Denn zum Jahreswechsel 2017/18 werden alle Fondsanteile im Bestand unabhängig vom Kaufdatum als fiktiv veräußert und dann zum 1.1.2018 als wieder fiktiv angeschafft eingestuft - diese Daten speichern die depotführenden Stellen. Bis dahin aufgelaufene Gewinne werden also konserviert. Der Kurswert am 1.1.2018 ist dann der Startwert, von dem aus künftige steuerpflichtige Kursgewinne berechnet werden.


Wichtig zu wissen: Beim Verkauf der Altanteile knappst die Bank erst einmal Steuer auf Kursgewinne ab 2018 ab. Ihren Freibetrag müssen Anleger jeweils in der Steuererklärung des Verkaufsjahres geltend machen, das Finanzamt behält über die Höhe des ausgeschöpften Freibetrags den Überblick.

Doch es dürfte wohlhabende Anleger geben, denen die 100.000 Euro Freibetrag in der Zukunft nicht ausreichen. Wer alte Fondsanteile auf Ehepartner oder Kinder überträgt, kann aber de facto den Freibetrag hebeln, denn er gilt personenbezogen; der Status der verschenkten Wertpapiere als begünstigte Altanteile geht auf den neuen Eigentümer über. Dem steht ebenfalls ein Freibetrag von 100 000 Euro zu.

Schenkungsteuer beachten

Wann eine solche Schenkung erfolgt, ist dabei laut Finanzministerium "unbeachtlich". Ein Sprecher des Steuerberaterverbands Berlin-Brandenburg erläutert: "Handlungsbedarf zum 31.12.2017 besteht nicht, weil das Finanzamt bei späteren Veräußerungen für Fondserwerbe vor 2009 stets den Wert vom 1.1.2018 als Einstand zugrunde legt."

Wer einen Übertrag erwägt, sollte aber die Regeln der Schenkungsteuer beachten. Ehegatten untereinander dürfen sich alle zehn Jahre bis zu 500.000 Euro steuerfrei übertragen; beim Übertrag von Eltern auf Kinder gilt ein Freibetrag von 400.000 Euro, bei Großeltern auf Enkel sind es 200.000 Euro. Da Kinder als vollwertige Steuerbürger zählen und ihnen daher die üblichen Freibeträge zustehen, bleiben bei ihnen Wertpapiererträge bis zu einer Höhe von bis zu 9.657 Euro pro Jahr (2018: 9.837 Euro) steuerfrei.

Doch Vorsicht: Die Vermögensübertragung muss endgültig erfolgen, damit der Fiskus mitspielt. Liegen die nach Abzug des Sparerpauschbetrags verbleibenden Kapitalerträge im Kalenderjahr 2017 über 5.100 Euro (425 Euro monatlich; ab 2018: 435 Euro), endet die kostenfreie Mitgliedschaft des Kindes in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Doch warum hat der Gesetzgeber überhaupt die komplette Steuerfreiheit bei Kursgewinnen mit Altfonds gekippt? Vorwiegend im benachbarten Ausland waren vor Start der Abgeltungsteuer sogenannte Millionärsfonds aufgelegt worden. Darin hatten reiche Anleger ganze Wertpapierdepots eingebracht, um einer Besteuerung von laufenden Erträgen, aber auch von Kursgewinnen ganz zu entgehen. Otto Normalanleger hatte diese Fluchtmöglichkeit nicht. "Die Kappung des Bestandsschutzes beendet die bisherige Steuerumgehungsmöglichkeit und führt dadurch zu mehr Steuergerechtigkeit", so das BMF.

Beispiel

Anleger hat noch vor 2009 Fondsanteile erworben. Bis Ende 2017 sind 200.000 Euro an Buchgewinnen aufgelaufen. Der Anleger benötigt das Geld aus seinen Fondsanteilen vorerst nicht und spart weiter. Angenommen, die Fondsanteile gewinnen weiter an Wert, belaufen sich die Buchgewinne im nachfolgenden Beispiel im Jahr 2035 auf 500.000 Euro.

a) Er tut nichts
Er behält alles und verkauft die Fondsanteile 2035: Erst die Kursgewinne ab 2018 (300.000 Euro) unterliegen bei späterem Verkauf der Abgeltungsteuer, 100.000 Euro bleiben aber steuerfrei

Gewinne, die ab 2018 besteuert werden: 200.000 € Steuersatz: 26,375 % fällige Steuer: 52.750 € Gewinn nach Steuern: 147.250 € zuzüglich des Freibetrags von 100.000 Euro: 247.250 €

b) Er drittelt sein Depot
verschenkt ein Drittel an seine Frau: 100 000 € verschenkt ein Drittel an seine Tochter: 100 000 € behält ein Drittel selbst: 100 000 € Alle drei müssen keine Steuern zahlen, solange sie ­unter dem Freibetrag von je 100.000 Euro bleiben.

Gesamtersparnis der Familie 52 750 €

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