Hohe Steuern & Gebühren: Wie der Staat Immobilien verteuert
Im europäischen Vergleich sind die Deutschen in Sachen Immobilien-Besitz auf den hinteren Plätzen. Der Staat fördert diesen wichtigen Baustein der Altersvorsorge nicht richtig.
von Christian Kraus, Gastautor von Euro am Sonntag
Von den eigenen vier Wänden träumen 74 Prozent der Deutschen. Und sie haben eine sehr genaue Vorstellung davon, wie diese beschaffen sein sollen: 131 Quadratmeter in einem Haus mit einem Garten und viel Ruhe, aber einer perfekten Anbindung und Infrastruktur. Auch wenn letztere Kombination nicht ganz so selbstverständlich ist, exotisch kann man diesen Traum nicht nennen. Erstaunlich ist sogar, dass Extravaganzen wie Marmorbäder oder Whirlpools von den allerwenigsten geschätzt, ja mehrheitlich sogar abgelehnt werden.
Alles in allem könnte man sagen: ein machbarer Traum. Sieht man einmal von den Bestlagen der boomenden Metropolen ab, gehört eine solche Immobilie nicht in die Kategorie Luxus. Und die aktuellen Zinsen - mit Bestkonditionen von weniger als einem Prozent für eine zehnjährige Laufzeit - müssten der Verwirklichung des Traums doch sehr zuträglich sein.
Dennoch ist die Wohneigentumsquote in Deutschland im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn nach wie vor ausgesprochen niedrig. Als Hauptgrund für diese Zurückhaltung wird in der "Wohntraumstudie" der Interhyp-Gruppe immer wieder die Sorge vor einer finanziellen Überlastung genannt.
Politik treibt Kaufnebenkosten -
und verhindert Immo-Erwerb
So sehr das angesichts der "Abschaffung von Zinsen" verwundern mag, so ernst sollte man es nehmen. Nun wollen wir an dieser Stelle bewusst einmal vereinfachen und diejenigen ausklammern, die das Gefühl haben, in einer Boomtown wie München einfach nicht zum Zug zu kommen, weil das Angebot zu knapp ist und die Preise davonzulaufen scheinen.
Wir tun das, weil die Sorge um die finanzielle Überlastung in der Studie flächendeckend genannt wird. Und auch wenn man bei diesen Aussagen diskontiert, dass die Deutschen nun einmal besonders sorgenvoll und vorsichtig sind, bleibt ein Kern: Der Immobilienkauf selbst ist hierzulande verdammt teuer geworden. Und damit meine ich eben nicht durch die Decke gehende Preise. Nein, ich spreche über das, was so herrlich verniedlichend "Kaufnebenkosten" genannt wird. Nur dass es sich hier mitnichten um eine Nebensache handelt.
In Summe können diese Kosten im teuersten Bundesland - und das ist das arme, sexy Berlin - bis zu 15,64 Prozent des Kaufpreises ausmachen. Und das bedeutet dann eben, dass man beim Erwerb einer gut geschnittenen, gut gelegenen Dreizimmerwohnung für 330.000 Euro mehr als 50.000 Euro auf den Tisch legen muss, um überhaupt Eigentümer zu werden. Und diese Nebenkosten sollten Sie tunlichst "cash" zahlen.
Obendrein empfiehlt sich gerade bei Eigennutzern für die Finanzierung eine solide Eigenkapitaldecke, die mit zehn bis 15 Prozent eher niedrig angesetzt ist. Aber in Summe macht schon das in unserem Beispiel 100.000 Euro aus. Und dann haben Sie noch immer keine Küche, kein neues Sofa oder passende Vorhänge zur neuen, bodentiefen Verglasung gekauft.
Damit zeigt sich ein Dilemma, das zusammen mit den steigenden Preisen zu einer essenziellen Hürde wird: So gern man privat mit einer Immobilie vorsorgen würde, die Einstiegskosten sind für viele einfach zu hoch.
Und daran sind nicht allein die vermeintlich bösen Makler schuld, die sich bei besagtem Beispiel in Berlin immerhin bis zu 23.500 Euro vom Kuchen holen. Und es sind auch nicht allein die steigenden Baukosten oder die Notare, die für ihre "Vorlesestunde" fürstlich entlohnt werden.
Es ist auch und gerade "Vater Staat", der diese Hürden aufbaut und - das macht es besonders zynisch - sogar noch erhöht.
Bundesländer belasten private
Immobilienkäufer zunehmend
Denn bei jedem Immobilienkauf wird eine Grunderwerbsteuer fällig. Das ist per se schon eine ungewöhnliche Logik, denn immerhin investieren Menschen hier in aller Regel ihr bereits versteuertes Vermögen. Und ja, natürlich spielt die öffentliche Hand keine unerhebliche Rolle dabei, dass ein Immobilienstandort funktioniert - doch mit bis zu 6,5 Prozent in manchen Bundesländern fällt sie recht saftig ins Gewicht.
Und dass derselbe "Vater Staat", der nicht aufhört, uns zur privaten Altersvorsorge zu animieren und das im Fall Riester-Rente kräftig subventioniert, sich über die Grunderwerbsteuer in immer größerem Maße einen fetten Teil vom Kuchen abschneidet, ist dann doch verwunderlich: Denn seit die Länder die Grunderwerbsteuer selbst festsetzen dürfen, hat sich die Steuerbelastung beim Hauskauf für viele Erwerber fast verdoppelt. Seit 2006 wurde die Grunderwerbsteuer über alle Bundesländer gerechnet 25-mal (!) angehoben. Damit tragen allein die privaten Immobilienkäufer knapp vier Prozent zum Steueraufkommen der Länder bei.
Grunderwerbsteuer trifft
besonders weniger Betuchte
Darauf mögen die Finanzminister der Bundesländer dann doch nicht verzichten. Dennoch muss man zumindest fragen, weshalb diese Abgabe in Zeiten stetig steigender Immobilienpreise auch noch ständig nach oben angepasst und der Immobilienkäufer damit doppelt belastet wird. Denn der Fiskus hat ja allein über die Preiseffekte der vergangenen Jahre ein komfortables Plus erzielt. Warum genau muss das durch höhere Steuern noch beschleunigt werden? Doch schon steht mit Thüringen das nächste Bundesland vor der Tür, das Bauherren und Käufern ab Januar 2017 (noch) tiefer in die Tasche greifen wird.
So fördert man Immobilieneigentum - und damit auch eine wichtige Säule der privaten Absicherung - ganz gewiss nicht.
Nun verstehen wir alle, dass Steuersenkungen derzeit nicht opportun oder gar realistisch erscheinen. Aber zumindest die Forderung nach einem Einfrieren ist ganz sicher keine Politikschelte, sondern einfach ein Gebot von Verhältnismäßigkeit und Vernunft.
Denn: Die Grunderwerbsteuer ist keine Reichensteuer. Sie trifft jeden Immobilienbesitzer - und die, die ohnehin ganz genau rechnen müssen, trifft sie am allerhärtesten.
Kurzvita
Christian Kraus,
Executive Director bei der Interhyp
Kraus gehört seit Ende 2000 zum Senior Management der Interhyp Gruppe, einem führenden Vermittler privater Baufinanzierungen. Er hat den Aufbau des Unternehmens vom Start-up mit noch nicht einmal 50 Mitarbeitern über einen erfolgreichen Börsengang und späteren Verkauf an die ING Group bis zum Marktführer mit 1.200 Mitarbeitern an über 100 Standorten in verschiedenen Funktionen begleitet.
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