Euro am Sonntag

Quellensteuern: Lieber kassieren als doppelt zahlen

18.06.16 03:00 Uhr

Quellensteuern: Lieber kassieren als doppelt zahlen | finanzen.net

Im Ausland winken hohe Dividenden, doch wenn der dortige Fiskus zulangt, kommt mitunter das böse Erwachen. €uro am Sonntag zeigt an vier Beispielen, wie Anleger sich zu viel gezahlte Steuern zurückholen.

von M. Schreiber und B. Watermann, Euro am Sonntag

Dividenden sind die neuen Zinsen. Und gerade ausländische Unternehmen schütten oft hohe Beträge aus. Damit die versprochene Rendite auf dem Konto landet, muss man sich aber mit den steuerlichen Spielregeln beschäftigen. Zunächst gilt: Anleger mit Wohnsitz in Deutschland sind mit allen weltweit erzielten Kursgewinnen und Dividenden­erträgen hierzulande steuerpflichtig.



Hält man die Titel in einem Depot bei einer deutschen Bank, zieht diese die Abgeltungsteuer ein. Bei Auslandsdepots muss man die Erträge selbst in der Steuererklärung nachmelden. Steuerfrei bleiben Kapitalerträge und Kursgewinne in Höhe eines Sparerpauschbetrags von 801 Euro für Ledige und 1.602 Euro für Verheiratete. Hat man seiner inländischen Bank einen Freistellungsauftrag erteilt, behält sie bis zur Höhe des Sparerpauschbetrags keine deutschen Steuern ein. Bei darüber hinausgehenden Erträgen werden 25 Prozent Abgeltungsteuer plus 5,5 Prozent Soli und eventuell Kirchensteuer fällig.

Bei Auslandsaktien behält der Fiskus vor Ort oft direkt eine Quellensteuer ein, es werden nur die verbleibenden Nettoerträge gutgeschrieben. Über die Abzüge erteilt die Depotbank eine Steuerbescheinigung. Diese ist bares Geld wert. Denn meist werden ausländische Quellensteuern bis zur Höhe von 15 Prozent automatisch auf die in Deutschland fällige Abgeltungsteuer angerechnet. Hierzulande werden dann nur noch die fehlenden zehn Prozent einbehalten.


Selbst tätig werden muss nur, wem mehr als 15 Prozent ausländische Quellensteuer abgezogen wurde. Dieses Geld kann man bei ausländischen Steuerbehörden zurückfordern. Wie hoch in den einzelnen Staaten der Quellensteuerabzug auf Dividenden ausfällt, zeigt ­unsere Tabelle. Die Informationen dazu gibt es beim Bundeszentralamt für Steuern BZSt (www.bzst.de). Dort finden sich unter dem Link "Ausländische Antragsformulare" auch die Erstattungsformulare oder es wird zumindest auf die Websites der ausländischen Behörden verwiesen. Zu viel Zeit sollte man sich mit der Quellensteuerrückforderung nicht lassen. Es gelten je nach Land Verjährungsfristen von zwei bis vier Jahren ab Dividendenzahltag. Folgende Beispiele zeigen, nach welchen Regeln Quellensteuern erstattet werden.

Frankreich - abschreckende Kosten
Der französische Fiskus kassiert

30 Prozent auf Dividenden. Die Hälfte erhalten deutsche Aktionäre auf die hiesige Steuerschuld gutgeschrieben. Die Krux: Für das Erstattungsverfahren brauchen Aktionäre ihre Depotbank und den Datendienstleister Clearstream. Und die kassieren beide kräftig ab. Das Erstattungsformular gibt es beim BZSt als online ausfüllbare Variante mehrsprachig und gut verständlich. Danach braucht man vom Finanzamt wiederum eine Wohnsitzbestätigung. Nun wird es kompliziert: Erstattungsanträge bearbeitet die französi­sche Steuerbehörde nur, wenn sie über die Depotbank eingereicht werden und wenn die deutsche Lagerstelle (in diesem Fall die deutsche Clearstream in Frankfurt am Main) bestätigt, dass die Aktien in einem deutschen Depot liegen. Das wird schnell teuer - die Spannen sind groß: Die ING-DiBa fordert für jeden Antrag 50 Euro, die Targobank 45,70 Euro, S Broker will 92,20 Euro, die Comdirect 20 Euro, Maxblue bearbeitet Erstattungsanträge kostenlos, Flatex dagegen überhaupt nicht. Wohlgemerkt: Es geht nur darum, ein vom Kunden ausgefülltes Formular weiterzuleiten. Dazu kommen die Gebühren von Clearstream - üblicherweise 71,40 Euro pro Dividendengutschrift, manche Bank berechnet etwas weniger.

