"Es hat den Anschein, als wollte Wolfgang Schäuble am Stuhl der Kanzlerin sägen"

Interview mit Christian Lindner | FDP-Chef fordert sinkende Flüchtlingszahlen und ein "Ende des Chaos".
Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP, kritisiert im Interview mit der Wirtschaftszeitung €uro am Sonntag, die am 30. Januar 2016 erschien, die Flüchtlingspolitik der Großen Koalition in deutlichen Worten.
Deutschland könne 2016 nicht wieder 1,1, Millionen Flüchtlinge aufnehmen. "Es waren schon 2015 zu viele", sagte der 37-Jährige. Die Regierung müsse "das Chaos beenden". Wenn keine faire Verteilung der Flüchtlinge in Europa zustande käme, müsse "Deutschland die Regeln der Dublin-III-Vereinbarung sofort wieder in Kraft setzen und an seinen Grenzen Flüchtlinge in sichere Drittländer zurückweisen".
Zudem fordert Lindner verkürzte Ausbildungen für Flüchtlinge, "damit sie schnellstmöglich strukturierte Tage mit sinnvollen Tätigkeiten verleben und die hohen Anforderungen des deutschen Arbeitsmarktes kennenlernen". Politikern, Ökonomen und Konzernlenkern, die in den Flüchtlingen gar eine Lösung des deutschen Demografieproblems sehen, bezeichnet Lindner als "naiv". Auf die Frage, was Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit seinem Vorschlag einer europäischen Benzinsteuer bezweckte, antwortete Lindner: "Es hat den Anschein, als wollte Wolfgang Schäuble am Stuhl der Kanzlerin sägen."
Der FDP-Chef äußerte sich auch zur Eurokrise, die "noch lange nicht gelöst" sei. So kritisierte er, dass die Europolitik "ganz klar in Richtung Transferunion geht". Bliebe es beim Reformstau in Europa, "geht der Euro kaputt". Von EZB-Präsident Mario Draghi fordert Lindner, die "Lirafizierung" des Euro zu stoppen.
Mit Blick auf die Landtagswahlen in drei Bundesländern am 13. März sowie auf die Bundestagswahl im Jahr 2017 positionierte Lindner die FDP klar. So fordert er die Abschaffung von Ökostromsubventionen, kritisiert "Bürokratiemonster wie die Mindestlohndokumentation, die Arbeitsstättenverordnung und das neue Erbschaftssteuergesetz". Zudem tritt er für die aktuelle Abgeltungssteuer ein, die andere Politiker abschaffen wollen, um Kapitalerträge dem persönlichen Steuersatz zu unterwerfen. Wiedereinführen möchte Lindner die degressive Abschreibung auf Anlageinvestitionen und neu einführen eine steuerliche Forschungsförderung.
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Bildquellen: Werner Schuering/FDP