Euro am Sonntag-Meldung

Rendite für Versicherte sinkt weiter

26.11.16 08:00 Uhr

Rendite für Versicherte sinkt weiter | finanzen.net

Lebensversicherungen » Zahlen der Finanzaufsicht deuten auf einen weiteren Absturz der Überschussbeteiligungen hin. Die Branche muss immer mehr Geld zurücklegen.

von Martin Reim, Euro am Sonntag

Die Renditen für Lebensversicherte werden 2017 voraussichtlich weiter stark fallen. Das zeigt eine interne Berechnung der Finanzaufsicht Bafin zum sogenannten Referenzzins für die Zinszusatzreserve. Er ist binnen Jahresfrist von 2,88 Prozent auf 2,54 Prozent gesunken, bestätigte ein Bafin-Sprecher auf Anfrage.

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Dieser Referenzzins entspricht üblicherweise fast exakt jenem Wert, den die Branche im Durchschnitt ihren Neukunden fürs kommende Jahr zuweist. So erhielten neu abgeschlossene private Rentenpolicen für 2016 im Schnitt 2,86 Prozent gutgeschrieben, wie die Ratingagentur Assekurata errechnet hatte. "Es würde mich nicht wundern, wenn für 2017 im Marktdurchschnitt 2,54 Prozent an laufender Verzinsung ausgeschüttet werden", sagt Assekurata-Bereichsleiter Lars Heermann. Das wäre ein historisch niedriger Wert.

Die meisten Versicherer legen im Dezember fest, welche Ver­zinsung ihren Kunden für das kommende Jahr gutgeschrieben wird. Als erste Assekuranz hat die Stuttgarter bereits ihren Wert für 2017 genannt: 2,3 nach 2,8 Prozent.
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Die Bafin ermittelt den Referenzzins jeweils Ende September aus dem zehnjährigen Renditedurchschnitt diverser Staatsanleihen und hatte ihn 2016 noch nicht veröffentlicht. Selbstständige Kalkulationen von Assekurata wurden nun von dem Bafin-Sprecher bestätigt. Heermann sagt: "Der Wert ist ein guter Gradmesser für die Branche, weil etwa 90 Prozent des Versichertengeldes in Anleihen stecken." Immer mehr Anleihen mit relativ hohem Zins laufen aus und müssen von den Versicherern durch Bonds mit niedrigem Coupon ersetzt werden - das drückt die Durchschnittsrendite immer weiter.

Ältere Policen haben einen Garantiezins von maximal vier Prozent, der unbedingt ausgeschüttet werden muss. Unter diesen Altkontrakten leiden Neukunden. Denn um die hohen Garantiezinsen zu bedienen, müssen die Versicherer umfangreiche Rückstellungen bilden, die sogenannte Zinszusatzreserve. Je weiter der Garantiezins eines Vertrags über dem Referenzzins liegt, desto mehr müssen die Versicherer zurücklegen. Bislang waren Policen mit Garantiezinsen von 4,0, 3,50, 3,25 und 3,0 Prozent betroffen.
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Wie der Referenzzins von 2,54 Prozent zeigt, geht es nun erstmals auch um Verträge mit einem Garantiezins von 2,75 Prozent, wie er bei Neuabschlüssen bis zum Jahr 2006 galt. Nach Schätzungen von Assekurata muss die Branche im laufenden Jahr der Zinszusatzreserve 15 Milliarden Euro zuführen. 2015 waren es erst zehn Milliarden Euro. Zwischen 2011, dem Start der Zinszusatzreserve, und Ende 2015 waren laut Assekurata insgesamt 32 Milliarden Euro aufgelaufen.

Alternativen zur Kündigung

Angesichts der hohen Garantiezinsen haben einige Versicherer in den vergangenen Wochen ihren Kunden nahegelegt, die Verträge zu kündigen. Verbraucherschützer raten, solchen Vorschlägen mit großer Skepsis zu begegnen. Wer dringend Geld braucht, hat andere Alternativen. Er kann etwa seine Police beleihen. Ein Test von €uro am Sonntag hat vor einigen Monaten ergeben, dass es fast immer günstiger ist, dies über einen externen Finanzdienstleister durchzuführen statt über den eigenen Versicherer.

Wer partout seinen Vertrag loswerden will, sollte sich zusätzlich ein Angebot über den sogenannten Zweitmarkt einholen. Auch hier ist oftmals mehr zu holen als beim Versicherer selbst (siehe auch ­Interview mit Marcus Simon, Vorstand des Policenkäufers Winninger, das in der aktuellen Ausgabe von Euro am Sonntag, Nr. 48/2016, erscheint).

Bildquellen: ilikestudio / Shutterstock, Sergey Nivens / Shutterstock