Schweiz - teuer, aber zuverlässig

Der Fiskus der Eidgenossen behält 35 Prozent Verrechnungssteuer von jeder Dividendengutschrift ein. Deutschen Anlegern werden 15 Prozent angerechnet, die restlichen 20 Prozent müssen sie sich von der Eidgenössischen Steuerverwaltung in Bern erstatten lassen. Das Formular dazu lässt sich beim BZSt online ausfüllen. Das ausgedruckte Formular schickt der Anleger zunächst an sein deutsches Wohnsitzfinanzamt, das bestätigen muss, dass er in Deutschland als Steuerzahler registriert ist. Danach schickt man es zusammen mit dem Dividendenbeleg und dem sogenannten Tax-Voucher, den die Depotbank mit dem Dividendenbeleg liefern muss, an die Schweizer Steuerbehörden. Während zum Beispiel die ING-DiBa den Tax-Voucher automatisch und kostenfrei mitliefert, verlangt die Targobank zehn Euro je Ertragszahlung extra. Das eigentliche Erstattungsverfahren der Schweizer ist kostenfrei und dauert bis zu sechs Monate. Da die Erstattung jedoch in Schweizer Franken erfolgt, verlangen manche Banken für den Umtausch in Euro eine zusätzliche Gebühr.

Spanien - besser als sein Ruf

Seit 2015 behält der spanische Fiskus 20 Prozent Quellensteuer auf Dividenden ein, 15 Prozent werden angerechnet, nur fünf Prozent müssen bei der zentralen Erstattungsbehörde in Madrid zurückgefordert werden. Über die Website des BZSt kann man das notwendige Erstattungsformular "Modelo 210" abrufen und online ausfüllen. Tipp: Wer im Internet die Suchanfrage "Spanische Botschaft und Modelo 210" eingibt, erhält eine ältere deutschsprachige Version einer Ausfüllhilfe der spanischen Botschaft in Berlin. Die Spanier überweisen den Betrag in der Regel binnen sechs bis acht Monaten zuverlässig und kostenfrei auf das Konto des Anlegers zurück. Selbst wenn man die rückforderbaren fünf Prozent abschreibt, stimmt die Rendite immer noch.

USA - mit der richtigen Bank klappt’s

Der US-Fiskus verlangt auf Dividenden 30 Prozent Quellensteuer. Davon wird die Hälfte deutschen Anlegern auf die heimische Steuerschuld angerechnet. Die übrigen 15 Prozent sind durch eine Steuererklärung zurückzufordern. Die Formulare hält die US-Behörde IRS unter www.irs.gov bereit.

Mit einer Depotbank, die bei den US-Behörden als "Qualified Intermediary" (QI) registriert ist, geht es leichter. Dann werden von US-Dividenden nämlich nur noch 15 Prozent Quellensteuer einbehalten, die der deutsche Fiskus dann in voller Höhe auf die deutsche Steuerschuld anrechnet. QI-Status haben die großen deutschen Direktbanken wie Comdirect, Consorsbank, DAB Bank, DKB, ING-DiBa, Maxblue, Onvista Bank, S Broker, die BIW Bank (Depotbank von Flatex), aber auch die großen Geschäftsbanken. Kunden ausländischer Broker müssen meist das "W 8-Formular" der IRS ausfüllen, um den Abzug zu verhindern.

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