Euro am Sonntag-Service

Kfz-Versicherungen: Der Preis ist heiß

01.10.17 03:00 Uhr

Kfz-Versicherungen: Der Preis ist heiß | finanzen.net

Viele Policen werden teurer, Autofahrer suchen demnächst neue Anbieter. Welche Portale dafür empfehlenswert sind.

von M. Hinterberger und M. Reim, Euro am Sonntag

Bewohner des Landkreises Elbe-Elster in Brandenburg haben mit ihren Autoversicherern am wenigsten zu tun. Denn in diesem Zulassungsbezirk passieren laut der kürzlich vorgestellten Regionalstatistik des Versichererverbands GDV bundesweit die wenigsten Unfälle, bei denen die Kfz-Haftpflicht einspringen muss. Ganz anders sieht es in Offenbach aus. Hier müssen Versicherer am häufigsten zahlen.



Die Statistik zeigt aber nicht, wo es wie häufig kracht, sondern lediglich, wo die Unfallverursacher wohnen. Ganz gleich, wie man fährt, die Regionalklasse gehört - wie die Typenklasse des Autos, das man besitzt - zu den Tarifmerkmalen, die sich auf alle Verträge auswirken. Doch anders als die Typenklasse wird die Regionalklasse jährlich überprüft und bei Bedarf geändert. Laut GDV sind in diesem Jahr rund 3,6 Millionen Autofahrer von Hochstufungen in der Kfz-Haftpflicht betroffen.

Das ist ärgerlich - und kann ein Anlass sein, sich nach Sparmöglichkeiten umzusehen. Auch ist der 1. Januar das häufigste Wechseldatum für Kfz- Versicherungen. Wer kündigen will, kann das in vielen Fällen bis zum 30. November tun. Naheliegend ist, die Konditionen seines aktuellen Versicherers mit den Offerten der Konkurrenz zu messen.

Bequeme Suche

Auch wenn einige Anbieter, allen voran Marktführer HUK-Coburg, ihre Tarife nur über die firmeneigene Website offerieren - wer eine neue Police sucht, hat kaum eine bequemere Möglichkeit, ein gutes und günstiges Angebot zu finden als mittels eines Vergleichsportals im Internet. Wichtig zu wissen: Diese Portale sind Versicherungsmakler. Sie bieten die Übersichten zwar ­gratis an, kassieren aber bei ­Vertragsabschlüssen. Somit ist nicht auszuschließen, dass die Auswahl der Tarife von Provisionen beeinflusst ist.

€uro am Sonntag hat gemeinsam mit dem Deutschen Kundeninstitut (DKI) vier wichtige Vergleichsportale für Kfz-Versicherungen analysiert und bewertet. Im Test wurden nur Anbieter berücksichtigt, die einen eigenständigen Vergleichsrechner nutzen und über die man Kfz-Policen abschließen kann.



Keine Berücksichtigung fand der Rechner von Nafi. Auf der Homepage nafiauto.de kann man Versicherungen vergleichen, aber keine Verträge abschließen. Der Nafi-Rechner wird etwa von Toppool.de verwendet, wo man auch Policen abschließen kann. Entsprechend sollte Toppool.de in die Untersuchung einbezogen werden. Allerdings teilte uns der Betreiber mit, dass er weder die personelle Kapazität noch das Interesse habe, an dem Vergleich teilzunehmen.

Auch andere Portale lassen ihre Rechner auf fremden Seiten laufen. Besonders verbreitet ist etwa der Tarifrechner von Check24.de. Er findet sich beispielsweise auf den Internet­seiten von Comfortplan.de, Mobile.de, Tarifcheck.de und Testsieger.de. Ein 2013 durchgeführter Test von €uro am Sonntag ergab jedoch, dass die Rechner etwas besser auf jenen Portalen funktionieren, für die sie ursprünglich entwickelt wurden.

Um zu erfahren, was die Vergleichsrechner tatsächlich leisten können, wurden anhand von zehn ausgewählten Kundenprofilen die passenden Tarife abgefragt - jeweils Haftpflicht, dazu entweder Teil- oder Vollkasko: vom jungen Single mit einem gebrauchten Renault-Kleinwagen über den Enddreißiger mit neuem BMW bis zum Senioren, der einen stattlichen Mercedes-Benz versichern will. Den Anbietern wurden die Testfälle geschickt mit der Bitte, diese zu berechnen. Anschließend wurden sie vom DKI noch einmal geprüft.

Punkte wurden nicht nur für den Preis, sondern auch für Rabattmöglichkeiten und die Anzahl der berücksichtigten Tarife vergeben. Interessant: Kein Rech­ner führt sämtliche der über 80 deutschen Kfz-Ver­sicherer in seinen Listen. Die größte Marktabdeckung hat Check24.de (68), gefolgt von Verivox.de (53), Geld.de (20) und Ino24.de (15).

