Euro am Sonntag-Serie

Broker im Test - Was sie bieten, was sie kosten

21.08.10 06:00 Uhr

Broker im Test - Was sie bieten, was sie kosten | finanzen.net
Börse Frankfurt

Euro am Sonntag hat kleinere Anbieter von Flatex bis ViTrade unter die Lupe genommen. Lesen Sie hier, warum sich ein Broker klar von der Konkurrenz absetzt.

von Stephan Haberer, Euro am Sonntag

Franz von Werra kennt heute außer einer Handvoll Militärhistoriker und ein paar Filmfreaks kaum noch einer. Dabei hat der Mann etwas geschafft, was außer ihm keinem gelungen ist. Er war der einzige Kriegsgefangene während des Zweiten Weltkriegs, der es schaffte, in Großbritannien aus Kriegsgefangenenlagern zu entkommen und sich über den Ärmelkanal bis nach Deutschland durchzuschlagen. In den 50er-Jahren wurde die Geschichte des Ober­leutnants sogar verfilmt. "Einer kam durch" hieß der Streifen, mit Hardy Krüger in der Hauptrolle. Ähnlich wie diesem im Film erging es der Onvista-Bank in unserem Onlinebroker-Test. Bei den kleinen Banken war sie die einzige, die es geschafft hat. Sie erfüllte alle Anforderungen unserer vier Modellkunden. Nun wollen wir damit nicht behaupten, unser Test sei mit einem Kriegsgefangenenlager vergleichbar. Mitnichten. Aber es scheint gerade für kleinere Anbieter schwierig, allen Anforderungen unterschiedlichster Kunden gerecht zu werden.

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Dabei verlangt keiner unserer vier fiktiven Modellkunden Unmögliches: So handelt der aktive Trader mit DAX-Titeln auf Xetra, daneben setzt er auf Optionsscheine, Zertifikate und US-Aktien. Dafür will er auch die Dienste von Euwax und Scoach nutzen. Zudem handelt er Anleihen via Frankfurter Parkett. Und zweimal im Quartal dealt er direkt an der New York Stock Exchange (NYSE) mit US-Aktien. Wie gesagt, nichts Ungewöhnliches. Aber drei der kleineren Anbieter müssen hier passen. Sie bieten entweder keinen Handel via Euwax oder Scoach an. Oder der Anleihehandel am Frankfurter Parkett wird von ihnen nicht unterstützt. Dagegen bieten alle sieben den direkten Handel in den USA an. Teilweise zu Konditionen, die viele Banken nicht mal für den Xetra-Handel offerieren können. So kostet eine Order an der New York Stock Exchange über 100 US-Aktien im Wert von 5000 Euro bei Lynx-Broker gerade mal 7,74 Euro. Übrigens: Bei den großen Anbietern gibt es gleich drei, die keinen direk­ten Handel in den USA anbieten.


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Diese Kampfpreise sind aber zugleich auch das große Problem der kleinen Broker: Sie sind günstig und müssen immer günstiger werden, um weitere Kunden zu locken und die vorhandenen zu halten. Das geht aber nur, wenn man sich auf einige wenige Tradingmöglichkeiten konzentriert, um hier dank möglichst vieler Orders gute Konditionen bei Börsen, Maklern und Clearingstellen aushandeln zu können. Dann lässt’s sich auch mit immer niedrigeren Gebühren überleben. Aber selbst das gelingt nicht immer. So zieht sich im Herbst der skandinavische Anbieter Nordnet Bank aus dem deutschen Markt zurück. Noch vor einem Jahr galt dieser für die Skandinavier als Wachstumsfeld, doch die Konkurrenz wurde wohl unterschätzt. Zumal Nordnet keine Mitarbeiter in Deutschland hatte, da die Kundenbetreuung von Schweden aus stattfand. Doch selbst trotz eines solchen Sparkonzepts waren die rund 10.000 Kundendepots fürs Überleben nicht genug. Nun übernimmt die ­Onvista Bank das Deutschland-Geschäft des schwedischen Onlinebrokers. Was auf einen Schlag die Zahl der Depots von 27.000 um über ein Drittel in die Höhe schnellen lässt.

Klaus-Jürgen Baum, Geschäftsführer der Onvista Bank: "Für Nordnet-Kunden wird sich die Onvista Bank als idealer Brokeragepartner erweisen. Gleichzeitig passen die Nordnet-Kunden hervorragend zu uns, denn sie gehören exakt zu unserer Kernzielgruppe der aktiven Anleger und Trader." Und aktive Trader braucht jeder der Spezialanbieter fürs Überleben. Warum? Ganz einfach: In den vergangenen zehn Jahren hat sich das Onlinebrokerage für den Privatanleger um 30 Prozent verbilligt. Das belegt der Transaktionskosten-Index, den das Onlineportal Brokertest.de im Juli vor zehn Jahren startete. In diesen Index fließen die durchschnittlichen Transaktionskosten aller in Deutschland aktiven Broker ein. Stand dieser zum Start bei 100 Punkten, so fiel er seither fast kontinuierlich. Derzeit steht er bei 69,10 Punkten. Das heißt: Der einzelne Trade kostet den Kunden immer weniger; bringt aber auch dem Broker immer weniger. Was für den preissensiblen Kunden auf den ersten Blick gut erscheint, stellt die Broker vor ein Gefangenendilemma.

