Euro am Sonntag-Meldung

Reiserecht: Der Veranstalter haftet

07.07.18 08:00 Uhr

Reiserecht: Der Veranstalter haftet | finanzen.net

Zwei aktuelle Urteile und neue Regeln stärken die Rechte von Passagieren bei Flugausfällen und Verspätungen. Was dabei zu beachten ist.

von Stefan Rullkötter, €uro am Sonntag

Flugverspätungen und -ausfälle sind der Haupt­urlaubszeit besonders ärgerlich. Durch zwei neue Gerichtsurteile werden die Rechte betroffener Passagiere gestärkt.



Zum einen befand der Euro­päische Gerichtshof (EuGH), dass für Flugverspätungen von drei Stunden und mehr immer jene Airline geradestehen muss, bei der die Fluggäste ihre Tickets gebucht haben. Das gilt auch dann, wenn Maschine und Besatzung von einer anderen Gesellschaft gechartert wurden. Die Verantwortung für den Flug liege bei dem Unternehmen, das die Route festlegt und die Reise anbietet, urteilte der EuGH. Dieses muss auch die Entschädigungen für Verspätungen und Annullierungen an Fluggäste zahlen (Az. C-523/17).

Im entschiedenen Fall hatten Passagiere bei TUI-Fly gebucht, der Flug wurde aber von einer Chartermaschine der Schwestergesellschaft Thomson Airways übernommen. Die beiden Airlines gehören zum Reisekonzern TUI. Da der Flug mehr als drei Stunden Verspätung hatte, können Betroffene von TUI-Fly, die als Gesellschaft die Verantwortung hatte, eine Entschädigung (250 bis 600 Euro) nach der EU-Fluggastrechteverordnung verlangen.

Auf eigene Faust umbuchen

Zum anderen hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil zugunsten von Pauschalurlaubern gefällt, die vom Veranstalter nicht ordnungsgemäß über ihre Pflicht zur Anzeige von Reisemängeln aufgeklärt wurden. Sie dürfen bei Problemen auf eigene Faust und ohne finanziellen Nachteil einen alternativen Flug buchen (Az. X ZR 96/17).

Erfolgreich geklagt haben Pauschalreisende, die am Ende ihres Türkei-Urlaubs ohne Rücksprache mit der Reiseleitung einen anderen Rückflug gebucht hatten. Grund: Die Ankunft mit der vorgesehenen Maschine hätte sich deutlich verspätet. Weil sie aber zuvor über ihre Informationspflicht nicht korrekt aufgeklärt worden waren - der entsprechende Hinweis war gut in den allgemeinen Geschäftsbedingungen versteckt -, muss ihnen der Veranstalter für den Ersatzflug 1235 Euro erstatten.

Änderung bei Pauschalreisen

Zudem gelten bei Pauschal­reisen seit dem 1. Juli auch neue, verbraucherfreundliche Regeln: Die Frist, in der Urlauber nach der Rückkehr mögliche Entschädigungsansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter erheben können, wurde von einem Monat auf zwei Jahre verlängert.

Zu beachten: Reisemängel müssen weiterhin schon am Urlaubsort angezeigt und dokumentiert werden. Urlauber können sich aber ab sofort auch beim Reisevermittler direkt beschweren. Zudem müssen sich Reise­büros und Online-Reiseportale, die Kunden mindestens zwei verschiedene Leistungen für eine Reise vermitteln und Zahlungen dafür entgegennehmen, nun gegen Insolvenz versichern. Vor Pleiten von Airlines oder Hotels schützt dies aber nicht.



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