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Abschied vom billigen Geld: Achtung, Bauzinsen steigen!

11.03.18 20:20 Uhr

Abschied vom billigen Geld: Achtung, Bauzinsen steigen! | finanzen.net

Die Bauzinsen steigen, ebenso die Aufschläge für Anschlusskredite und sogenannte Forward-Darlehen. Worauf Käufer jetzt achten sollten.

von Simone Gröneweg, €uro am Sonntag

Die Suche nach einer eigenen Immobilie macht momentan wenig Spaß: Die Preise für Häuser und Wohnungen sind besonders in den Ballungsgebieten kräftig gestiegen, gleichzeitig hat sich die Zahl der angebotenen Objekte reduziert. Vor allem das billige Baugeld fungiert noch als Trostpflaster für gestresste Immobilienkäufer.



Und nun das: Es mehren sich die Zeichen, dass die Zeit der extrem niedrigen Bauzinsen vorbei sein könnte. Entsprechend fallen die Reaktionen aus: Wer jetzt nicht kaufe, verschenke Geld, alarmieren manche Medienberichte. Der Grund für die besorgte Stimmung: Zuletzt zogen die Zinssätze für Baudarlehen mit einer zehnjährigen Laufzeit im Schnitt auf etwa 1,5 Prozent an, zum Jahreswechsel hatte der Satz noch bei etwa 1,3 Prozent gelegen.

Das klingt erst einmal harmlos, aber über die Jahre kosten den Darlehensnehmern selbst kleine Zinsunterschiede einige Tausend Euro (siehe pdf-Tabelle unten). Trotzdem sollte nun niemand in Hektik verfallen. "Wer sich übereilt in einen Immobilienkauf stürzt, verliert am Ende vielleicht richtig viel Geld", mahnt der Baufinanzierungsexperte Hartmut Schwarz von der Verbraucherzentrale Bremen. Zumal die Immobilienpreise in den vergangenen fünf Jahren extrem gestiegen seien.


Zwar rechnen immer mehr Fachleute mit steigenden Zinsen, allerdings nicht ohne zu betonen, dass diese nicht sehr schnell steigen werden. Wie stark es nach oben geht, hängt von verschiedenen Faktoren ab - etwa vom Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB). Und der dümpelt immer noch bei null Prozent, was sich nach Ansicht der Experten nicht so schnell ändern wird. Zudem haben die Notenbanker immer wieder betont, dass sie zunächst einmal keine kriselnden Anleihen mehr kaufen wollen, bevor sie sich den Leitzins vornehmen. Steigende Leitzinsen wird es in diesem Jahr wohl noch nicht geben, erwartet etwa Christoph Zschaetzsch, Leiter der Baufinanzierung bei der Deutschen Bank. Analysten der Postbank rechnen mit dem ersten Zinsschritt der EZB Mitte des Jahres 2019.

Die Zinsentwicklung des Baugelds wird aber auch von den Ereignissen am Anleihemarkt beeinflusst. Banken, die Baugeld verleihen, finanzieren sich in der Regel über Pfandbriefe. Deren Verzinsung orientiert sich unter anderem an den Renditen der Bundesanleihen. Die haben in den vergangenen Monaten deutlich angezogen. Experten begründeten den Anstieg mit der wachsenden Weltwirtschaft und einem Aufschwung in der Eurozone.

Der Wettbewerb drückt die Zinsen

Die steigenden Renditen für Bundespapiere seien eine längst überfällige kleine Marktkorrektur mit Blick auf die immer größer werdende Zinsdifferenz zu amerikanischen Staatspapieren, betont Klaus Fleischer von der Hochschule München. Die Auswirkungen auf die Bauzinsen dürften jedoch nicht überschätzt werden, meint er und ergänzt: "Unter den Instituten herrscht bei den Baufinanzierungen ein harter Wettbewerb. Das drückt die Margen und den Spielraum für Zinserhöhungen zusätzlich." Fleischer rechnet also damit, dass die Sätze vorerst eher stabil bleiben.

Wer sich die Zinsen sichern sollte

Leicht steigende Zinsen in diesem Jahr prognostiziert Thorsten Walz von der Bausparkasse Schwäbisch Hall. Bei der Deutschen Bank geht man davon aus, dass die Bauzinsen bis zum Ende des Jahres auf etwa zwei Prozent anziehen. "Das wäre im langjährigen Vergleich immer noch niedrig", betont der Verbraucherschützer Hartmut Schwarz. Zum Vergleich: Wer im Jahr 2008 ein zehnjähriges Darlehen für seine Immobilienfinanzierung abschloss, zahlte noch um die fünf Prozent Zinsen. Insbesondere diese Eigentümer freuen sich vermutlich über das derzeitige Niveau, wenn sie nun ­- zehn Jahre später - Ausschau nach einer Anschlussfinanzierung halten.

Etwas anders gelagert ist der Fall bei denjenigen, deren Finanzierung erst in ein bis fünf Jahren ausläuft. Sie können sich die Billigzinsen mit einem sogenannten Forward-Darlehen bewahren. Dabei handelt es sich um ein Annuitätendarlehen, das erst nach einer gewissen Vorlaufzeit ausgezahlt wird - quasi ein Beruhigungsmittel für Immobilieneigner, die sich unbedingt vor höheren Zinsen schützen möchten. "Gerade wenn man davon ausgeht, dass die Zinsen in den nächsten Jahren deutlich steigen werden, ist ein Forward-Darlehen die große Chance, sich das heute sehr günstige Zinsniveau schon lange Zeit im Voraus zu sichern", meint Michael Neumann, Vorstand beim Baugeldvermittler Dr. Klein.

Aber: "Bisher haben alle, die ein Forward-Darlehen abgeschlossen haben, draufgezahlt", sagt Hartmut Schwarz von der Verbraucherzentrale Bremen. Hinzu kommt, dass sich die Aufschläge für diese Art Darlehen seit dem vergangenen Februar um 0,05 bei Forwards auf ein Jahr bis 0,2 Prozentpunkte bei Forwards auf vier Jahre erhöht haben. Wer wirklich auf Nummer sicher gehen möchte, kann sich auf diese Weise zwar gegen alle Eventualitäten wappnen, sollte sich jedoch über eines klar sein: "Es handelt sich dabei um eine Wette auf den Zinsverlauf", sagt Schwarz.

KfW verschärft Konditionen

Eine andere Möglichkeit ist, den Markt im Auge zu behalten und wachsam zu sein. Das gilt für alle Bauherren, Immobilienkäufer und Sanierer. "Die KfW wird zum Beispiel im Frühjahr einige Konditionen verschärfen", so Finanzexperte Schwarz. Ab Mitte April bietet die bundeseigene Förderbank bei den Kreditfinanzierungen für energieeffiziente Neubauten keine 20-jährige Laufzeit mehr an, kürzt zudem die bereitstellungsprovisionsfreie Zeit von zwölf auf sechs Monate und lässt auch keine Sondertilgungen mehr zu.

Das zeigt: Wer eine Baufinanzierung braucht, muss ausreichend planen, gut vergleichen und sich derzeit vor allem bewusst machen, dass Baugeld erst einmal nicht mehr billiger wird.

Im Überblick: DIE BESTEN ANSCHLUSSDARLEHEN UND FORWARD-ANGEBOTE (10 UND 15 JAHRE ZINSBINDUNG) (PDF)

Die Zinssätze: WAS STEIGENDE ZINSEN KOSTEN (PDF)








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