Mieterschutz: Verfehlte Maßnahmen für Mieter
Nach Jahrzehnten verfehlter Wohnungsbaupolitik will die Regierung billige Mieten per Erlass sichern. Doch das bremst Investitionen in günstigen Wohnraum.
von Oliver Moll, Gastautor für €uro am Sonntag
Das Mietrecht wird weiter verschärft: Ende des vergangenen Jahres hat der Bundestag ein umfassendes Maßnahmenpaket gegen steigende Mieten verabschiedet. Besonders für die Umlage von Modernisierungskosten gelten nun strengere Regeln. Jährlich können nur noch acht Prozent (aktuell: elf Prozent) auf die Miete umgelegt werden.
Der sprichwörtliche Teufel steckt dabei im Detail - beziehungsweise in einer zusätzlichen Kappungsgrenze: Die Umlage der Modernisierungskosten ist auf drei Euro je Quadratmeter innerhalb von sechs Jahren begrenzt. Für besonders günstige Mieten von unter sieben Euro je Quadratmeter gilt sogar eine Grenze von zwei Euro. Eigentümer, die günstig vermieten, werden geradezu bestraft.
Der Grundgedanke, Mieter davor zu schützen, aus ihrer Wohnung "heraussaniert" zu werden, ist natürlich richtig und wichtig. Mit der Kappungsgrenze schießt die Politik jedoch übers Ziel hinaus und erweist den deutschen Mietern langfristig einen Bärendienst, denn günstigen Wohnraum anzubieten wird noch unattraktiver. Eigentümer, die unterhalb der magischen Grenze von sieben Euro vermieten, werden geradezu bestraft, da sinnvolle Modernisierungen, die Energieeffizienz oder Wohnqualität erhöhen, in Zukunft finanziell deutlich schwieriger zu realisieren sind.
Vor allem kleine und private Vermieter, für die stabile Mietverhältnisse erfahrungsgemäß wichtiger sind als ein möglichst hoher Profit, stehen nun vor der Entscheidung: Entweder sie erhöhen die Mieten oder sie reduzieren Investitionen auf ein Minimum. Die langfristigen Folgen: Sanierungsstau und qualitativ schlechterer Wohnraum für Mieter mit niedrigen Einkommen.
Auch gemeinnützige Organisationen wie Stiftungen, die ohne Gewinnerzielungsabsicht vermieten, werden durch die neuen Gesetze in ihrer Handlungsfähigkeit beschränkt. Ihre Zielgruppe sind oft ältere Menschen, die sich auf dem freien Markt keine Wohnung leisten können. Stiftungen sind damit wichtige Akteure auf dem Mietwohnungsmarkt, welche die Folgen einer verfehlten Wohnungs- und Rentenpolitik abfedern. Damit ihre Anlagen, die zum Teil viele Jahrzehnte alt sind, auch in Zukunft genutzt werden können, steht für viele Stiftungen das Thema Modernisierung ganz oben auf der Agenda. Dabei geht es sowohl um Gebäudesubstanz und Energieeffizienz als auch um höheren Wohnkomfort durch Fahrstühle, Barrierefreiheit, moderne sanitäre Anlagen und Balkone.
Kappungsgrenzen nützen
ärmeren Mietern wenig
Stiftungen rechnen dabei mit spitzem Bleistift und sprechen Modernisierungen und entsprechende Mietanpassungen oftmals mit Mietervertretern und Sozialbehörden ab. Die neuen Gesetze schränken den finanziellen Spielraum jedoch so stark ein, dass der Bleistift durch den Rotstift ersetzt werden muss und viele Modernisierungen nicht mehr realisierbar sind.
Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Eine Stiftung stellt für ältere Menschen Wohnraum für unter sieben Euro pro Quadratmeter zur Verfügung. Das Gebäude ist in die Jahre gekommen und soll modernisiert werden. Die Wohnungen müssen gedämmt und die Barrierefreiheit verbessert werden, es braucht eine neue Heizungsanlage, mit Solarthermie und Photovoltaik sollen die Betriebskosten gesenkt werden. Die Mieter wünschen sich Fahrstühle und Balkone. Es wurde so kalkuliert, dass bei einer Mietanpassung von knapp drei Euro Maßnahmen in Höhe von rund 3,6 Millionen Euro möglich sind.
Durch die neue Gesetzeslage wird das Budget nun jedoch so weit begrenzt, dass nur noch rund 2,6 Millionen Euro investiert werden können. Die Folge: Es kann nur das absolut Nötigste realisiert werden. Flächendeckende Dämmung, Photovoltaik sowie eine gesteigerte Wohnqualität durch Fahrstühle und Balkone sind nicht mehr finanzierbar.
Simple Kappungs- und Obergrenzen sind keine geeigneten Instrumente, um Probleme wie Wohnungsknappheit und steigende Mieten zu lösen. Die neue Regelung bietet jedoch ironischerweise tatsächlich Anreize, günstige Mieten anzuheben und erschwert Investitionen in den Gebäudebestand. Das trifft letztendlich vor allem die Mieter.
Kurzvita
Oliver Moll,
Geschäftsführer
der Moll & Moll Zinshaus
Moll ist Inhaber der Moll & Moll Zinshaus GmbH in der zweiten Generation. Seine über 20-jährige Immobilienkarriere begann im elterlichen Unternehmen. Der Jurist ist diplomierter Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken, Mieten und Pachten, zudem Vorsitzender des Arbeitskreises der Zinshausmakler im
IVD Nord e.V.
Moll & Moll mit Sitz in Hamburg ist Spezialist für die Vermittlung, Verwaltung und Vermietung von Zinshäusern.
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