Euro am Sonntag-Service

Klassiker mit Imageproblemen: Der große Bausparkassen-Test

17.09.17 03:00 Uhr

Klassiker mit Imageproblemen: Der große Bausparkassen-Test | finanzen.net

Durch Massenkündigungen von Altkunden und Gerichtsverfahren sind die Bausparkassen ins Gerede gekommen. Was sie neuen Kunden trotz allem bieten können, zeigt der €uro am Sonntag-Test.

von Markus Hinterberger, Euro am Sonntag

Die Bausparkassen kommen nicht aus den Schlagzeilen. Nun hat das Landgericht Karlsruhe eine Klausel in Verträgen der Badenia verworfen, die es der Bausparkasse ermöglichte, Kunden zu kündigen, wenn sie nach 15 Jahren die Zuteilungsvoraussetzungen für das Bauspardarlehen noch nicht erreicht oder die Zuteilung noch nicht angenommen haben.



Das Urteil könnte auch anderen Instituten Probleme bereiten. Die Kündigung nach 15 Jahren findet sich auch in den Musterbedingungen des Verbands der Privaten Bausparkassen, dem alle Institute außer den Landesbausparkassen (LBS) angehören, sowie bei der LBS Südwest. Ob es auch in diesem Fall wieder ein Urteil des Bundesgerichtshofs braucht, ist offen.

Klar ist: Das Bild der Bausparkassen in der Öffentlichkeit ist angesichts von über einer Viertelmillion gekündigter Verträge und zahlreicher Rechtshändel beschädigt. Hinzu kommt, dass den Bausparkassen im Zinstief vor allem in der Anfangsphase, in der es ums Sparen geht, Neukunden keine hohen Renditen versprechen können.

Planbar und doch flexibel

Dennoch sind Bausparverträge in bestimmten Konstellationen einen Blick wert. Bausparen lohnt sich immer dann, wenn man sich für die Zukunft planbar günstiges Baugeld sichern will. Weitere Vorteile des Bausparens: Ein Darlehen kann jederzeit voll zurückgezahlt werden, anders als bei einem herkömmlichen Immobilienkredit kassiert die Bausparkasse dann keine Vorfälligkeitsentschädigung. Außerdem: Einen Vertrag bekommt jeder. Denn Bausparer ersparen sich ihre Kreditwürdigkeit in der Ansparphase. Nicht zuletzt deswegen hat €uro am Sonntag gemeinsam mit dem Deutschen Kundeninstitut (DKI) Bausparkassen getestet.

Für den Bausparkassen-Test wurden zwei Musterfälle entwickelt: Einmal ging es um einen Bausparvertrag mit einer Bausparsumme von 100.000 Euro, der in zehn Jahren Teil einer Immobilienfinanzierung werden soll. Beim zweiten Testfall lag die Bausparsumme bei 40.000 Euro. Das Darlehen soll genutzt werden, um in fünf Jahren eine Wohnung zu sanieren. In 17 von insgesamt 38 Fällen hat das DKI dabei die Angebote verwendet, die von den Bausparkassen-Zentralen im Rahmen der Anbieterbefragung mitgeteilt wurden. In den Fällen, in denen die Zentralen kein Bausparangebot zur Verfügung stellten, wurde der Onlinebausparrechner verwendet.



Wenn dieser nicht vorhanden oder nicht frei zugänglich war, wurde auf die in den Beratungsgesprächen erhaltenen Bausparangebote der Testkunden zurückgegriffen. Neben den Konditionen wurden die Beratung in Testgesprächen in Filialen oder bei Vertriebspartnern vor Ort sowie der Kundenservice via Telefon und im Netz untersucht.

Die Ergebnisse

Der durchschnittliche Guthabenzins über alle 19 Bausparkassen hinweg liegt im ersten Szenario bei 0,2 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Wert damit etwas gestiegen. Damals lag er bei 0,16 Prozent. Den höchsten Guthabenzins hatte das Angebot der Signal Iduna Bauspar mit einem Prozent, den niedrigsten das Angebot der LBS Ost mit 0,05 Prozent. Im zweiten Szenario liegt der durchschnittliche Guthabenzins bei 0,26 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Wert auch hier leicht (2016: 0,21 Prozent). Hier gab es den Topzins von einem Prozent wieder bei der Signal Iduna und auch beim Deutschen Ring. Die LBS Ost war mit 0,05 Prozent erneut Schlusslicht. "Da dauert es allein schon einige Zeit, bis der Kunde die Abschlussgebühr von einem Prozent der Bausparsumme, sprich 400 Euro, über die Zinsen wieder angespart hat", kritisiert DKI-Chef Jörn Hüsgen.

