Euro am Sonntag-Meinung

Immobilien: Top-Lage und ein Drittel-Mix

09.04.17 03:00 Uhr

Immobilien: Top-Lage und ein Drittel-Mix | finanzen.net

Immobilien, besonders im Premiumbereich, sind weiter gefragt. Eine Herausforderung nicht nur für Investoren, sondern auch für die Städte und die Planer.

von Björn Dahler, Gastautor von €uro am Sonntag

Die hohe Nachfrage nach Wohnraum in besten Lagen mit urbanem Flair reißt nicht ab. Anhand der Auswertung der aktuell verfügbaren Gutachterzahlen für die Top-6-Standorte Berlin, Düsseldorf, Frankfurt a. M., Hamburg, Köln und Stuttgart lässt sich die Entwicklung ablesen: Insgesamt lag der Umsatz hochwertiger Wohungen im ersten Halbjahr 2016 an den sechs Standorten bei 1,66 Milliarden Euro - ein Plus von 4,2 Prozent gegenüber dem Vorhalbjahr. Einen ähnlichen Zuwachs verzeichneten die Transaktionen. Ihre Zahl stieg im Betrachtungszeitraum von 1198 auf 1277. Erfasst wurden in der Analyse Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen ab einem Kaufpreis von 750 000 Euro.



Ein Einbruch der Nachfrage ist nicht zu erwarten, rückläufige Kauffälle oder Umsatzzahlen, wie etwa in Hamburg, gehen vor allem mit einem mangelnden Angebot einher. Denn auch Premium­immobilien unterliegen den Folgen geringer Flächenverfügbarkeiten in Deutschlands Metropolen und dem damit einhergehenden begrenzten Projektentwicklungsvolumen. Damit liegt die Frage nah: Wie können Städte und Projektentwickler dem wachsenden Bedarf gerecht werden? Welche Optionen gibt es, um Synergien zwischen sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit im städtischen Kontext zu schaffen?

Der Kampf um Flächen in den Top-Lagen ist groß. Das betrifft nicht nur die unterschiedlichen Preissegmente für Wohnraum, sondern ebenfalls die verschiedenen Nutzungsarten. Daher müssen ganzheitliche Konzepte entwickelt werden, die alle Bedürfnisse vereinen. Denn auch im Premiumbereich werden Käufer anspruchsvoller.


Nicht nur Ausstattung und Architektur sind heute ausschlaggebende Faktoren für oder gegen eine Kaufentscheidung. Eine große Rolle spielen das Wertsteigerungspotenzial des Objektes sowie die Mikrolage. Aus Stadtentwicklersicht liegt der Fokus der Städter des 21. Jahrhunderts auf dem Wunsch nach einem lebendigen Quartier, das Wohnen, Freizeit und Arbeiten miteinander vereint und damit den Anforderungen im Rahmen des Alltags gerecht wird.

Urbanität ist gefragt. Dass diese aber nicht allein durch eine Nutzungsmischung entsteht, ist Stadtsoziologen, Architekten und Städteplanern längst klar. Urbanität entsteht vor allem durch eine soziale Balance und die Vielfalt der Nutzer. Auch die schönste Penthousewohnung mit bestem Alsterblick sorgt nicht allein für ein spannendes Umfeld und ein lebendiges Miteinander, wie wir es von europäischen Metropolen kennen. Um ein lebendiges Quartier in bester Lage zu schaffen, das zugleich ein vielfältiges Wohnraumangebot mitbringt, ist eine übergreifende Konzeption notwendig, die allen potenziellen Nutzern gerecht wird.


Integration von günstigem Wohnraum
geht nicht immer

Die Vorgabe des Drittel-Mix in Hamburg ist hier ein probates Mittel und die HafenCity zeigt, dass das Prinzip der Durchmischung der Wohnraumsegmente auch in Top-Lagen funktionieren kann. Mixed-Use-Konzepte in Quartieren nehmen an städtebaulicher Relevanz zu und bedürfen damit auch einer gewissen Akzeptanz der Nutzer.

Allerdings gilt es hier in der Umsetzung zu differenzieren: Nicht in allen Objekten, wie etwa in Wohntürmen mit besonders hochwertiger Architektur und Ausstattung ist der Drittel-Mix wirtschaftlich tragbar. Premium-Architektur und damit einhergehende komplexere bauliche Anforderungen führen zu höheren Kosten in der Realisierung, sodass die Integration von günstigem Wohnraum erschwert wird. Es spricht indessen nichts dagegen, den Drittel-Mix in unmittelbarer Nähe von Wohnhäusern mit Leuchtturmcharakter umzusetzen.

Die Herausforderung für Entwickler, Architekten und Städte liegt zukünftig in der Generierung von ausreichendem Angebot, um zum Einen den Bedarf nach Premiumwohnen zu decken und zum Anderen den Anforderungen der Stadt als Gesamtkonstrukt gerecht zu werden. Stadtentwicklung bedeutet immer auch Weiterentwicklung, aufgrund oder trotz mangelnder Flächen. Die Kunst dabei ist, den Blick über den Tellerrand zu wagen - Architektonisch, städtebaulich und gesellschaftlich.

Kurzvita

Björn Dahler
Gründer und Geschäftsführer von Dahler & Company
Dahler & Company ist auf die Vermittlung hochwertiger Wohnimmobilien in bevorzugten Lagen spezialisiert. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen, das mit DC Developments und DC Values zwei Tochterunternehmen hat, über 250 Mitarbeiter. Neben der Vermittlung von Premiumimmobilien ist die Unternehmensgruppe in den Geschäftsbereichen Projektentwicklung und -marketing sowie Immobilienmanagement und -investment tätig.

Bildquellen: Brechenmacher&Baumann/ Dahler & Company , Istockphoto