Privater Wohnungsbau: Steuer bremst Häuslebau
20.08.17 14:00 Uhr
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In den Ankündigungen zur Bundestagswahl fehlt bei keiner Partei das Thema Wohnungsbau. Doch ausgerechnet die Politik verhindert Wohneigentum.
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von Mathias Düsterdick, Gastautor von €uro am Sonntag
Bauen und Wohnen sollen neben Arbeit und Forschung in der nächsten Legislaturperiode ganz oben auf der politischen Agenda stehen. Das ist gut so, denn die Immobilienmärkte in den Großstädten und Ballungsräumen müssen dringend entlastet werden. Dabei sollte die nächste Regierung alles tun, um die Zügel der Regulierung der Immobilienbranche zu lockern und die Steuerlast zu senken.
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Seit Jahren steigt die Grunderwerbsteuer in den Ländern und damit die Hürde für den Erwerb von Immobilien. Lag sie vor gut einem Jahrzehnt im gesamten Bundesgebiet noch bei 3,5 Prozent - das trifft aktuell nur noch auf Bayern und Sachsen zu -, hat sie sich in einigen Ländern mittlerweile nahezu auf 6,5 Prozent verdoppelt. Spitzenreiter sind die Bundesländer Saarland, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Thüringen. Die Variation von Bundesland zu Bundesland macht die Lage für den privaten Wohneigentümer der Zukunft durchaus unübersichtlich.
Seit der Föderalismusreform 2006 sind die Bundesländer berechtigt, den Steuersatz für die Grunderwerbsteuer selbst zu bestimmen. Kein Wunder, dass Deutschland mit einer Wohneigentumsquote von 45 Prozent im europäischen Vergleich weiterhin deutlich hinterherhängt. Die Durchschnittsrate liegt in Europa bei rund 70 Prozent. Liegt die mögliche Lösung in einem Freibetrag von bis zu 500.000 Euro?
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Das Unverständnis des kleinen Mannes ist durchaus berechtigt. Besonders in Anbetracht der Einnahmen der Länder: Im vergangenen Jahr konnten diese durch die Grunderwerbsteuer 12,41 Milliarden Euro einnehmen - eine Steigerung seit 2010 um 135 Prozent. Da lagen die Einnahmen noch bei 5,29 Milliarden Euro. Die Hemmnisse, in ein Eigenheim zu investieren, stehen und fallen mit den Zusatzkosten. Die Erwerbsnebenkosten sind für den Käufer zu hoch. Neben der Grunderwerbsteuer fallen noch Gebühren und Auslagen für den Notar und gegebenenfalls für den Makler an.
Bis zu 16 Prozent des
Kaufpreises als Zusatzkosten
Das eingeführte Bestellerprinzip spielt nur bei der Vermietung eine Rolle - somit blieb beim Kauf alles gleich. Prozentual sprechen wir für den Makler von bis zu sieben Prozent, beim Notar von rund fünf Prozent des Kaufpreises, die bei dem Erwerb einer Immobilie noch hinzukommen, und mit der Grunderwerbsteuer sind die zehn Prozent schnell überschritten. Je nach Region können Summen bis zu 16 Prozent des Kaufpreises anfallen.
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Hier ein Beispiel: Möchte man in Hamburg eine Eigentumswohnung für 300 000 Euro erwerben, fallen 4,5 Prozent Grunderwerbsteuer an. Das bedeutet zusätzliche Kosten von 13 500 Euro, weitere Zusatzkosten noch nicht einbezogen. Bei der Anrechnung des Eigenkapitals spielen zudem die hohen Nebenkosten keine Rolle. Es ist somit nicht verwunderlich, dass die hohen Kosten die Attraktivität und den Anreiz zum Kauf von Eigentum deutlich mindern.
Nun wird darüber diskutiert, wie man eine adäquate Lösung findet, um den Häuslebauern und dem Wunsch nach Eigentum nachzukommen. Die Idee einiger Parteien, über einen Zuschuss zu unterstützen, reicht nicht aus. Vorschläge sind unter anderem eine Förderung mit bis zu 20 000 Euro, je nach Kinderzahl.
Viele Vorschläge der Politik sind fragwürdig
Vielen Dank - damit wären dann höchstens die Erwerbsnebenkosten gedeckt, die dann größtenteils in Form der Grunderwerbsteuer wieder zurück an die Länder gehen. Insbesondere ist auch die Differenzierung der Unterstützung je nach Standort fragwürdig. Nur in Ballungsräumen mit knappem Wohnraum, nur in ländlichen Gegenden oder beides?
All diese Debatten bieten aber keine grundsätzliche Lösung für die wichtigste Problematik: Deutschland hat einen riesigen Bedarf an neuem Wohnraum. Laut dem Analyseunternehmen Bulwiengesa stieg die Zahl der Haushalte seit 2011 um fast 1,5 Millionen. Im gleichen Zeitraum wurden allerdings nur 1,1 Millionen Wohnungen gebaut. Also wie Wohnungen kaufen, wenn kein Angebot vorhanden ist?
Kurzum: Es ist höchste Zeit für ein Umdenken in der Wohnungsmarktpolitik. Das beginnt beispielsweise mit der Einführung eines Freibetrags für die Grunderwerbsteuer, denn nur die rudimentäre Förderung beim Kauf wird keinen Anreiz bieten, in Eigentum zu investieren. Zudem müssen Lösungen für die Senkung der Mieten und Kosten des Wohnens vom Gesetzgeber und den Marktakteuren gefunden werden. Auch die Projektentwicklung kann einen wesentlichen Beitrag hierzu leisten, wenn ihr gleichermaßen durch den Gesetzgeber Einsparpotenziale ermöglicht werden.
Kurzvita
Mathias Düsterdick ist Vorstandschef der Gerchgroup AG. 2015 gründete Düsterdick mit Christoph Hüttemann 2015 die Gerchgroup. Seit über 20 Jahren ist er in der Projektentwicklung zu Hause, nachdem er zunächst in Immobilien- und Beratungsunternehmen tätig war. 2008 gründete er gemeinsam mit der Rickmers-Gruppe, Hamburg, die PDI-Gruppe in Düsseldorf. 2015 verkaufte er seine Anteile. Düsterdick ist Gastdozent an der Akademie der Immobilienwirtschaft.
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Bildquellen: GERCHGROUP AG, Ufulum / Shutterstock.com