In der Darlehensphase liegt der durchschnittliche effektive Jahreszins im ersten Szenario bei 2,47 Prozent. Die BHW Bauspar hat mit 1,48 Prozent den niedrigsten, die Aachener Bausparkasse mit 3,54 Prozent den höchsten Zins. Im zweiten Szenario liegt der effektive Jahreszins im Schnitt bei 2,82 Prozent. Hier war die Badenia mit 1,73 Prozent am günstigsten und der Deutsche Ring mit 4,29 Prozent am teuersten.

Da Bausparkassen laut BGH-Urteil seit Mai 2017 keine Kontoführungsgebühren in der Darlehensphase erheben dürfen, wurden in diesem Jahr erstmals Minuspunkte für Gebühren in der Darlehensphase vergeben. Kontoführungsgebühren in der Darlehensphase erhebt zwar tatsächlich keine der Bausparkassen, vier Anbieter verlangen aber ein Jahres- oder Serviceentgelt. Bei der LBS Hessen-Thüringen, der LBS Nord und der LBS Südwest werden jährlich in beiden Szenarien zwölf Euro fällig, bei der Signal Iduna 15 Euro.

Debeka Bauspar und Deutsche Bank Bauspar sind in beiden Szenarien die einzigen, die in der Sparphase kein Entgelt wollen. Bei den weiteren Bausparkassen liegen die Gebühren zwischen 7,20 Euro (LBS West) und 18 Euro jährlich (Aachener Bausparkasse). Die LBS Bayern erhebt 30 Cent pro 1000 Euro Bausparsumme, also in Szenario 1 jährlich 30 Euro. Sieger bei den Konditionen wurde die Debeka Bausparkasse. Die Koblenzer bieten zwar nicht die besten, aber gute Zinsen und punkten mit ihren niedrigen Nebenkosten, die, wie das Beispiel der LBS zeigt, in der Niedrigzinsphase mehr ausmachen können als der eine oder andere Zehntelprozentpunkt.

Oft nicht die richtigen Fragen

Bei den Beratungsgesprächen gab es Bemerkenswertes zu beobachten: In elf Prozent der Fälle erklärten die Berater dem Interessenten das Grundprinzip des Bausparens gar nicht. Ging es darum, etwas über die Lebensumstände des Interessenten zu erfahren, konzentrierten sich die Berater wie im Vorjahr hauptsächlich auf Beruf und Familienstand. Die monatlichen Ausgaben und eventuelle Schulden wurden erneut nur selten erfragt.

Nach dem Einkommen erkundigte sich lediglich etwa die Hälfte der Berater. Insbesondere die Bausparkasse Mainz, BHW, der Deutsche Ring sowie die LBS Bayern machen hier einen schlechten Eindruck. In keinem der Testgespräche wurde die Situation des Kunden von den Instituten ausführlich erfragt. "Negativ fällt zudem auf, dass in jedem fünften Gespräch die Abschlussgebühr in keiner Weise erwähnt wurde", moniert DKI-Chef Hüsgen.

Im Ranking Beratung macht die Schwäbisch Hall die meisten Punkte. Alle Berater erklärten den Testkunden jeweils ausführlich das Grundprinzip des Bausparens. Außerdem wurde den Testern jeweils ein Angebot ausgehändigt, das einen detaillierten Spar- und Tilgungsplan enthielt. Schlusslicht wurde die Aachener Bausparkasse. Aspekte wie die Abschlussgebühr wurden bisweilen überhaupt nicht thematisiert.

Unterm Strich setzte sich Schwäbisch Hall als Gesamtsieger durch. Der Marktführer war in allen Bereichen unter den beiden besten Anbietern.

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