Erhebliche Unterschiede

Die Kategorie "Preis-Leistungs-Verhältnis" trug 40 Prozent zum Gesamtergebnis bei. Weitere 35 Prozent steuerte eine Analyse der Nutzerfreundlichkeit der Vergleichsrechner bei. Die übrigen 25 Prozent entfielen auf Service und Beratung.

Bemerkenswert: Zwischen den jeweils als "günstigster Versicherungstarif" gefundenen Angeboten bestehen erhebli- che Preisunterschiede. Die geringste Differenz gibt es beim Kundenprofil einer Mutter mit einem Van der Marke VW mit nur 6,10 Euro zwischen dem im Vergleich teuersten Tarif (Ino24.de) und den günstigsten Tarifen (Check 24.de und Verivox.de). Die größte Differenz findet sich bei einem Angestellten mit einem Mercedes-Benz E 220 Avantgarde. Hier war das günstigste Angebot bei Ino24.de um sage und schreibe 711,70 Euro teurer als bei Verivox.de.

Im Durchschnitt über alle Profile hinweg können Versicherungsnehmer am meisten bei Check24.de sparen. Der Mittelwert der Prämie über die zehn Testwagen liegt hier bei 505,26 Euro. Es folgen Verivox.de (513,12 Euro), Geld.de (552,38 Euro) und Ino24.de (699,01 Euro).

Im Gesamtranking ist die Differenz zwischen Check24.de als Erst- und Verivox.de als Zweitplatziertem dieses Jahr mit 10,1 Punkten deutlich größer als 2016. Zuletzt hatten die Anbieter nur 4,2 Punkte getrennt. Dies liegt an der Verbesserung von Check24.de in den beiden Kategorien "Vergleichsrechner" und "Service & Beratung", während Verivox.de bei den Kategorien "Preis- und Leistungsangebot" sowie "Service & Beratung" etwas schlechter abschnitt.

Worauf achten

Haftpflicht
Sie ist gesetzlich vorgeschrieben und deckt Schäden des gegnerischen Unfallopfers ab. Auch die Insassen des eigenen Fahrzeugs sind geschützt. Der Fahrer selbst und Schäden am eigenen Auto sind allerdings nicht versichert. Die Police wirkt außerdem wie eine Rechtsschutzversicherung, weil sie unberechtigte Ansprüche Dritter abwehrt. Als Mindestdeckung vorgeschrieben sind 7,5 Millionen Euro für Personenschäden, eine Million für Sachschäden und 50.000 Euro für Vermögensschäden. Doch sollte man deutlich darüber hinausgehen: Bei Personenschäden sind mindestens 50 Millionen Euro empfehlenswert, bei Sachschäden sollten zehn Millionen Euro ausreichen. Weitere wichtige Kriterien:
Mallorca-Police: Diese Option erhöht die ­Deckung im europäischen Ausland auf ­deutsches Niveau. Die Mallorca-Police kostet meist keinen Aufschlag.
Verspätete Anzeige: Bis zu welcher Schadenshöhe reguliert der Versicherer einen Schaden, den der Versicherte selbst tragen will, dann aber doch verspätet einreicht?

Teilkasko
Sie zahlt, wenn das eigene Auto gestohlen wird, Hagel Spuren im Lack hinterlässt oder bei Sturm Äste den Wagen beschädigen. Ebenfalls eingeschlossen sind Glasbruch ­sowie Kabel­schäden durch Kurzschluss. Weitere wichtige Kriterien:
Marderbisse: Schäden an Schläuchen und Verkabelung und deren Folgen soll­ten ein­geschlossen sein.
Elementargefahren: Großzügige Versicherer zahlen auch bei Lawinen, Dachlawinen, Erdbeben, Erdrutsch, Muren oder Steinschlag.

Vollkasko
Sie zahlt, wenn das eigene Auto durch eigenes Verschulden beschädigt wird oder wenn Dritte das Fahrzeug mutwillig beschädigen. Außerdem ist der volle Teilkaskoschutz inbegriffen. Weitere wichtige Kriterien:
Wildschadenklausel: Die Police sollte für ­Kollisionen mit allen Tieren gelten, also auch für Vögel, Hunde, Katzen, Pferde etc.
Neuwertentschädigung: Innerhalb welcher Frist nach Neukauf wird der kom­plette ­Neupreis bei einem Totalschaden ersetzt? Gute Tarife leisten noch nach 18 Monaten.
Grobe Fahrlässigkeit: Üblicherweise leistet der Versicherer nicht, wenn der Kunde etwa eine rote Ampel oder ein Stoppschild überfährt und verunglückt. Anders ist es, wenn der ­Anbieter auf den sogenannten Einwand der groben Fahrlässigkeit verzichtet.

Die Ergebnisse im Überblick (pdf)

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