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Würden sie sich nämlich alle da­rauf verlassen können, dass auch die Konkurrenz die Preise moderat anhebt, hätten wohl alle ein Auskommen. Doch jeder scheint zu befürchten, dass die Konkurrenz jede noch so kleine Preissteigerung nutzen wird, um mit weiteren Dumpingangeboten neue Kunden zu locken. Und so dürften die Preise für Onlinebrokerage in nächster Zeit eher weiter fallen als steigen. Aber auch das Aus für einige weitere kleine Anbieter scheint nicht ausgeschlossen. Denn Kunden wollen das fast Unmögliche: Minipreise, Maxiangebot, Superservice. Und so könnte es sich für den ein oder anderen der kleinen Broker als fatal erweisen, dass auch die Tradingwünsche unserer anderen Musterkunden nicht immer vollständig erfüllt wurden. So gibt es nicht bei allen Anbietern die Möglichkeit, Sparpläne auf normale Fonds, ETFs und/oder ETCs einzurichten. Auch der Fondshandel über die Börse wird nicht überall unterstützt.

Beim Test waren wir hier knallhart: Wer die von unseren Musterkunden gewünschten Leistungen nicht komplett erbrachte, der fiel bei dem jeweiligen Musterkunden, sprich der jeweiligen "Disziplin", aus der Wertung. Und wer in einer Disziplin patzte, der konnte auch in der Gesamtwertung nicht mehr punkten. So blieb zum Schluss nur ein Anbieter übrig, der alle Anforderungen unserer Musterkunden erfüllte: die Onvista Bank. Sie kam damit in der Gesamtwertung auf Platz 1. Den hat sie sich aber auch durch die insgesamt sehr geringe Gebührenbelastung durchaus verdient. Denn in den einzelnen Teilkategorien kam sie dreimal auf den ersten Platz und einmal auf den dritten. Dieser Erfolg ist dem in Deutschland bisher einzigartigen Gebührenmodell geschuldet. Als erster Onlinebroker bietet die Onvista Bank den dauerhaft kostenlosen Wertpapierkauf an. Mit Betonung auf "Kauf". Denn ein Verkauf kostet immer. Ein Kauf ist dagegen gratis, wenn man sogenannte Freebuys hat. Dabei wird die Zahl der monatlichen Freebuys durch das durchschnittliche Guthaben auf dem Verrechnungskonto bestimmt. Je höher das Guthaben, desto mehr Freebuys.

Übersicht: Kleinere Onlinebroker im Test (PDF)

Ganz einfach ist das Modell aber nicht: Denn für Verkäufe sowie Käufe ohne Freebuys oder an ausländischen Börsen werden ganz normal volumenabhängige Ordergebühren fällig. Auch Fremd­spesen werden immer weiterbelastet. Doch insgesamt führten die Freebuys bei drei unserer Modellkunden zur geringsten Gebührenbelastung. Mit einem ersten Platz beim vermögenden "Investor", der nur achtmal im Jahr - dann aber großvolumig - tradet, und zwei zweiten Plätzen zeigt auch Flatex wahre Preis­brecherqualitäten. Apropos Preisbrecher: Selbst die teuersten unter den kleinen Anbietern wären in den jeweiligen Teil-disziplinen gegenüber den großen Onlinebanken durchaus konkurrenzfähig. So würde das Traden für unseren "aktiven Trader" bei ViTrade, der früheren E*Trade, gerade mal 332,58 Euro im Quartal kosten. Das sind knapp 90 Euro weniger, als der gleiche Musterkunde beim günstigsten der großen in Sachen Onlinebrokerage berappen müsste. Und so geht es weiter: Die Netbank wäre beim normalen Trader mit Kosten von 85,30 Euro im Quartal bei den zehn großen auf einem respektablen vierten Platz gelandet. Und wiederum ViTrade hätte es beim vermögenden Investor, der nur acht Trades im Jahr hat, mit 66,66 Euro je Quartal bei den großen sogar aufs Treppchen geschafft - Platz 3. Übrigens: Ein Sonderfall ist Sino. Dieser Anbieter hat sich auf Daytrader spezialisiert und verlangt daher mindestens zehn Trades im Monat. Die Folge: Sino flog bei drei Musterkunden aus der Wertung. Und so kam tatsächlich nur einer durch.

Bildquellen: Deutsche Börse